idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
27.10.2006 11:51

Karbonatausfällung erklärt den Ozonabbau

Dr. Mirjana Kotowski Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Chemie

    Modellstudie zeigt, dass die Karbonatausfällung beim Gefrieren des Meerwassers die "Bromexplosion" in Gang setzen und damit den Abbau des troposphärischen Ozons in den Polargebieten auslösen kann

    Vor einigen Jahren wurde mit Erstaunen entdeckt, dass es nicht nur das berüchtigte Ozonloch in der Stratosphäre gibt, sondern dass im polaren Frühjahr Ozon auch in der Troposphäre - der untersten Schicht der Atmosphäre - völlig verschwinden kann. Gleichzeitig mit dem Ozonverlust steigt die Konzentration von reaktivem Bromoxid über Meereis und in Küstennähe deutlich an (s. Abb. 1). Dieses troposphärische Ozonloch wurde deshalb der so genannten Bromexplosion zugeschrieben, einer Kettenreaktion ausgelöst durch Bromid-Ionen aus dem Meersalz. Es wurde bislang jedoch noch nicht verstanden, wie dieses Bromid aus dem leicht alkalischen Meerwasser in gasförmige Substanzen umgewandelt werden kann obwohl die chemischen Reaktionen dieser Bromexplosion nur in sauren Lösungen ablaufen.

    Wissenschaftler vom Max-Planck Institut für Chemie (Mainz), dem Institut für Umweltphysik (Bremen) und dem Institut für Meereskunde (Hamburg) haben nun eine neue und überzeugende Hypothese durch Computersimulationen mit dem Atmosphärenchemiemodell "MECCA" bestätigt: Wenn sich im Frühling Risse im Eis bilden (Abb. 2), wird flüssiges Meerwasser der noch sehr kalten Luft ausgesetzt. Schnell bildet sich an der Oberfläche eine neue, dünne Eisschicht. Darüber entsteht eine flüssige Salzlake, in der die gut löslichen Salze enthalten sind. In der Kälte schlechter lösliche Salze wie Natriumsulfat und Kalziumkarbonat bleiben im Eis zurück. Salzhaltige Teilchen - Aerosole - werden durch Aufwinde an den Rinnen im Meereis emporgehoben. Der entscheidende Punkt hierbei ist, dass die so produzierten Aerosole kaum noch Karbonat enthalten: Im Ozean puffert das Karbonat den pH-Wert im alkalischen Bereich, das karbonatarme Aerosol kann jedoch leicht angesäuert und somit die Bromexplosion in Gang gesetzt werden. Ebenfalls von Bedeutung ist, dass eine Verschiebung der chemischen Gleichgewichte bei kalten Temperaturen die Kettenreaktion begünstigt. Dies beeinflusst die Oxidationskapazität der bodennahen Luftschicht und zerstört große Mengen Ozon und führt außerdem noch zur Ablagerung von Quecksilber in den Polargebieten.

    Anders als das Ozonloch in der Stratosphäre hat diese Ozonzerstörung keine direkten Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Die neuen Erkenntnisse über die ablaufenden Reaktionen können aber zu einem besseren Verständnis des Klimasystems beitragen, sie eröffnen auch viele neue Fragen über die zukünftige Zusammensetzung der Atmosphäre beim Abschmelzen der arktischen Meereisdecke sowie der fortschreitenden Versauerung der Ozeane.

    Originalveröffentlichung:

    Ralf Sander, John Burrows, and Lars Kaleschke
    Carbonate precipitation in brine - a potential trigger for tropospheric ozone depletion events
    Atmos. Chem. Phys., 6, 4653-4658, 2006
    www.atmos-chem-phys.org/acp/6/4653

    Weitere Informationen erhalten Sie von:

    Dr. Rolf Sander
    Max-Planck Institut für Chemie, Mainz
    Tel.: 06131-305449
    E-Mail: sander@mpch-mainz.mpg.de

    Prof. John Burrows
    Institut für Umweltphysik, Universität Bremen
    Tel.: 0421-2184548
    E-Mail: burrows@iup.physik.uni-bremen.de

    Prof. Lars Kaleschke
    Zentrum für Marine und Atmosphärische Wissenschaften
    Institut für Meereskunde, Universität Hamburg
    Tel.: 040 - 42838 6518
    E-Mail: lars.kaleschke@zmaw.de


    Bilder

    Verteilung des bodennahen Bromoxids im polaren Frühjahr 2006 (links: April 2006, rechts: September 2006). Die Verteilung wurde aus Messungen des Satelliteninstruments SCIAMACHY berechnet und zeigt stark erhöhte Bromoxid-Konzentrationen über Meereis und in Küstennähe.
    Verteilung des bodennahen Bromoxids im polaren Frühjahr 2006 (links: April 2006, rechts: September 2 ...

    None

    Meereis in der Framstraße nördlich von Spitzbergen. Meereis wirkt als Isolator zwischen dem relativ warmen Ozean und der kalten Atmosphäre. Der Stoff- und Wärmeaustausch an Stellen von eisfreien Rinnen ist auf dem Foto zu sehen: Seerauch dampft aus den Rinnen im Meereis. Foto aus etwa 500 m Höhe, 1998.
    Meereis in der Framstraße nördlich von Spitzbergen. Meereis wirkt als Isolator zwischen dem relativ ...
    © Lars Kaleschke
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).