Das STELLA-Observatorium auf Teneriffa hat 16 Jahre lang die Oberfläche eines Sterns mit robotischer Spektroskopie und Doppler-Bildgebung untersucht. Im Gegensatz zu den zyklischen Flecken auf unserer Sonne zeigte der Stern eine chaotische, nichtperiodische Fleckenbildung, was auf einen grundlegend anderen Dynamomechanismus deutet. Die bahnbrechende Studie wurde jetzt in Nature Communications veröffentlicht und präsentiert einen einzigartigen Film der Oberfläche des Sterns, der sonst nur als unauflösbarer Lichtpunkt am Himmel erscheint.
Es ist bekannt, dass unsere Sonne Flecken auf ihrer Oberfläche entwickelt, die sich im Laufe der Zeit systematisch verändern und uns Aufschluss über ihren zyklischen inneren Dynamo und ihre Struktur geben. Bei anderen Sternen stellt die Beobachtung von Sternflecken und deren zeitlichen Veränderungen eine Herausforderung dar. Einer der am stärksten gefleckten Sterne am Himmel, mit dem Namen XX Trianguli, konnte seit der Einweihung des robotischen Observatoriums STELLA auf Teneriffa im Jahr 2006 in jeder klaren Nacht beobachtet werden, was nun erstmals einen vergleichbaren Datensatz wie bei Sonnenflecken ermöglichte. Ein Forscherteam des Leibniz-Instituts für Astrophysik in Potsdam (AIP) und des HUN-REN Research Centre for Astronomy and Earth Sciences in Ungarn, wendete eine tomografische Inversionstechnik, die so genannte Doppler-Bildgebung, an. Sie lösten damit die Sternoberfläche auf und verfolgten das Auftreten und den Zerfall, die Bewegung und die Morphologie der Sternflecken über 16 Jahre, was einen ausgeprägten nicht-solaren chaotischen Dynamo ohne Zyklus enthüllte.
Sonnenflecken sind die bekanntesten Erscheinungsformen des Sonnenmagnetfeldes und weisen eine Reihe von Phänomenen auf, die mit dem inneren Dynamo zusammenhängen. Sternflecken sind die direkten Entsprechungen der Sonnenflecken auf anderen Sternen, allerdings mit der großen Einschränkung, dass man die Oberflächen anderer Sterne in der Regel nicht auflösen kann. In der neu veröffentlichten Studie wurde die Doppler-Bildgebung angewandt und 99 unabhängige rekonstruierte Oberflächenbilder des fleckigen Sterns XX Trianguli präsentiert. Der Stern wurde ausgewählt, weil er in einer früheren Studie einen gigantischen Sternfleck gezeigt hatte und sich daher gut für eine Langzeitbeobachtung eignete.
Die dunklen Flecken auf der Oberfläche des Sterns verursachen eine Verschiebung seines Photozentrums – also der Position an der das „Lichtzentrum“ des Sterns erscheint - um bis zu 24 Mikrobogensekunden, was etwa 10 % des sichtbaren Scheibenradius des Sterns entspricht. Diese Verschiebungen treten auf, weil dunkle Flecken die Helligkeit in bestimmten Bereichen des Sterns verringern, wodurch sich der wahrgenommene Lichtschwerpunkt leicht verschiebt. Im Gegensatz zum vorhersagbaren Aktivitätszyklus der Sonne folgten diese Verschiebungen des Lichtzentrums jedoch keinem periodischen Muster, was auf einen größtenteils chaotischen und wahrscheinlich nicht-periodischen Dynamo hindeutet, der sich von dem der Sonne stark unterscheidet. Dieses Phänomen verdeutlicht auch eine weitere Herausforderung bei der Entdeckung von Exoplaneten, da diese durch Flecken verursachten Schwankungen des Photozentrums die winzigen Bewegungen von umkreisenden Planeten nachahmen oder verdecken können, was eine wesentliche Einschränkung für die astrometrische Suche nach Exoplaneten darstellt.
Die Erstellung eines jahrzehntelangen homogenen Datensatzes war nur durch den kontinuierlichen Betrieb des STELLA Observatoriums auf Teneriffa und seines hochauflösenden STELLA-Echelle-Spektrographen (SES) möglich. „STELLA ist unser hauseigenes Observatorium: entworfen, konstruiert, gebaut und ferngesteuert von Potsdam aus betrieben“, sagt Professor Klaus G. Strassmeier, Erstautor der vorliegenden Studie und Projektleiter von STELLA. Die Spektrallinienprofile wurden bis zu 28 Mal über die Dauer einer Sternumdrehung, die 24 Tage dauert, aufgezeichnet, abhängig von den lokalen Wetterbedingungen und der Sichtbarkeit des Ziels am Himmel. Dies ermöglichte eine große Anzahl von Blickwinkeln (Phasen) auf die rotierende Sternoberfläche, da jedes Linienprofil eine eindimensionale Darstellung der sichtbaren Oberfläche im Geschwindigkeitsraum ist. Die Aufnahmen wurden etwa einmal pro Sternrotation mathematisch in ein zweidimensionales Doppler-Oberflächenbild umgewandelt. Dies ermöglichte die Rekonstruktion von insgesamt 99 unabhängigen Oberflächenbildern im Laufe der 16 Jahre, die zu einem dreiminütigen Film der Sternoberfläche zusammengesetzt wurden.
