Die Entwicklung innovativer chemischer Verfahren, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Nachhaltigkeit in der Chemie revolutionieren könnten, beschäftigt seit vielen Jahren die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Lars Borchardt an der Ruhr-Universität Bochum. Im Projekt „Mechanochem“ geht es darum, chemische Reaktionen ohne Lösungsmittel und ohne Heizen besser zu verstehen und neue Standards in der Forschung zu setzen. Lars Borchardt wird dabei durch den Europäischen Forschungsrat ERC für fünf Jahre mit 2 Millionen Euro gefördert.
Die chemische Industrie ist einer der größten Verursacher von Abfällen und verantwortlich für einen sehr hohen Energieverbrauch. Zwei der Haupttreiber dieser Problematik sind der Einsatz großer Mengen an Lösungsmitteln und der hohe Energiebedarf durch Erhitzen bei chemischen Reaktionen. „Die Mechanochemie stellt hier einen radikalen Ansatz dar“, erklärt Lars Borchardt: „Sie nutzt mechanische Energie als Auslöser für chemische Reaktionen und kommt so ohne Lösungsmittel oder Erhitzen aus.“
Das Herzstück der Mechanochemie sind sogenannte Kugelmühlen – vergleichsweise einfache Geräte, in denen Mahlkugeln aufeinanderprallen. Diese mechanischen Stöße initiieren chemische Reaktionen ganz ohne die Notwendigkeit von Lösungsmitteln oder zusätzlicher Energiezufuhr durch Heizen. „Mechanochemische Prozesse haben nicht nur das Potenzial, die Umweltbelastung durch die chemische Industrie drastisch zu reduzieren“, erklärt Lars Borchardt. „Sie ermöglichen oft auch chemische Reaktionen, die unter klassischen Bedingungen nicht funktionieren. Das macht diesen Ansatz nicht nur nachhaltig, sondern auch wissenschaftlich faszinierend.“
Grundlagenforschung für eine neue chemische Landkarte
Trotz der bisherigen Erfolge in der Mechanochemie – insbesondere der Übertragung zahlreicher klassischer Reaktionen in die lösungsmittelfreie Umgebung von Kugelmühlen – gibt es viele offene Fragen. Warum und wie mechanische Energie chemische Reaktionen ermöglicht, ist nicht verstanden. Mit Unterstützung des ERC Grants wird die Bochumer Arbeitsgruppe nun diese grundlegenden Aspekte untersuchen.
Das Projekt positioniert sich an der Schnittstelle verschiedener chemischer Disziplinen, darunter Anorganische-, Organische-, Polymer- und Physikalische Chemie. Im Detail untersucht das Team, wie mechanische Stöße auf mikro- und mesoskopischer Ebene die Chemie beeinflussen, welche Rolle Temperatur und Durchmischung spielen, und erstellt eine Art Landkarte der Mechanochemie, die zeigt, welche Reaktionen mechanochemisch möglich sind und unter welchen Bedingungen sie ablaufen.
Nachhaltigkeit als Leitprinzip
Die Forschungsergebnisse könnten weitreichende Konsequenzen haben – nicht nur für die akademische Forschung, sondern auch für industrielle Anwendungen. „Eine Welt, in der chemische Prozesse mit deutlich weniger Lösungsmittel und ohne zusätzliches Heizen möglich sind, ist kein ferner Traum, sondern ein erreichbares Ziel“, so Lars Borchardt. „Mit diesem Projekt kommen wir diesem Ziel ein großes Stück näher.“ Der ERC Grant zählt zu den renommiertesten und wettbewerbsintensivsten Förderprogrammen für Forschung in Europa. „Mir und meinem Team bedeutet diese Auszeichnung nicht nur eine Anerkennung unserer bisherigen Arbeit, sondern auch eine Chance, die Mechanochemie auf ein neues Niveau zu heben“, sagt Lars Borchardt.
Zur Person
Lars Borchardt studierte Chemie an der Technischen Universität (TU) Dresden und wurde dort 2013 promoviert. Im Anschluss forschte er als Postdoktorand an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und leitete ab 2015 eine Nachwuchsgruppe des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an der Technischen Universität Dresden. Seit 2019 ist er an der Ruhr-Universität Bochum tätig.
Prof. Dr. Lars Borchardt
Lehrstuhl Anorganische Chemie I
Fakultät für Chemie und Biochemie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 29431
E-Mail: lars.borchardt@ruhr-uni-bochum.de
Lars Borchardt erhält einen ERC Consolidator Grant für seinen Ansatz der Mechanochemie.
RUB, Marquard
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie
überregional
Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).