Die Blutgefässbildung ist ein komplexer Prozess, bei dem Proteine und dynamische Kräften zusammenwirken. Ein Forschungsteam der Universität Basel hat in zwei Studien neue Mechanismen bei der Bildung von Blutgefässen aufgedeckt. Das Team konnte zeigen, wie die Zellen bei der Entstehung der Gefässhohlräume interagieren und welchen Einfluss dynamische Kräfte dabei haben. Neue Einblicke in die Blutgefässbildung können Ansätze zur Behandlung von Gefässerkrankungen aufzeigen.
Blutgefässe durchziehen den gesamten Körper und versorgen ihn über das Blut mit Nährstoffen und Sauerstoff. Bei der Gefässbildung formen Zellen neue Hohlräume, die miteinander fusionieren und schliesslich ein Netzwerk von Röhren bilden, durch das Blut strömt. Die Naht zwischen den einzelnen Gefässzellen muss dabei gut verklebt und stabil sein, damit die Gefässe dicht und robust sind.
Das Team von Prof. Dr. Markus Affolter am Biozentrum der Universität Basel hat nun in zwei Studien die Gefässbildung im Zebrafisch genauer untersucht. Die Forschenden konnten einerseits zeigen, dass das Protein Rasip1 eine Schlüsselrolle bei der Bildung neuer Gefässhohlräume übernimmt. Darüber hinaus stellten sie fest, dass Kontraktionskräfte dafür sorgen, dass die Zellen miteinander interagieren. Diese Kräfte sind für die kontinuierliche Bildung von Gefässhohlräumen notwendig.
Schlüsselrolle von Rasip1 bei der Gefässbildung
In der ersten Studie, veröffentlicht in «Nature Communications», zeigen die Forschenden, dass das Protein Rasip1 entscheidend an der Entstehung von Blutgefässen beteiligt ist. Dabei galt ihr Augenmerk vor allem den Kontaktflächen zwischen zwei Zellen, der Verbindungsstelle.
Sie beobachteten, dass sich diese Kontaktflächen in einen Hohlraum verwandeln wie zwei Hälften einer Nussschale, die am Rand miteinander verbunden und verklebt sind. Dabei spielt das Protein Rasip1 eine wichtige Rolle: «Es sorgt für den Transport der klebrigen Adhäsionsproteine vom Zentrum in die Peripherie der Kontaktflächen und erlaubt so die Lumenbildung zwischen den Zellen», so Erstautor Dr. Jianmin Yin.
Korrekte Gefässbildung durch Zugkräfte zwischen den Zellen
In einer weiteren Veröffentlichung in «Angiogenesis» beschreibt das Team die Rolle von Kontraktionskräften, die durch die Proteine Heg1 und Ccm1 reguliert werden. «Wir fanden heraus, dass diese Kontraktionskräfte zwischen den Zellen essenziell sind. Nur wenn die Intensität dieser Kräfte genau dosiert ist, interagieren die Zellen auch richtig miteinander und die Gefässbildung verläuft korrekt», sagt Jianmin Yin.
Die Forschenden entdeckten dabei einen Mechanismus, bei dem koordinierte Zugkräfte entlang der Zellkontakte für eine gleichmässige Ausdehnung der Blutgefässe sorgt. «Wir fanden heraus, dass winzige Kräfte durch das rhythmische Zusammenziehen der Zellstrukturen dabei helfen, die Zellverbindungen zu stabilisieren und dadurch die Form der Zellen erhalten», sagt Heinz Georg Belting, der die Studie geleitet hat. Durch gezielte Aktivierung dieser Kräfte gelang es den Forschenden auch, fehlerhafte Zellverbindungen zu korrigieren. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig diese Kräfte für ein gesundes Gefässnetzwerk sind.
Neues Verständnis über die Blutgefässbildung
Erkenntnisse über die spezifische Rolle dynamischer Kräfte und die Regulation durch Proteine erweitern das Verständnis über die Prozesse der Blutgefässbildung. «Es ist nach wie vor erstaunlich, diesen Vorgang am lebenden Organismus nachverfolgen und neue Rückschlüsse daraus ziehen zu können», so Belting. «Wenn die Kräfteverhältnisse an den Zellkontaktstellen nicht stimmen oder Proteine den Vorgang falsch regulieren, kann sich kein stabiles Zellgerüst entwickeln und es entstehen fehlerhafte Blutgefässe.»
Und so bieten die neuen Forschungsergebnisse auch eine Grundlage für die Entwicklung neuer Strategien zur Behandlung von Gefässerkrankungen wie beispielsweise Aneurysmen oder arterielle Verschlüsse. Um molekularen Mechanismen bei der Blutgefässentwicklung noch besser zu verstehen, möchten die Forschenden den Prozess zukünftig auch mit biophysikalischen Methoden genauer untersuchen.
Prof. Dr. Markus Affolter, Universität Basel, Biozentrum, E-Mail: markus.affolter@unibas.ch
Jianmin Yin, Niels Schellinx, Ludovico Maggi, Kathrin Gundel, Cora Wiesner, Maria Paraskevi Kotini, Minkyoung Lee, Li-Kun Phng, Heinz-Georg Belting & Markus AffolterYin, J., Schellinx: Initiation of lumen formation from junctions via differential actomyosin contractility regulated by dynamic recruitment of Rasip1. Nature Communications, 2024. DOI: 10.1038/s41467-024-54143-y
Jianmin Yin, Ludovico Maggi, Cora Wiesner, Markus Affolter & Heinz-Georg Belting: Oscillatory contractile forces refine endothelial cell-cell interactions for continuous lumen formation governed by Heg1/Ccm1. Angiogenesis. September 2024. DOI: 10.1007/s10456-024-09945-5
Gefässsystem eines Zebrafischembryos, mit Endothelzellen in Grün und Blutzellen in Rot.
Universität Basel, Biozentrum
Universität Basel, Biozentrum
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).