Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e. V. (DGfN) und die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM) haben ihre Leitlinie zur Behandlung von chronischer, nicht dialysepflichtiger Nierenkrankheit (CKD) aktualisiert. Die Leitlinie bezieht sich auf die hausärztliche Versorgung und hat zum Ziel, Früherkennung und Behandlung zu verbessern, um langfristige Gesundheitsrisiken und die Dialysepflichtigkeit zu minimieren. Begleitend dazu haben beide Fachgesellschaften einen deutschsprachigen Online-Rechner ("Kidney Failure Risk Equation") auf den Weg gebracht, mit dem das Risiko eines nierenersatztherapiepflichtigen Nierenversagens berechnet werden kann.
Neuerungen in Diagnostik und Therapie
Die kürzlich veröffentlichte überarbeitete S3-Leitlinie enthält aktualisierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie, die auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Die Notwendigkeit der Bestimmung der Albuminurie (Albumin-Kreatinin-Ratio im Urin, UACR) bei der Diagnosestellung dient nicht nur zur Stadien-Einteilung von Nierenkrankheiten. Sie ist darüber hinaus notwendig, um die Indikation zum Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren zur Progressionsverlangsamung der CKD bei Patientinnen und Patienten mit Nachweis einer Albuminurie oder eingeschränkten Nierenfunktion zu stellen. Die UACR kann unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht bei der Abschätzung des Risikos zum Nierenversagen mit geeigneten Risikoscores, z.B. KFRE (Kidney Failure Risk Equation), ermittelt werden. Zusätzlich wird in der Leitlinie bei Erstdiagnose eine Sonographie der Nieren empfohlen.
Vorgehen bei Erstdiagnose und etablierter CKD
Bei der Erstdiagnose von CKD definiert die Leitlinie CKD anhand der Nierenfunktion, gemessen als glomeruläre Filtrationsrate (eGFR), oder anhand struktureller Veränderungen und/oder anhand eines erhöhten Albumins/Kreatinin-Verhältnisses im Urin (UACR). Zur Abgrenzung von der akuten Nierenerkrankung (Acute Kidney Disease, AKD) müssen die Veränderungen mindestens drei Monate bestehen. Bei rascher Progression der CKD, eGFR unter 30 ml/min/1,73 m² oder bei einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m² und weiteren Hinweisen auf eine Nierenerkrankung, wird eine Überweisung zum Nephrologen empfohlen. Genetische Erkrankungen oder Syndrome wie multiple Zystennieren sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Bei gesicherter CKD liegt der Schwerpunkt auf kontinuierlichem Monitoring und angepasster Behandlung, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Prognose und Prävention
Ein zentraler Aspekt der Leitlinie ist die Verbesserung der Risikoeinschätzung für das Fortschreiten der CKD bis hin zum Nierenversagen. Hierzu werden neue Risikoscores empfohlen, die das Alter der Patientinnen und Patienten berücksichtigen und damit eine individuellere Therapieplanung ermöglichen. Tipp für die hausärztliche Praxis: Ab sofort ist – von der DEGAM und der DGfN ermöglicht – ein deutschsprachiger Online-Rechner ("Kidney Failure Risk Equation") kostenfrei verfügbar, um in der Praxis das Risiko eines nierenersatztherapiepflichtigen Nierenversagens zu berechnen. CKD-Patienten haben darüber hinaus ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Es werden daher in der Leitlinie Empfehlungen zur Behandlung mit Statinen und der Indikation von Thrombozytenaggregationshemmern gegeben. Auch enthält die Leitlinie spezifische Impfempfehlungen für CKD-Patienten, die von den allgemeinen Impfempfehlungen für die Bevölkerung abweichen.
Abgestimmte Versorgung
Bei rund acht bis zehn Millionen Patientinnen und Patienten in Deutschland mit CKD ist klar, dass die Betroffenen zum größten Teil hausärztlich versorgt werden. Prof. Dr. med. Jean-François Chenot, Vizepräsident der DEGAM und Direktor der Abteilung für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Greifswald, kommentiert: „Es ist wichtig und richtig, dass sich der Schulterschluss zwischen Hausärzten und Nephrologen mit dieser Leitlinie weiter intensiviert. Davon profitieren alle: Die Versorgung in der hausärztlichen Praxis wird optimiert, um Komplikationen oder Nierenversagen möglichst zu vermeiden. Gleichzeitig wird es einfacher, die Patienten zu ermitteln, die eine gemeinsame Betreuung brauchen.“
Dr. med. Nicole Helmbold, Generalsekretärin der DGfN, bewertet die neue Leitlinie ebenfalls positiv: „Diese Leitlinie stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Versorgung von CKD-Patienten dar. Sie bietet eine präzisere Diagnose und individualisierte Behandlungsmöglichkeiten, die das Potenzial haben, die Lebensqualität unserer Patienten deutlich zu verbessern und gleichzeitig die gesellschaftlichen Kosten durch eine verzögerte Progression der Erkrankung zu reduzieren“.
“Die enge Zusammenarbeit zwischen der DGfN und der DEGAM bei der Entwicklung dieser Leitlinie unterstreicht unser gemeinsames Engagement für eine ganzheitliche Patientenversorgung. Diese Kooperation ermöglicht es, eine Brücke zwischen spezialisierter Nephrologie und allgemeinmedizinischer Versorgung zu schlagen, was wesentlich zur Umsetzung präventiver und therapeutischer Strategien in der täglichen Praxis beiträgt”, fasst Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin der DGfN und Direktorin der Klinik für Nephrologie, Rheumatologie und Nierentransplantation (NTX) am Universitätsklinikum Mainz zusammen.
Die vollständige Leitlinie ist auf der Website der DEGAM abrufbar unter: https://www.degam.de/leitlinie-s3-053-048
Bei Abdruck Beleg erbeten.
Weitere Informationen:
Neue Website der DEGAM + DGfN: Risikokalkulator - Kidney Failure Risk Equation (KFRE) zum Management der chronischen Nierenkrankheit (CKD): https://www.risiko-nierenversagen.de/informationen
Patienteninformationen:
Patientenbroschüre DEGAM CKD Stadium 1-3: https://tinyurl.com/2uhdk8h5
Patientenbroschüre DEGAM CKD Stadium 4-5: https://tinyurl.com/3u4xcpr6
Pressekontakte:
Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN)
Pressestelle
Dr. Adelheid Liebendörfer
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: +49 711 8931-173
E-Mail: liebendoerfer@medizinkommunikation.org
www.dgfn.eu
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Natascha Hövener, Pressesprecherin
Schumannstraße 9, 10117 Berlin
Telefon: +49 30 20 966 98 16
E-Mail: hoevener@degam.de
Präsident: Prof. Dr. med. Martin Scherer (Hamburg)
www.degam.de
Prof. Dr. med. Jean-François Chenot, MPH
Direktor der Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Greifswald
E-Mail: jchenot@uni-greifswald.de
https://www.degam.de/leitlinie-s3-053-048 - Leitlinie
https://www.risiko-nierenversagen.de/informationen - Risikokalkulator für die hausärztliche Praxis
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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