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Wissenschaft
Quecksilber spielt seit Jahrhunderten vor allem bei der Gold- und Silbergewinnung, aber auch bei der Kohleverbrennung eine Rolle. Diese Prozesse haben zu einer starken Anreicherung des Quecksilbers in der Umwelt geführt. Der Verbleib des Elements im Meer ist bisher kaum verstanden. Wissenschaftler der TU Braunschweig haben Sedimentablagerungen durch Algen in der Antarktis auf Quecksilberablagerungen untersucht. Sie haben herausgefunden, dass diese Mikroalgen hohe Konzentrationen des Umweltgiftes speichern und damit gleichzeitig Auskunft über das Ausmaß und den Beginn der globalen Quecksilberemission geben können. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im „SCIENCE“-Magazin veröffentlicht.
Aus atmosphärisch eingetragenem Quecksilber bildet sich im Meer durch chemische Umwandlungsprozesse sehr giftiges Methylquecksilber, das sich in Fischen anreichert. Vor allem große Jäger wie der Thunfisch sind davon betroffen – und über den Verzehr von Fisch auch der Mensch.
Bisher lagen keine Daten aus Sedimentkernen aus dem offenen Meer vor, die Quecksilbereinträge in den Ozeanboden aufgezeichnet haben. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Braunschweig haben nun die Rolle von Algen für die Ablagerung von Quecksilber in biogenen Meeressedimenten untersucht.
In der Arbeitsgruppe Umweltgeochemie am Institut für Geoökologie der TU Braunschweig hat ein Team unter Leitung von Professor Harald Biester Sedimentkerne aus dem Antarktischen Meer, die überwiegend aus Algenmaterial wie Kieselalgen bestehen, auf die historische Ablagerung von Quecksilber analysiert. Ihr namensgebendes Merkmal ist die kieselsäurehaltige Schale. Sterben die Algen ab, sinken ihre Schalen auf den Meeresboden herab und bilden teilweise 100 Meter mächtige Kieselgur-Sedimente aus.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können anhand ihrer Analysen erstmals zeigen, dass Kieselalgen, auch Diatomeen genannt, die im Südpolarmeer aufgrund der dortigen hohen Nährstoffkonzentrationen in großer Anzahl auftreten, große Mengen an Quecksilber binden. Mikroalgen tragen Quecksilber in biogene marine Sedimente ein, sogenannte Diatomeen-Schlämme, die größtenteils aus Überresten dieser Kieselalgen bestehen. Die im Bereich der Antarktis bestimmten Quecksilber-Akkumulationsraten sind dabei die höchsten, die bisher im marinen Bereich nachgewiesen wurden.
Berechnungen, basierend auf dem Silizium/Quecksilber-Verhätlnis in den untersuchten Sedimentkernen sowie Literaturdaten, machen deutlich, dass zwischen neun und 20 Prozent des jährlich industriell abgegebenen Quecksilbers allein durch Diatomeen sedimentiert worden sein könnte. Die Berechnungen zeigen weiter, dass zwischen 6,5 und 20 Prozent des gesamten seit dem Industriezeitalter in die Atmosphäre emittierten Quecksilbers durch Diatomeen in den Ozeanen sedimentiert worden sein könnte. Diese Ergebnisse unterstreichen die wichtige Rolle der Quecksilber-Sedimentation durch Mikroalgen in den Ozeanen.
Die in den Sedimenten des Adélie-Beckens in der Antarktis aufgezeichnete hochaufgelöste (10 bis 40 Jahre) Quecksilber-Ablagerung der letzten 8.600 Jahre zeigt auch, dass sich die durch Menschen verursachte Verschmutzung der Atmosphäre in der Antarktis erst mit dem Beginn des Industriezeitalters um 1850 nachweisen lässt. Frühere Verschmutzungsperioden, zum Beispiel durch die Gold- und Silbergewinnung während der Kolonialzeit in Südamerika, konnten nicht nachgewiesen werden.
Insgesamt liefert die Publikation wichtige neue Erkenntnisse zur globalen Verteilung von Quecksilber aus anthropogenen Quellen und seiner Anreicherung in der marinen Nahrungskette.
Prof. Harald Biester
Leiter der Arbeitsgruppe Umweltgeochemie
Technische Universität Braunschweig
Institut für Geoökologie (IGÖ)
Langer Kamp 19c
38106 Braunschweig
Tel.: 0531 391-7240
E-Mail: h.biester@tu-braunschweig.de
Web: https://www.tu-braunschweig.de/geooekologie/institut/geochemie
Zaferani S, Pérez-Rodríguez M, Biester H (2018) Diatom ooze—A large marine mercury sink, Published Online 26 Jul 2018, DOI: https://doi.org/10.1126/science.aat2735
Sedimentkern aus Diatomeen-Schlämmen
Bildnachweis: Sara Zaferani/TU Braunschweig
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Probenentnahme aus einem Sedimentkern
Bildnachweis: Sara Zaferani/TU Braunschweig
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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