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16.12.2024 11:29

EU-Millionen für Dresden zur Entwicklung von portablen Quantum Sensoren: Neue Möglichkeiten in der Neurochirurgie

Anne Vetter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)

    Forschende aus Dresden wollen Sensoren, die bislang nur im Quantencomputing und der Quantenkommunikation zum Einsatz kommen, in den OP-Saal bringen. Ein EU-Grant über fünf Millionen Euro mit einer Laufzeit von vier Jahren unterstützt das Konsortium deutscher Wissenschaftler und zweier Unternehmen aus den Niederlanden und Frankreich bei der Entwicklung und Implementierung dieser Technologie.

    Die Chirurgie nutzt zunehmend optische Messverfahren, um Gewebe in Echtzeit zu analysieren. Diese Technologie ist besonders für die Überwachung während der Entfernung von Tumoren wichtig, da sie hilft, verbliebene bösartige Zellen zu erkennen. Diese innovativen Verfahren verbessern künftig auch die Therapien für Patient:innen. Forschende aus Dresden werden hierfür mit dem auf Quantentechnologie spezialisierten Unternehmen Single Quantum aus den Niederlanden und dem französischen Beratungsunternehmen für Kryotechnik, Absolut System SAS, zusammenarbeiten. Sie wollen Sensoren, die bislang nur im Quantencomputing und der Quantenkommunikation zum Einsatz kommen, in den OP-Saal bringen. Ein EU-Grant über fünf Millionen Euro mit einer Laufzeit von vier Jahren unterstützt das Konsortium bei der Entwicklung und Implementierung dieser Technologie.

    Es klingt ein wenig nach Science Fiction, was sich der Forscherverbund gemeinsam mit den Unternehmen Single Quantum und Absolute System auf die Fahnen geschrieben hat: Mit Hilfe eines Quantensensors auf Basis supraleitender Nanodraht-Einzelphotonendetektoren (SNSPDs), der in ein zeitaufgelöstes Fluoreszenzmikroskop integriert ist, wollen sie die Präzision und Vollständigkeit von Krebsoperationen in der Neurochirurgie verbessern. Kurz: unglaublich empfindliche Sensortechnologie, die aktuell Standard in der Quanteninformationstechnologie ist, soll so weiterentwickelt werden, dass sie in Operationssälen eingesetzt werden kann. Ziel ist es, Tumore so vollständig wie möglich bei gleichzeitiger Schonung des umliegenden Gewebes zu entfernen.

    Auf deutscher Seite leiten drei ausgewiesene Experten für Bildgebung und Neurochirurgie das Forschungsprojekt „PoQus“. Prof. Oliver Bruns, Biochemiker und Leiter der Abteilung für funktionelle Bildgebung am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT/UCC) Dresden und am DKFZ (Standort Dresden), Dr. Andriy Chmyrov, angewandter Mathematiker, ebenfalls NCT/UCC Dresden, und Prof. Tareq Juratli, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Dresden (UKD) und Leiter des Neuroonkologischen Zentrums am NCT/UCC.

    „Der Einsatz dieser neuen Technologie kann sowohl unserer Forschung in der Bildgebung als auch der Forschung in der Neurochirurgie völlig neue Möglichkeiten eröffnen“, sind Oliver Bruns und Tareq Juratli überzeugt. „Die Integration von Quantensensoren in die Neurochirurgie verspricht, Tumoroperationen durch hochpräzise Echtzeit-Bildgebung revolutionär zu verbessern“, sagt Bruns und Juratli ergänzt: „Diese Technologie ermöglicht es, bösartige Zellen sicherer zu erkennen und gesundes Gewebe zu schonen, was direkte Vorteile für die Patientenversorgung bringt“. Die enge Kooperation zwischen Wissenschaft und klinischer Anwendung im Rahmen vom NCT/UCC Dresden und UKD ist in ihren Augen ein großer Gewinn.

    Durch die spezialisierten Unternehmen stehen ihnen Partner zur Seite, die große Expertise sowohl in der Quantentechnologie als auch in Kryotechnologie für supraleitende Systeme haben. Zusammen hat das Konsortium eine ideale Ausgangsposition für die Vorbereitung und Platzierung von neuartigen Produkten am Markt.

    Die Technologie
    Die Bildgebung in Echtzeit muss genauer werden und gleichzeitig in tiefere Gewebeschichten vordringen können. Hier bietet sich die Kombination von zwei bestehenden Verfahren an. Erstens, die sogenannte Fluoreszenz-Lebensdauer-Imaging-Mikroskopie, die Einblicke in das Mikromilieu von Tumoren ermöglicht und daher immer häufiger in der Krebsforschung eingesetzt wird. Sie erlaubt über die Lebensdauer angeregter fluoreszierender Moleküle Tumorgewebe von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Zweitens supraleitende Nanodraht-Einzelphotonendetektoren (SNSPDs) für eine höhere Zeitauflösung und größere Eindringtiefe. SNSPDs müssen jedoch stark gekühlt werden. Die bisherigen Systeme sind so sperrig, dass sie für den klinischen Einsatz ungeeignet sind.

