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09.11.2004 15:35

Klare Antworten zum universitären Master und Bachelor

Jörg Feuck Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    Hohe Qualität des universitären Masterabschlusses, anspruchsvolle Rolle des Bachelors, äußerste Durchlässigkeit vom Bachelor- zum Masterstudium, Nachholbedarf bei der Akkreditierung und stärker profilierte akademische Titel - auf diese Eckpunkte der künftigen universitären Ingenieur-Ausbildung hat sich die Arbeitsgemeinschaft der 24 Technischen Universitäten und Hochschulen in Deutschland auf ihrer Tagung am 8. und 9. November 2004 in Saarbrücken verständigt.

    Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Professor Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner (Präsident der TU Darmstadt), erklärte dazu, im Kern gehe es bei der Einführung von Studiengängen gemäß des Bologna-Prozesses darum. die nationale wie internationale Mobilität der Studierenden zu unterstützen. Deshalb sei es ein falsches Signal, wenn die Politik den Zugang universitärer Bachelor-Absolventen zu Masterprogrammen durch Quoten "künstlich begrenzen" wolle. In diesem Falle würde die "Akzeptanz der neuen Studiengänge bei den Studierenden nachhaltig beschädigt". Wörtlich heißt es dazu in der Erklärung der Arbeitsgemeinschaft: "Die Einführung von Bachelor und Master dient der Mobilität und der individuellen Bildungsprofilierung und darf nicht als Instrument der Mittelkürzung auf Kosten der Absolventenqualifikation missbraucht werden."

    Die Technischen Universitäten und Hochschulen betonen, der Masterabschluss sei insbesondere für Ingenieurstudiengänge der "universitäre Regelabschluss" und müsse mindestens dem derzeitigen Diplom entsprechen. Der Gesamtumfang für diese Qualifikation benötige eine Studiendauer von etwa zehn Semestern. Für besonders qualifizierte Studierende sollte auch der Weg einer "fast track"-Ausbildung offen stehen, um rascher zum Bachelor- oder Masterabschluss zu gelangen.

    Die Arbeitsgemeinschaft stellt klar, dass der Uni-Bachelor-Abschluss eine "Schnittstelle im Studienablauf" mit vielerlei Chancen sei: Er vereinfache national wie international einen Hochschulwechsel für ein Weiterstudium, schaffe Verknüpfungen zu anderen Disziplinen und öffne Türen für den Einstieg in berufliche Karrieren. Der Bachelor sei im Ingenieurbereich einer "besonders anspruchsvollen" curricularen Aufgabe ausgesetzt: "Das Programm muss unterschiedlichen Wegen gerecht werden, indem es eine Balance zwischen Grundlagenfächern und unmittelbar berufsbezogenen Fächern schafft."

    Die bisherige Akkreditierung der BA/MA-Studiengänge betrachtet die TU/TH-Gruppe als nicht ehrgeizig genug. "Der finanzielle und bürokratische Aufwand der Akkreditierung steht bisher in keinem Verhältnis zum Nutzen. Gefordert ist vielmehr eine Ausrichtung an internationalen Qualitätsstandards. Die Akkreditierung ist derzeit an Mindeststandards interessiert, nicht aber an einer "Differenzierung nach oben". Auch fehlt ihr häufig die Einordnung in das wissenschaftliche Gesamtbild der beteiligten Fachbereiche bzw. Fächergruppen", heißt es in dem gemeinsamen Papier. "Das Ziel muss eine institutionelle Akkreditierung mit differenzierter Evaluierung inklusive internationaler Benchmarks sein." Zukunftsweisend sei es, wenn die Hochschulen die Anerkennung der Abschlussgrade durch institutionelle Methoden gegenseitiger Akzeptanz vorantrieben.

    Ansprechpartner: Jörg Feuck, Pressestelle der TU Darmstadt
    Tel. 06151/164731
    E-Mail: feuck@pvw.tu-darmstadt.de

    Anhang: Wortlaut der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft TU/TH in Deutschland

    Umsetzung des Bologna- Prozesses an den Technischen Universitäten.
    Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der TU/TH in Deutschland

