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04.12.2024 13:41

Neue und robuste Antireflexlösungen für die Laserträgheitsfusion zur sauberen Energieversorgung der Zukunft

Desiree Haak Press & Public Relation
Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF

    Damit künftige Laserfusionskraftwerke effizient und zuverlässig arbeiten können, müssen aktuelle Lasertechnologien auf die extremen Anforderungen von hohen Leistungen und Dauerbetrieb angepasst werden. Im neuen Forschungsprojekt »nanoAR« arbeiten neun Projektpartner aus Industrie und Forschung an Methoden zur strukturellen Entspiegelung und Reduzierung von oberflächennahen Schädigungen der eingesetzten optischen Komponenten. Ihre Ansätze könnten auch auf weitere Anwendungsfelder für Hochleistungsoptiken übertragen werden.

    Bei der Laserträgheitsfusion werden hochpräzise und hochenergetische Laserstrahlen zur Kompression und Erhitzung von Brennstoffkapseln verwendet. In den Kapseln steigen Temperatur und Druck dabei so stark an, dass Atomkerne fusionieren, was eine große Menge an Energie freisetzt. »Wenn die gewonnene Energiemenge größer ist als die aufgewandte, kann Laserträgheitsfusion eine wertvolle Quelle für eine saubere Energieversorgung der Zukunft sein. Damit dies gelingen kann, müssen aber unter anderem die eingesetzten Lasertechnologien für die extremen Herausforderungen weiterentwickelt werden«, sagt Dr.-Ing. Christian Rieck von der Glatt Ingenieurtechnik GmbH in Weimar. Er koordiniert das bis 2027 angesetzte Verbundprojekt, das im Förderprogramm »Basistechnologien für die Fusion – auf dem Weg zu einem Fusionskraftwerk« vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit sechs Millionen Euro gefördert wird.

    Neuartige Entspiegelungsschichten und -strukturen sollen Laserstrahlführung optimieren

    Die Laserstrahlen müssen extrem präzise ausgerichtet sein, um die Brennstoffkapsel gleichmäßig zu treffen und eine symmetrische Kompression zu gewährleisten. Ihr Weg wird dabei durch verschiedene Materialien und Atmosphären gesteuert, die wie Linsen fungieren. Dies führt zu optischen Verlusten, die umso höher sind, je mehr Linsen eingesetzt werden. Auch beim Auftreffen des Laserstrahls auf die Brennstoffkapsel geht Energie verloren, weil deren Material einen Teil der Energie reflektiert. Nicht zuletzt sorgt die hohe Energie des Lasers für thermische Ausdehnung, die je nach Materialbeschaffenheit unterschiedlich stark ausfällt und für Risse oder andere Beschädigungen und somit für eine negative Beeinträchtigung von Präzision und Lebensdauer der Anlagen sorgen kann.

    Die Projektpartner nehmen deshalb die Entspiegelungsschichten in den Blick, die eingesetzt werden, um Reflexionsverluste zu reduzieren. Als Beispiel: Beim Auftreffen eines Lasers auf Quarzglas liegen die Reflexionsverluste bei etwa 4 Prozent pro Grenzfläche. Wird der Strahl 50-mal von einer Quarzglas-Linse gelenkt, passieren nur noch 1,7 Prozent der Ausgangsleistung die letzte Grenzfläche. Deshalb werden Linsen bereits heute mit extrem dünnen, mehrlagigen Antireflexschichten versehen, die Verluste wirkungsvoll reduzieren.

    »Für den Einsatz in zukünftigen Petawatt-Laserfusionsreaktoren scheinen diese Lösungen allerdings kaum geeignet. Denn durch die deutlich höhere Laserleistung steigt die thermische Belastung: Wenn sich Substrat und die Antireflexschichten unterschiedlich stark ausdehnen, drohen Defekte«, sagt Dr. Nadja Felde aus der Abteilung »Funktionelle Oberflächen und Schichten« am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena. Zusätzlich können schwer zu erkennende oberflächennahe Schädigungen (Subsurface Damage, SSD), die etwa im Herstellungsprozess entstehen und bei geringeren Laserleistungen weniger ins Gewicht fallen, bei Anwendungen für die Laserfusion kritisch werden – zumal im Dauerbetrieb bei Repetitionsraten von ca. 10 Hz.