    „Auf Grundlage der SNSDPs wollen wir einen tragbaren Quantensensor entwickeln, der in ein zeitaufgelöstes Fluoreszenzmikroskop für den Einsatz in Operationssälen integriert ist. Der Prototyp wird ein kompaktes kryogenes System zur Kühlung, optimierte Detektoren mit höchster Effizienz und Geschwindigkeit sowie Software für die Bildanalyse umfassen“, skizziert Oliver Bruns die Planung.

    Die Förderung
    Die EU fördert Forschung und Innovation insbesondere im Rahmen des Programms „Horizon Europe“. „PoQus“ läuft dabei unter der Förderlinie „Globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas“ im Cluster IV Technologieförderung / Innovationstechnik, in dem ausschließlich Verbundvorhaben finanziert werden. „PoQus“ erhält insgesamt eine Förderung von 4.986.529 Millionen Euro, davon gehen knapp 1,1 Millionen Euro an die Medizinische Fakultät der TU Dresden und etwa 1,2 Millionen Euro an das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Über die vom DKFZ finanzierte Professur von Oliver Bruns an der Medizinischen Fakultät der TUD kommt auch dieses Geld dem Standort Dresden zugute.

    Zur Person:
    Oliver Bruns studierte Bio-Chemie und Molekularbiologie an der Universität Hamburg, wo er auch promovierte. Über Stationen am Leibniz-Institut für Virologie in Hamburg, das Massachusetts Institute of Technology (MIT) (USA), kam Oliver Bruns als Leiter der Emmy-Noether-Nachwuchsforschungsgruppe Next-Generation in vivo Imaging an den Helmholtz Pioneer Campus in München. Seit 2022 hat er eine über das DKFZ finanzierte Professur an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden inne und leitet die Abteilung für funktionelle Bildgebung in der Operativen Onkologie am NCT/UCC Dresden.

    Tareq Juratli absolvierte sein Medizinstudium an der Philipps-Universität Marburg, wo er auch promovierte. Seine Facharztausbildung begann er 2007 am Universitätsklinikum Dresden (UKD). Im Rahmen neuro-onkologischer Forschungsstipendien führte ihn sein Weg an die Harvard University und das Massachusetts General Hospital in den USA, bevor er 2019 als Oberarzt an die Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie des UKD zurückkehrte. Tareq Juratli leitet die Forschungsgruppe „Translationale Neuroonkologie und Schädelbasistumorchirurgie“ in der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie. Seit 2022 ist er Leiter des Neuroonkologischen Zentrums am NCT/UCC, und fungiert seit 2023 als stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie.

    Andriy Chmyrov studierte Angewandte Mathematik an der Staatlichen Universität Sumy in der Ukraine. Er promovierte in Physik am KTH Royal Institute of Technology in Stockholm (Schweden) und forschte anschließend als Postdoktorand am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Seit 2015 war Andriy Chmyrov am Helmholtz Zentrum München tätig – zunächst als Gruppenleiter am Institut für Biologische und Medizinische Bildgebung und ab 2021 als Leiter des SWIR-Mikroskopie-Teams. Seit 2023 ist er stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung für Funktionelle Bildgebung in der Operativen Onkologie am NCT/UCC Dresden.

    Kontakt:
    Anne-Stephanie Vetter
    Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
    der Technischen Universität Dresden
    Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT/UCC) Dresden
    +49 (0) 351 458 17903
    anne-stephanie.vetter@tu-dresden.de

    Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT/UCC) Dresden
    Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR). Das NCT Dresden ist Teil des NCT mit weiteren Standorten in Berlin, Heidelberg, SüdWest (Tübingen-Stuttgart/Ulm), WERA (Würzburg, Erlangen, Regensburg, Augsburg) und West (Essen/Köln).
    Das NCT ist eine langfristig angelegte Kooperation zwischen dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), exzellenten Partnern in der Universitätsmedizin und weiteren herausragenden Forschungspartnern an verschiedenen Standorten in Deutschland. Ziel des NCT ist es, Innovationen in der Krebsforschung in Deutschland zielgerichtet und schnell in Studien zu überführen, um Krebs bei hoher Lebensqualität erfolgreich zu diagnostizieren und zu behandeln. Patientinnen und Patienten sind dabei Forschungspartner auf Augenhöhe.
    Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das Dresdner Zentrum von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.


    Bilder

    V.l.n.r.: Tareq Juratli, Andriy Chmyrov und Oliver Bruns und Partner.
    V.l.n.r.: Tareq Juratli, Andriy Chmyrov und Oliver Bruns und Partner.

    PoQus


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    V.l.n.r.: Tareq Juratli, Andriy Chmyrov und Oliver Bruns und Partner.


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