    Die Technischen Universitäten treiben die Einführung von Studiengängen gemäß Bologna-Prozess für die Ausbildung der Ingenieure konsequent voran. Damit verbunden sind die Modularisierung von Studienangeboten und die Vergabe von Kreditpunkten nach dem European Credit Transfer System (ECTS). Zugleich wird aber ein Paradigmenwechsel von Input zu Outcome möglich und notwendig.
    Die Technischen Universitäten sehen im Zentrum der Umsetzung des Bolognaprozesses die Unterstützung der Mobilität der Studierenden. Die Technischen Universitäten weisen bei der Diskussion über die Umsetzung des Bolognaprozesses auf Aspekte hin, die insbesondere für die Ingenieurstudiengänge von Bedeutung sind:

    o Wissenschaft und Wirtschaft brauchen, um zukunftsfähig zu bleiben, auch weiterhin Absolventen mindestens auf dem bisherigen Diplom-Ingenieur-Niveau (qualitativ und quantitativ).
    o Ingenieurstudiengänge weisen bereits heute eine Strukturierung auf, die ein zügiges Studium ermöglicht und ein Gesamtkonzept bis zum Master umfasst.
    o Berufsbefähigung war und ist für die universitären Ingenieurstudiengänge ein durchgängiges Thema ab dem 1. Semester.
    o Forschung und wissenschaftliches Arbeiten sind konstituierende Merkmale der universitären Ingenieurstudiengänge.
    o Der TU-Absolvent ist in der Lage, die Grenzen seiner Fachdisziplin in Wissenschaft und Praxis zu übersteigen und zu verschieben (ARGE TU/TH 2001).
    o Der TU-Absolvent ist gleichermaßen für Wissenschaft und Wirtschaft qualifiziert.
    o Akkreditierung/Anerkennung und ähnliche Verfahren müssen der Qualitätssicherung dienen und dürfen nicht in den Wettbewerb eingreifen.
    o Die Einführung von Bachelor und Master dient der Mobilität und der individuellen Bildungsprofilierung und darf nicht als Instrument der Mittelkürzung auf Kosten der Absolventenqualifikation missbraucht werden.

    Zur Sicherung der Qualität der Ausbildung und der Akzeptanz der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt werden folgende Handlungsmaximen festgelegt:

    1. Der Masterabschluss ist der universitäre Regelabschluss.
    Die Qualität eines universitären Masterabschlusses muss mindestens der Qualität des universitären Diploms (unabhängig von der Bezeichnung) entsprechen. Es ist die vorrangige Aufgabe der Universitäten, Akademiker auszubilden, die qualifiziert sind, vorhandene Grenzen von Wissenschaft und Technik zu überwinden. Zur Sicherstellung dieses Anspruchs ist ein grundlagenbasiertes Studium mit entsprechenden Berufsbezügen Ziel führend. Der Gesamtumfang für diese Qualifikation bedingt eine Studiendauer von insgesamt ca. 10 Semestern. Die Festlegung eines "Regelabschlusses" darf nicht mit finanziellen Randbedingungen begründet werden, sondern muss mit wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen an die Absolventen (quantitativ und qualitativ) verknüpft werden. Es ist nicht die vorrangige Aufgabe der Technischen Universitäten, lediglich für den frühzeitigen Wechsel in das Berufsleben auszubilden. Hierfür kann der Bachelor - Abschluss der Fachhochschulen dienlich sein, während universitäre Studiengänge auf o. g. Qualifikation ausgerichtet sind. Somit wird der Masterabschluss zum universitären Regelabschluss insbesondere für Ingenieurstudiengänge. Für qualifizierte Studierende kann es darüber hinaus sinnvoll sein, in dafür geeigneten Studiengängen eine "fast track" - Ausbildung anzubieten, die in kürzerer Zeit zum Bachelor- und Masterabschluss führt.

    2. Der Bachelor - Abschluss hat die zentrale Funktion einer "Drehscheibe".
    Der universitäre Bachelor - Abschluss schafft eine Schnittstelle im Studienablauf, die national und international den Austausch mit anderen Hochschulen vereinfacht und fördert, Verknüpfungen mit benachbarten oder ergänzenden Disziplinen verbessert und den Einstieg in neue berufliche Karrieren eröffnet. Der Bachelor öffnet alle Türen, der Master ist das Ziel. Die Technischen Universitäten sehen daher eine besondere Herausforderung und Verantwortung in der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung des Bachelors. Mögliche Perspektiven des Bachelor - Abschlusses sind:
    - Berufstätigkeit mit "training on the job"
    - Weiterstudium in einem konsekutiven Masterprogramm der selben Universität
    - Weiterstudium im selben Fach an einer anderen Universität im In- oder Ausland
    - Weiterstudium in einem anderen Fach (z.B. MBA)
    Dem Bachelor kommt damit in Zukunft im Ingenieurbereich eine besonders anspruchsvolle Aufgabe zu, die sich im curricularen Aufbau niederschlagen wird: Das Programm muss den unterschiedlichen Wegen gerecht werden, indem es eine Balance zwischen Grundlagenfächern und unmittelbar berufsbezogenen Fächern schafft .
    Die Studierenden und der Markt werden über die weitere Entwicklung entscheiden.