XX Tri (HD 12545) ist ein heller Riesenstern in einem stellaren Doppelsternsystem mit einer Masse, die nur 10% größer ist als die der Sonne, einem Radius von etwa 10 Sonnenradien, einer effektiven Temperatur von 4630 Kelvin und einer Rotationsperiode von 24 Tagen, die mit der Umlaufzeit des Doppelsterns synchronisiert ist. Zuvor wurde festgestellt, dass der Stern einen gigantischen Sternfleck aufweist, dessen physische Ausmaße etwa das 10.000-fache der Fläche der größten jemals auf der Sonne gesehenen Fleckengruppe betrug, was dem 10-fachen der projizierten Sonnenscheibe entspricht.
„Die maximale Verschiebung des Photozentrums von XX Tri zusammen mit seiner stellaren Rotationsperiode ist sicherlich ein großer Wert für gefleckte Sterne, aber vergleichbar mit der erwarteten astrometrischen Verschiebung eines Sterns in etwa 300 Lichtjahren Entfernung, der von einem Planeten mit Saturnmasse in einer einjährigen Umlaufbahn umkreist wird“, betont Prof. Strassmeier. Sie ist sogar um ein Vielfaches höher als ähnliche Verschiebungen, die für Exoplaneten mit kürzerer Periode erwartet werden. Frühe Planeten-Simulationen für Daten der ESA-Mission Gaia hatten gezeigt, dass kurzperiodische Planetensysteme (mit Perioden von weniger als 40 Tagen) astrometrische Signaturen von typischerweise unter 1 Mikrobogensekunde aufweisen, also viel weniger als das, was auf XX Tri aufgrund von Flecken beobachtet wurde. Die ursprüngliche Gaia-Simulation sagte für die nominelle Lebensdauer der Mission die Entdeckung von Zehntausenden von Planetensystemen voraus. In Anbetracht der nun quantifizierten fleckeninduzierten Photozentrumsverschiebungen für XX Tri erscheint es sehr schwierig bis unmöglich, diese beiden Effekte, rotationsmodulierte Flecken und Exoplaneten, zu trennen, insbesondere wenn sie eine ähnliche Periodizität aufweisen. In jedem Fall sind die Werte für XX Tri die ersten derartigen Messungen eines stellaren Photozentrums überhaupt.
Mehr über STELLA: https://stella.aip.de/
STELLA, eine Abkürzung für STELLare Aktivität, sind zwei robotische 1.2m Teleskope in 2390 m Höhe am Izana Observatorium auf Teneriffa, Spanien. Vor Ort ist kein Personal anwesend. STELLA ist ein vollständig robotisches Observatorium und besteht aus zwei unabhängigen 1,2-Meter-Teleskopen, von denen jedes ein einzelnes Instrument bedient, um Instrumentenwechsel zu vermeiden. Beide Teleskope wurden von Halfmann Teleskoptechnik in Augsburg hergestellt und sind moderne Teleskope in Alt/Az Montierung mit einer hohen Schwenkgeschwindigkeit. Die Einweihung des Observatoriums fand im Mai 2006 statt. Bald darauf wurde mit wissenschaftlichen Beobachtungen begonnen, zu denen auch das in diesem Beitrag beschriebene Ziel gehörte. Als Instrument wurde der STELLA-Echelle-Spektrograf (SES) eingesetzt. SES ist ein fasergespeister Echelle-Spektrograf. Sein Design bietet ein Auflösungsvermögen von 55.000 über einen Wellenlängenbereich von 390-880 nm mit einer Abtastung von drei Pixeln pro Auflösungselement. Bei einer Wellenlänge von 600 nm entspricht dies einer effektiven Auflösung von 5,5 km/s oder 110 Milli-Angstroem.
AIP: Prof. Dr. Klaus G. Strassmeier, 0331 7499 295, kstrassmeier@aip.de
HUN_REN RCAES: Dr. Zsolt Kővári, kovari.zsolt@csfk.org
Klaus G. Strassmeier, Zsolt Kövári, Michael Weber, Thomas Granzer: Long-term Doppler imaging of the star XX Trianguli indicates chaotic non-periodic dynamo, DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-024-54329-4
https://www.aip.de/de/news/xx-tri-star-spots-chaotic-dynamo/
Bild der Oberfläche des Riesenstern XX Trianguli. Die Größe der Sonne ist zum Vergleich dargestellt.
HUN-REN RCAES/Zs. Kővári, MOME/Á. Radványi, AIP/K. Strassmeier
Oberfläche des Sterns XX Trianguli in vier Projektionsarten
HUN-REN RCAES/Zs. Kővári, MOME/Á. Radványi, AIP/K. Strassmeier
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).