Professor Dr. Walter E. Haefeli leitete 25 Jahre die Abteilung für Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie am UKHD. Nun geht er in den Ruhestand. Sein großes Thema war die Arzneimitteltherapiesicherheit: Unter anderem entwickelte er mit seinem Team das erfolgreiche elektronische Arzneimittel-Informationssystem „AiDKlinik“, etablierte ultrasensitive Analysemethoden für sichere Arzneistoffmessungen, baute mit Kooperationspartnern den weiterführenden Studiengang „Arzneimitteltherapiesicherheit“ auf und initiierte einen Beratungsdienst für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Auf großes mediales Interesse stieß seinerzeit eine Studie zur „Kunst des Pillenschluckens“.
In 25 Jahren als Ärztlicher Direktor der Abteilung für Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) hat Professor Dr. Walter E. Haefeli mit seinem Team viel für die Arzneimitteltherapiesicherheit bewegt, ausgeklügelt und umgesetzt – unter anderem Arzneimittel-Informationssysteme und Dosierungs-Apps, ultrasensitive Analyseverfahren für Arzneistoffmessungen mit minimalen und daher wirkungs- und nebenwirkungsfreien Dosierungen, ein Studienzentrum für erste Einsätze neuer Arzneimittel am Menschen, den Postgraduierten-Studiengang „Arzneimitteltherapiesicherheit“ oder einen Beratungsdienst für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Ebenso beschäftigte er sich mit den Problemen, die Patientinnen und Patienten bei der Medikamenteneinnahme umtreiben könnten. „Es ging mir darum, die Variabilität der Arzneimitteltherapie zu vermessen, damit man sie im klinischen Alltag berücksichtigen kann. Heute sagt man dazu personalisierte Medizin“, sagt der gebürtige Schweizer, der sich zum 31. Dezember 2024 in den Ruhestand verabschiedet.
Prof. Haefelis Abteilung ist, gegründet 1968, die älteste Klinische Pharmakologie in Deutschland. Eine Besonderheit ist zudem die Integration in das Zentrum für Innere Medizin des UKHD – eine Grundvoraussetzung für patientennahe und praxisorientierte Forschung sowie ein großer Standortvorteil in Deutschland, wie er sagt. „So werden wir automatisch mit einbezogen, wenn effektivere und anwenderfreundliche Lösungen für die Praxis, zum Beispiel für die Arzneimittelauswahl oder die Rezeptschreibung benötigt werden, oder neue Substanzen in die klinische Anwendung kommen sollen“, so Prof. Haefeli.
Studienzentrum beschleunigt Transfer von Erkenntnissen aus dem Labor ans Krankenbett
Für letzteres gibt es das Klinisch-Pharmakologische Studienzentrum (KliPS), in dem frühe Phasen von Arzneimittelstudien durchgeführt werden. Prof. Haefeli hat es 2004 auf- und seitdem kontinuierlich ausgebaut. „Das Studienzentrum ist ein großer Gewinn für den Medizincampus Heidelberg“, sagt Professor Dr. Dr. Jürgen Debus, Leitender Ärztlicher Direktor des UKHD. „Denn es ermöglicht uns die Translation von Erkenntnissen aus dem Labor ans Krankenbett, den viele andere Einrichtungen nicht selbst gehen können. Für dieses weitsichtige Engagement gebührt Professor Haefeli großer Dank.“ Bisher wurden im KliPS mehr als 140 Studien durchgeführt, davon mindestens eine Studie pro Jahr mit neuen Substanzen, die in den Laboren des Heidelberger Campus entwickelt wurden. Prominentes Beispiel ist Bulevirtid, das erste Medikament zur Behandlung der chronischen Virus-Hepatitis D. Mit den sehr positiven Erfahrungen von KliPS wurde 2018 ein Studienzentrum für nicht-onkologische Studien bei Kindern (paedKliPS) gegründet, das zusammen mit einem weiteren Zentrum in der Thoraxklinik (ThoraxKliPS) zu einem Netzwerk von zertifizierten, hochspezialisierten Studienzentren mit einheitlichen Standards (KliPSnet) zusammengeführt wurde.
