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11.02.2005 12:56

Deutsches Studentenwerk: Studiengebühren gefährden langfristig den Wirtschaftsstandort Deutschland

Stefan Grob Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Studentenwerk

    Studiengebühren gefährden nach Ansicht des Deutschen Studentenwerks (DSW) langfristig den Wirtschaftsstandort Deutschland, weil sie ein kontraproduktives Mittel seien, um den dringenden Bedarf an Hochqualifizierten zu decken. Zu diesem Ergebnis kommt DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde nach einem vom Deutschen Studentenwerk organisierten Expertenworkshop zum Zusammenhang von Wirtschaftsentwicklung und Bildungsfinanzierung. Fachleute aus der Bildungs- und Wirtschaftsforschung diskutierten und analysierten gestern in Berlin die künftige Entwicklung des Arbeitsmarktes, die Zukunft der Bildungsbeteiligung, das derzeitige System der Bildungsfinanzierung sowie die Auswirkungen der Einführung von Studiengebühren im internationalen Vergleich. Einig war man sich in einem Befund: Deutschland benötigt gerade angesichts seiner Bevölkerungsentwicklung langfristig mehr Hochqualifizierte, also mehr Studierende, um seine Innovations- und Wirtschaftskraft zu stärken.

    Die aktuell erkennbaren Trends stehen diesem Ziel jedoch diametral entgegen, stellten mehrere Referenten übereinstimmend fest: Beschäftigtenentwicklung und Demographie lassen einen dramatischen Rückgang von Hoch- und Mittelqualifizierten und einen ebenso dramatischen Anstieg von Nichtqualifizierten in den erwerbsfähigen, mittleren Alterskohorten befürchten. Diesen Negativtrend verstärkend, wird ab etwa 2011, spätestens ab 2020 die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten erheblich zurückgehen. Daher müssten alle Bildungsreserven mobilisiert werden, um die Zahl der Hoch- und Mittelqualifizierten in Deutschland auf lange Sicht zu erhöhen.

    "Wir plädieren vor diesem Hintergrund eindringlich dafür, Studiengebühren deswegen nicht als ein rein hochschulpolitisches Thema zu diskutieren. Es wird für die wirtschaftliche Entwicklung und das Beschäftigungssystem negative Folgen haben, wenn die Studienfinanzierung mehr und mehr zu einer privaten Investition mit hohem Verschuldungsrisiko werden sollte und die Zahl der Studienanfänger deshalb sinkt und nicht steigt", warnte Achim Meyer auf der Heyde. Er stimmte einem Experten zu, dass das deutsche Bildungssystem keineswegs unterfinanziert sei, sondern die vorhandenen Mittel besser und effizienter eingesetzt werden müssten, insbesondere im Hochschulbereich.

    Nachdem das Bundesverfassungsgericht Studiengebühren in Deutschland grundsätzlich erlaubt hat, müsste nun die zukünftige Wirtschafts- und Qualifikationsentwicklung genau im Auge behalten werden. Wenn überhaupt Studiengebühren eingeführt werden, müssten harte, belastbare Kriterien für ihre Sozialverträglichkeit definiert werden. Meyer auf der Heyde: "Sozialverträglich sind Studiengebühren nur dann, wenn sie nicht dazu führen, dass bildungsferne und einkommensschwache Schichten in Zukunft den Hochschulen fernbleiben." Der Vergleich mit anderen Ländern zeige, dass die Einführung von Studiengebühren in vielen Fällen zu einem Rückgang der Studienanfängerzahlen und einer hohen Verschuldung der Absolventen geführt habe. Auch das auf dem Workshop vorgestellte österreichische Modell tauge als Vorbild für Deutschland nur bedingt. Meyer auf der Heyde: "Auch in Österreich ging die Zahl der Studierenden mit der Einführung von Studiengebühren erst einmal zurück. Heute hat sich die Studierendenzahl zwar stabilisiert, aber das Modell funktioniert nur deshalb, weil parallel zu den Studiengebühren die staatlichen Zuschüsse mehr als verdoppelt wurden. Dies ist für Deutschland angesichts seiner föderalen Struktur zurzeit nicht zu erwarten." Der DSW-Generalsekretär befürchtet, dass in Deutschland vielmehr das Etikett "sozialverträglich" bemüht werde, um die erkennbar negativen Folgen von Studiengebühren zu kaschieren.

    An dem Workshop "Wirtschaftsentwicklung und Bildungsfinanzierung" nahmen teil:

    Dr. Hans Dietrich, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB
    Prof. Dr. Andrä Wolter, Hochschul-Informations-System GmbH HIS
    Dr. Dieter Dohmen, Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie FIBS
    Dr. Hans-Peter Klös, Institut der Deutschen Wirtschaft IW
    ORR Gregor Schlick, Bundesministerium der Finanzen BMF
    Prof. Dr. Hans-Peter Füssel, Hochschule Bremen
    Prof. Dr. Bernhard Nagel, Universität Kassel
    Staatssekretär a.D. Dr. Wolfgang Lieb
    MinR Dr. Alexander Marinovic, österreichisches Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur BMBWK

    DSW-Präsident Prof. Dr. Hans-Dieter Rinkens eröffnete den Workshop. Eine Zusammenfassung seiner Ausführungen finden Sie hier:
    http://www.studentenwerke.de/pdf/stellungnahme_rinkens100205_bildungsfinanzierung.pdf


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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