Harnwegsinfektionen (HWIs) zählen zu den häufigsten Gesundheitsproblemen weltweit und betreffen jedes Jahr Millionen von Menschen. Sie sind nicht nur schmerzhaft, sondern stellen auch eine besondere Herausforderung dar, da sie häufig wiederkehren. Eine aktuelle Studie liefert Einblicke in die dynamischen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Bakterienpopulationen in der Blase. Mithilfe eines mathematischen Modells konnten Forschende zeigen, wie Mikroorganismen auf physiologische und therapeutische Eingriffe reagieren. Die Ergebnisse bieten wertvolle Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer, effektiver Behandlungsstrategien.
In Zusammenarbeit mit dem Dioscuri-Zentrum für Physik und Chemie von Bakterien haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie eine bedeutende Untersuchung zu den ökologischen und evolutionären Dynamiken von HWIs veröffentlicht. Die Studie nutzt ein mathematisches Modell, um zu analysieren, wie sich Bakterien im Harntrakt anpassen und dort überleben können.
Bakterien befinden sich nicht nur im Urin, sondern existieren in verschiedenen Zuständen in der Blase: freischwimmend im Blasenlumen, an die Blasenwand anhaftend oder sogar innerhalb der Epithelzellen der Blase. Die verschiedenen Bakterienpopulationen unterliegen unterschiedlichen Selektionsdrücken, darunter die Immunabwehr, der Harnfluss (Miktion) und die Wirkung von Antibiotikabehandlungen.
Bei hartnäckigen, wiederkehrenden Infektionen, die mit Antibiotika behandelt werden müssen, steigt das Risiko, dass sich Bakterien anpassen und Resistenzen gegen Medikamente entwickeln. Die Studie zeigt, dass die verschiedenen Bakterienpopulationen das Risiko einer chronischen Infektion erhöhen, was wiederum die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen erhöht. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die unterschiedlichen Bakterienpopulationen und ihre Wechselwirkungen bei der Behandlung von HWIs zu berücksichtigen.
Ein weiterer zentraler Befund der Studie betrifft das Potenzial der sogenannten kompetitiven Inokulation als mögliche Behandlungsstrategie. Durch das Einführen eines schnell wachsenden, nicht-pathogenen Bakterienstammes können krankheitserregende Bakterien unterdrückt werden. Dieser Ansatz kann helfen, die pathogene Population zu kontrollieren und die Wirksamkeit von Antibiotika zu steigern, wenn diese maßvoll eingesetzt werden.
Die in der „ISME-Journal“ veröffentlichte Studie betont die Bedeutung der Berücksichtigung bakterieller Nischen für das Verständnis von HWIs. Indem sie die verschiedenen Lebensräume von Bakterien und deren Reaktionen auf Therapien einbezieht, bietet das Modell eine realistischere Sicht auf die Infektionsdynamik. Es liefert vor allem wertvolle Erkenntnisse, die die zukünftige Behandlung von Harnwegsinfektionen verbessern könnten.
Dr. Amanda de Azevedo-Lopes
Postdoktorandin
Abteilung für Theoretische Biologie
Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie
Pathogen non-planktonic phases within the urinary tract impact early infection and resistance evolution
DOI: https://doi.org/10.1093/ismejo/wrae191
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).