Am Freitag, den 13. Dezember 2024, besuchte Wirtschafts-Staatssekretär Tobias Gotthardt das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC und das Fraunhofer-Projektzentrum für Stammzellprozesstechnik (SPT). Der Termin umfasste die Übergabe eines Förderbescheids in Höhe von 6 Mio. Euro, mit dem das bayerische Wirtschaftsministerium den Ausbau der Forschung an zellbasierten Testsystemen zur Erforschung neuer Wirkstoffe und Arzneimittel in Würzburg unterstützt. Federführend im Projekt „ORINTHERA“ sind die Fraunhofer-Institute für Biomedizinische Technik IBMT und für Silicatforschung ISC mit dem gemeinsamen SPT und das Fraunhofer-Translationszentrum für Regenerative Therapien des Fraunhofer ISC.
Klinische und pharmazeutische Forschung arbeiten kontinuierlich an neuen und besseren Therapien für Krankheiten. Doch bevor ein neues Medikament oder eine neue Therapie als sicher und wirksam eingestuft werden kann, sind oft Hunderte von Tests und Versu-chen nötig – ein zeitaufwändiger und teurer Prozess.
Neue Impulse für die Pharmaforschung
Das neue Forschungsprojekt »ORINTHERA« wird in den nächsten 5 Jahren die Weichen für eine automatisierte und standardisierte Produktion von zellbasierten komplexen Test-systemen stellen. Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthardt: »Durch das Projekt be-schleunigen wir die Entwicklung hoch funktioneller Gewebe-Modelle aus menschlichen Zellen und machen diese sicherer. Damit können neue Therapien, Arzneimittel oder auch Impfstoffe schneller und trotzdem zuverlässiger für die Menschen verfügbar ge-macht werden. Damit stärken wir den leistungsfähigen Innovationsstandort Bayern.«
»Kern des Projekts sind organähnliche Zellkulturen, die im Labor in vitro – also im Rea-genzglas – aus menschlichen Stammzellen auf speziellen künstlichen Gewebestrukturen erzeugt werden, zum Beispiel Herzmuskelzellen, die sich tatsächlich selbsttätig zusam-menziehen«, erläutert Dr. Julia Neubauer, Geschäftsführerin des Projektzentrums SPT. Die Gewebestrukturen schaffen eine dreidimensionale Umgebung, die von Stammzellen oder sogenannten humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen, die aus nahezu beliebigen reifen Zellen zu Stammzellen umprogrammiert werden) besiedelt werden kann. »Die daraus entstehenden dreidimensionalen Zellkulturen können kom-plexe organartige Eigenschaften haben und werden deshalb als Organoide bezeichnet«, ergänzt Prof. Dr. Florian Groeber-Becker vom Translationszentrum für Regenerative The-rapien am Fraunhofer ISC.
Solche Organoide könnten in Zukunft wichtige Testmodelle für neue Arzneimittel und die Entwicklung neuer Therapien sein, da sie direkt aus menschlichen Zellen hergestellt werden können. Sie könnten aussagekräftigere Studienergebnisse im Hinblick auf Wirk-samkeit oder Verträglichkeit beim Menschen liefern als Tierversuche. Damit dies mög-lich wird, ist es zwingend notwendig, dass solche Organoide nach genau festgelegten Verfahren hergestellt werden. Außerdem müssen entsprechend standardisierte Testvor-schriften entwickelt werden, um zuverlässige und reproduzierbare Testergebnisse zu erhalten. Das Projekt »ORINTHERA« soll helfen, solche Studienvorschriften und Stan-dards sowie die zugehörigen automatisierten Verfahren und die Materialien zu entwi-ckeln, um Organoide effizient herstellen und einsetzen zu können. So sollen sie zum Beispiel für die Arzneimittelindustrie besser nutzbar werden und die Entwicklung und Bereitstellung neuer sicherer Medikamente beschleunigen.
Forschung für die Energiewende
Weitere Schwerpunkte beim Besuch von Staatssekretär Gotthardt in Würzburg waren die für den Wirtschaftsstandort Bayern nicht weniger wichtigen Beiträge aus der Materia-lentwicklung des Fraunhofer ISC zu den Energiewende-Themen Batterieforschung und Wasserstofftechnologie sowie zu Digitalisierung und Raumfahrttechnologien.