    Kombination aus Antireflex-Beschichtung und nanostrukturierten Materialien

    Um hier tragfähigen Lösungen den Weg zu bereiten, setzen die Projektpartner zum einen auf nanostrukturierte bzw. -poröse Entspiegelungsschichten basierend auf Materialien mit hoher Bandlücke, wodurch die erforderliche Laser-Bestrahlungsfestigkeit sichergestellt werden soll. Zum anderen erproben sie einen subtraktiven Ansatz: Statt auf eine Kombination aus einem Substrat-Material und mehreren Materialschichten, die zur Entspiegelung darauf aufgebracht werden, setzen sie auf Linsen aus einem einzigen Material, das durch eine passende Nanostrukturierung seiner Oberfläche die gewünschten Anti-Reflex-Eigenschaften erhalten soll. Am Beispiel von zwei Materialien mit großer Bandlücke (Quarzglas und Calciumfluorid) sollen für verschiedene Wellen- und Pulslängen entsprechende Demonstratoren mit großen Flächen entwickelt werden.

    »Wir wollen nachweisen, dass der Ansatz mit einer strukturellen Entspiegelung gezielt für Höchstleistungslaseranwendungen wie die Laserträgheitsfusion optimiert werden kann und dabei möglichst gute Entspiegelungswirkungen unterhalb von 0,5 Prozent Restreflexion erreichen. Die Technologie bietet auch weitere Verwertungschancen im Bereich von Hochleistungsoptiken«, sagt Prof. Dr. Thomas Höche, Leiter des Geschäftsfelds »Optische Materialien und Technologien« am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen in Halle (Saale).

    Partner aus Industrie und Forschung im Projekt »nanoAR«

    Die Projektpartner bündeln im Projekt »nanoAR« ihre Expertise von Herstellungs- und Bearbeitungsverfahren zur wirksamen Reduzierung von SSD über technologieoffene Prozessentwicklung zur Nanostrukturerzeugung, auch unter Einsatz von Simulationen und Modellierung, bis hin zur höchstauflösenden Materialcharakterisierung und Entwicklung neuer Methoden für die Qualitätssicherung.

    Beteiligt am Projekt »Entspiegelnde Metaoberflächen auf Materialien mit großer Bandlücke (nanoAR)« sind die Glatt Ingenieurtechnik GmbH (Weimar), die POG Präzisionsoptik Gera GmbH (Löbichau), die FLP Microfinishing GmbH (Zörbig), die Trionplas Technologies GmbH (Leipzig), das Fraunhofer IOF (Jena), das Fraunhofer IMWS (Halle/Saale), das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM (Freiburg), das Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung IOM (Leipzig) und die Ernst-Abbe Hochschule (Jena).


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Astrid Bingel
    Fraunhofer IOF
    Abteilung Funktionale Oberflächen und Schichten
    Telefon: +49 (0) 3641807 - 279
    Mail: astrid.bingel@iof.fraunhofer.de


    Weitere Informationen:

    https://www.iof.fraunhofer.de/de/presse-medien/pressemitteilungen/2024/Neues-For...


    Bilder

    Mit höchstauflösenden Geräten lassen sich kleine Schädigungen an Oberflächen erkennen.
    Mit höchstauflösenden Geräten lassen sich kleine Schädigungen an Oberflächen erkennen.

    © Fraunhofer IMWS

    Eine beispielhafte teilentspiegelte optische Komponente.
    Eine beispielhafte teilentspiegelte optische Komponente.

    © Fraunhofer IOF


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Energie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Mit höchstauflösenden Geräten lassen sich kleine Schädigungen an Oberflächen erkennen.


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