Ebenfalls unverzichtbar für eine pharmakologische Forschung auf hohem Niveau ist das mit modernsten Analysegeräten ausgestattete Großlabor. Die ultrasensitiven Massenspektrometer weisen minimale Arzneistoffkonzentrationen in kleinsten Probenvolumina nach – zum Beispiel in Blutstropfen von Mäusen oder von frühgeborenen Kindern, denen man keine größeren Blutmengen entnehmen kann. „Da sind wir je nach Analysemethode eines der weltweit führenden Labore“, erklärt Prof. Haefeli. „Inzwischen haben wir, gefördert durch die EU, diese Analysetechniken in ein europaweites Projekt mit Patientinnen und Patienten mit Hirnblutungen eingebracht. Darin werden getrocknete Blutstropfen auf einer Karte zu uns geschickt und wir messen, wieviel Arzneistoff im Blut vorhanden ist.“
Mit Hilfe der modernen Analytik wies er mit seinem Team 2014 in einer vielbeachteten Studie nach, dass Wechselwirkungen zwischen Medikamenten auch bei niedrigster, therapeutisch unwirksamer Dosierung messbar sind – ein wichtiger Beitrag, um entsprechende Tests für gesunde Probanden sowie Patientinnen und Patienten sicherer zu machen. Zudem lässt sich erfassen, wie schnell ein Arzneimittel – oder eine Arzneimittelkombination – vom Körper abgebaut wird. Dieses Wissen ist auch außerhalb von Studien nützlich, betont Prof. Haefeli: „Solche Tests sollten regulär bei älteren und chronisch kranken Patientinnen und Patienten durchgeführt werden. Sie müssen oft nicht nur mehrere Arzneimittel einnehmen, sondern diese werden zum Beispiel aufgrund einer Nierenschwäche auch langsamer ausgeschieden. Das kann zu Überdosierungen führen.“
Erfolgsgeschichte seit 2001: „AiDKlinik“ lotst durch den deutschen Arzneimittelmarkt
Damit verschreibende Ärztinnen und Ärzte die Arzneimitteltherapie besser anpassen und insbesondere bekannte Wechselwirkungen vermeiden können, ging 2001 am UKHD Haefelis vielleicht größter Coup, AiDKlinik, an den Start: Das elektronische Arzneimittelinformationssystem entwickelte er gemeinsam mit der Klinikums-Apotheke sowie der Medizinischen Medien Informations GmbH (MMI, Neu-Isenburg). In der Anwendung sind sämtliche in Deutschland aktuell und ehemals zugelassenen Medikamente, aktuell mehr als 520.000, hinterlegt. Das System zeigt verfügbare Produkte und mögliche Alternativen an, weist auf Dosierungsfehler, Wechselwirkungen und Kontraindikationen hin. Seit 2004 ist AiDKlinik für externe Nutzer verfügbar und wird inzwischen von mehr als 300 Kliniken und der Hälfte der deutschen Universitätskliniken verwendet. 2006 folgte die Ausgründung in die Dosing GmbH, die Heidelberger Klinik liefert weiterhin neue Daten zum Beispiel zu Wechselwirkungen. Darüber hinaus betreibt die Abteilung seit 25 Jahren eine frei zugängliche Plattform zur Dosierung von Arzneimitteln bei Nierenfunktionsstörungen (www.dosing.de) mit mehr als eine Million Aufrufen pro Jahr und die ebenfalls frei verfügbare Dosierungs-App „easyDOAC“ für Blutverdünner.
Um auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in schwierigen Verschreibungssituationen zu unterstützen, rief das Team um Haefeli und unter Leitung von Professor David Czock 2024 einen Beratungsservice für Vertragsärztinnen und -ärzte in Baden-Württemberg ins Leben. Außerdem konzipierte Haefelis Team unter Leitung von Professorin Hanna Seidling mit Kolleginnen und Kollegen der Universitäten Tübingen und Bonn den berufsbegleitenden und interprofessionellen Masterstudiengang „Arzneimitteltherapiesicherheit“ (AMTS). Die ersten Teilnehmenden, Absolventinnen und Absolventen der Pharmazie, Humanmedizin oder Pflegewissenschaft mit Berufserfahrung, starteten zum Wintersemester 2022/23.
Dieses weite Spektrum erfolgreicher Projekte fasst Prof. Haefeli so zusammen: „Wir haben uns alles angeschaut, was in der Arzneimitteltherapie schieflaufen kann – von der Verordnung bis zu Problemen bei der Anwendung. Für vieles davon haben wir Lösungen gefunden.“
Zur Person
Walter E. Haefeli, 1958 in Basel in der Schweiz geboren, studierte an der Universität Basel Humanmedizin und Biologie, wo er auch promovierte und habilitierte. An die Assistentenzeit im Kantonsspital Basel und Baselland schlossen sich Forschungsaufenthalte an der Stanford und der Harvard University, USA, an. Zurück am Universitätsspital Basel war er zunächst als Wissenschaftlicher Oberarzt für Klinische Pharmakologie tätig, bevor er 1994 unter anderem die kommissarische Leitung der Abteilung Klinische Pharmakologie, Departement Innere Medizin am Kantonsspital Basel, inklusive des Medikamenteninformationsdienst und des großen Therapeutic Drug Monitoring für die Universitätskliniken Basel übernahm. Ab 1997 war er zudem als Kommissarischer Direktor des Instituts für Pharmakotherapie, Departement Pharmazie, der Universität Basel, tätig. Im März 1999 folgte er dem Ruf nach Heidelberg.
Prof. Haefeli ist langjähriges Mitglied in zahlreichen akademischen Vereinigungen und war in den Editorial Boards von diversen Fachjournalen aktiv. Er engagierte sich in zahlreichen Gremien und Kommissionen, darunter unter anderem in der Strukturkommission der Medizinischen Fakultät Heidelberg, im Leitungsgremium des Koordinierungszentrums für Klinische Studien (KKS) der Universität Heidelberg, als Vorsitzender der Zentralen Arzneimittelkommission des UKHD, in der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie im Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht des Bundesministeriums für Gesundheit. Für die Entwicklung des innovativen elektronischen Arzneimittel-Informationssystems AiDKlinik wurde Haefelis Abteilung 2006 mit dem Qualitätsförderpreis Gesundheit des Landes Baden-Württemberg sowie die Ausgründung 2007 mit dem 1. Start-Up-Preis des Landeswettbewerbs Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Prof. Walter E. Haefeli
eh. Ärztlicher Direktor
Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg
Tel. (Sekr.): 06221 56-8740
E-Mail: walter-emil.haefeli@med.uni-heidelberg.de
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/kliniken-institute/kliniken/zentrum-fuer-... Universitätsklinikum Heidelberg: Abteilung für Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie
Professor Dr. Walter E. Haefeli
Universitätsklinikum Heidelberg
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Medizin
überregional
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