    3. Feste Zulassungsquoten für das universitäre Masterstudium sind kontraproduktiv.
    Vor allem in den Ingenieurwissenschaften und den Angewandten Naturwissenschaften wächst der Bedarf an hoch qualifizierten Absolventen. Feste Quoten, die die Zahl der universitären Master künstlich begrenzen sollen, sind kontraproduktiv. Damit ziehen sich die Technischen Universitäten keineswegs aus der Bachelor - Ausbildung zurück, sondern betonen erneut die besondere Verantwortung der Universitäten gerade auch im ersten Zyklus gemäß Bologna. Der Zugang zum Masterstudium muss ausschließlich nach Qualitätskriterien in der fachlichen Kompetenz der Universität geregelt werden. Universitären Bachelor - Absolventen ist das Weiterstudium zum Master grundsätzlich zu ermöglichen, weil in der Regel die erforderliche hohe Qualifikation vorliegt. Jeder Mechanismus, der einem signifikanten Teil erfolgreicher universitärer Bachelor - Absolventen das Weiterstudium im Master verwehrt, schädigt die Akzeptanz der neuen Studiengänge bei den Studierenden nachhaltig.

    4. Die Universitäten und Fachhochschulen ergänzen sich in ihren Zielsetzungen.
    Der Erfolg des deutschen Hochschulsystems basiert auf der Profildifferenzierung zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Diese Differenzierung ist - auch im Interesse fruchtbarer Kooperationen - weiter herauszubilden. Universitäten treiben den wissenschaftlichen Fortschritt an und bilden deshalb am wissenschaftlichen Gegenstand aus ("Methodenwissen"). Fachhochschulen vermitteln modernes, praxisorientiertes "Verfügungswissen".

    5. Die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen ist bisher nicht ehrgeizig genug.
    Der finanzielle und bürokratische Aufwand der Akkreditierung steht bisher in keinem Verhältnis zum Nutzen. Gefordert ist vielmehr eine Ausrichtung an internationalen Qualitätsstandards. Die Akkreditierung ist derzeit an Mindeststandards interessiert, nicht aber an einer "Differenzierung nach oben". Auch fehlt ihr häufig die Einordnung in das wissenschaftliche Gesamtbild der beteiligten Fachbereiche bzw. Fächergruppen. Das Ziel muss eine institutionelle Akkreditierung mit differenzierter Evaluierung inklusive internationaler Benchmarks sein. Im jetzigen Systemübergang sind die Methoden der Akkreditierung, die fast ausschließlich auf Input-Quantitäten beruhen, vermutlich nicht entbehrlich, die Weiterentwicklung der Akkreditierung muss sich aber von der Fiktion der direkten Vergleichsmaßstäbe lösen und stärker auf angestrebte Qualifikationsprofile und vorhandene Instrumente zur Erreichung dieser Qualifikationen konzentrieren. Nur so wird die angestrebte Transparenz und Profilierung des deutschen Hochschulsystems erreicht werden können. Dabei sind auch neue Verfahren der institutionellen Anerkennung und der Betrachtung der tatsächlich erreichten Qualifikationen der Absolventen zu berücksichtigen. Zugleich muss vor der Fiktion gewarnt werden, (gesetzlich vorgeschriebene) Akkreditierung würde in Zukunft die Anerkennung von Abschlussgraden institutionalisieren oder gar automatisieren. Hier werden institutionelle Methoden ("mutual e recognition") der Autonomie der einzelnen Einrichtung und ihrer Einbindung in die nationale und internationale Wissenschaftslandschaft besser gerecht.

    6. Die akademischen Titel sollen den Herkunftsnachweis tragen können
    Wer Wettbewerb und Profilierung will, muss die Unterscheidung auch schon von außen erkennbar machen: Die unterschiedliche Qualität Hochschulabschlüssen im internationalen Vergleich macht einen besonderen Herkunftsnachweis erforderlich. Die akademischen Titel sollten daher durch den Zusatz der jeweiligen Institution ergänzt werden.

    Saarbrücken, den 9.11.04


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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