Das Fraunhofer Forschungs- und Entwicklungszentrum Elektromobilität Bayern des Fraunhofer ISC treibt als eines der wichtigsten Batterieforschungszentren in Deutschland die Entwicklung neuer leistungsfähiger Batteriematerialien gemeinsam mit der Industrie voran. Die Würzburger Batterieexpertinnen und -experten bringen ihr Material- und Pro-zesswissen außerdem in die nachhaltige Wiederverwendung und das ressourcenscho-nende, sogenannte »direkte« – das heißt funktionserhaltende – Recycling von Batterien sowie bei der Ausbildung von Fachkräften für die Batterieindustrie ein.
Die zweite Säule für eine CO2-freie Energieversorgung sollen zukünftig Wasserstofftech-nologien werden. Hierfür stellt das Fraunhofer ISC in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eine neue Klasse sensorischer Partikel her, die einen sicheren Umgang mit Wasserstoff ermöglichen und sich einfach einsetzen lassen. Solche „kommunizierenden Materialien“ werden auch in anderen Einsatzbereichen immer interessanter, z. B. in Kombination mit Digitalisierung und Automation.
Materialentwicklung – von »Bio« bis »Space«
Im Fraunhofer ISC werden Digitalisierung und Automatisierung von Materialentwick-lungsprozessen in Kombination mit maschinellem Lernen mit Nachdruck verfolgt. Durch derartige sogenannte »materials acceleration«, also beschleunigte Materialentwicklung, erwartet man in der Fachwelt eine Revolution von Materialentdeckung und -optimierung. Die Idee dahinter: Digitale Modelle von Materialien mit modellierten Ei-genschaften werden automatisiert und robotergestützt synthetisiert, analysiert. Die Syn-theseprozesse werden durch maschinelles Lernen verfeinert, bis die gewünschte Kombi-nation von Materialeigenschaften erreicht ist. Das Fraunhofer ISC hat in den vergange-nen Jahren auf diesem Gebiet viel Know-how aufgebaut und erfolgreich in europäischen Forschungsprojekten eingebracht. Aktuell z. B. auch in Projekten wie »NetPioneer« und »VLEO« gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut EMI, bei denen es um Materialentwicklung für harsche Bedingungen und smarte Ferti-gungstechnologien für die Serienfertigung von Kleinsatelliten geht.
»Das Institut erreicht so mit seinen Materialentwicklungen ein extrem weites Anwen-dungsspektrum – buchstäblich von der kleinsten Körperzelle bis in den Weltraum. Ein-zigartig in Bayern!« würdigte Staatssekretär Gotthardt die Arbeit des Fraunhofer ISC.
ORINTHERA:
Dr. Julia Neubauer, Fraunhofer Projektzentrum für Stammzellprozesstechnik, julia.neubauer@ibmt.fraunhofer.de
Prof. Dr. Florian Groeber-Becker, Fraunhofer-Translationszentrum für Regenerative Therapien
BATTERIEENTWICKLUNG/DIRECT RECYCLING
Dr. Andreas Flegler, Fraunhofer FuE-Zentrum Elektromobilität, andreas.flegler@isc.fraunhofer.de
WASSERSTOFF - SICHERER UMGANG - KOMMUNIZIERENDE MATERIALIEN
Dr. Benedikt Schug, Fraunhofer ISC, benedikt.schug@isc.fraunhofer.de
DIGITALISIERTE MATERIALENTWICKLUNG
Dr. Simon Stier, Fraunhofer ISC, simon.stier@isc.fraunhofer.de
MATERIALENTWICKLUNG SPACE - SATFAB
Dr. Stephan Busch, Fraunhofer EMI, stepahn.busch@emi.fraunhofer.de,
Dr. Victor Trapp, Fraunhofer ISC, victor.trapp@isc.fraunhofer.de
»ORINTHERA« wird mit bayerischer Förderung die Entwicklung hoch funktioneller Ge-webe-Modelle für d ...
K. Selsam
© Fraunhofer ISC
Digitalisierte Materialentwicklung und intelligente High-Tech-Fabrikation - Staatssekretär Tobias Go ...
K. Selsam
© Fraunhofer ISC
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Energie, Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).