Die ehrenamtliche Sterbebegleitung spielt eine immer wichtigere Rolle in unserer Gesellschaft. In einem Forschungsprojekt hat Professor Dr. Michael Wissert diesen Bereich dokumentiert, systematisiert und Vorschläge zur Qualitätssicherung und -verbesserung erarbeitet.
Der Tod und das Sterben werden in einer alternden Gesellschaft immer mehr zum Thema. Ein Beispiel ist die Hospizbewegung, in der sich mittlerweile rund 80.000 Menschen ehrenamtlich in der Sterbebegleitung engagieren. Einen speziellen Aspekt dieser Aktivitäten in dem noch verhältnismäßig jungen Bereich hat jetzt erstmals Professor Dr. Michael Wissert von der Hochschule Ravensburg-Weingarten systematisch erforscht und ausgewertet.
In einem ersten Schritt wurden alle Tätigkeiten von ehrenamtlichen Mitarbeitern bei der psychosozialen Unterstützung sterbender Menschen erfasst und systematisch dargestellt. Daraus hat Wissert ein Verfahren abgeleitet, das die Qualitätssicherung und -verbesserung in diesem Bereich ermöglicht. "Die ambulanten Hospizdienste bekommen nur dann Geld von den Krankenkassen, wenn sie die Qualität nachweisen und dokumentieren können", erläutert Wissert die gesetzlichen Grundlagen für die Förderung der Ehrenamtlichen in den Hospizdiensten. Dabei haben die ehrenamtlichen Mitarbeiter die unterschiedlichsten Voraussetzungen. "Die Hälfte hat berufliche Vorerfahrungen im Gesundheits- und Sozialbereich, die andere Hälfte kommt aus ganz unterschiedlichen Branchen: Handel, Banken, Gewerbe. Weit über die Hälfte ist jünger als 60 Jahre und es werden immer mehr jüngere Menschen, zum Teil schon ab 25 Jahren, die sich in der Sterbebegleitung engagieren", beschreibt Wissert die Situation.
Zusammen mit seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Daniela Grammatico hat Wissert 86 Tätigkeitsmerkmale aus den fünf Bereichen Da-Sein für den Sterbenden, Unterstützung der Angehörigen, Zugang zur Spiritualität, Unterstützung bei Erledigung der letzten Dinge für den Sterbenden und Begleitung der Angehörigen beim Abschiednehmen festgestellt und beschrieben. "Für den Sterbenden da sein, ihm zuhören, ihn trösten, mit ihm am Sterbebett über das Ende des Lebens reden und viele kleine praktische Hilfen, wie noch einmal mit ihm ins Café zu gehen oder ein Stück mit dem Rollstuhl spazieren fahren" - das sind nur einige Beispiele, die der Professor für Soziale Arbeit aufzählt. Um die Qualität ihrer Arbeit zu dokumentieren und zu verbessern, könnten die Sterbegleitungen zum Beispiel ein Begleitbuch führen, in dem sie notieren und reflektieren, was sie getan haben, und über schwierige Dinge mit der Koordinatorin sprechen, schlägt Wissert vor. Die genauen Einzelheiten hat er in einem Handbuch, das allen Hospizdiensten von der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Hospiz zur Verfügung gestellt wurde, zusammengefasst und erläutert. Die BAG und die "Alpha-Stelle Rheinland" hatten das erste beziehungsweise zweite Projekt in Auftrag gegeben. Finanziert wurden sie aus Mitteln der Krupp-Stiftung und des Landes Nordrhein-Westfalen.
In einem zweiten Projekt haben Wissert und Grammatico zusammen mit Monika Müller von der Koordinationsstelle für hospizliches Arbeiten in Bonn ein 150-seitiges Lehrbuch verfasst. "Wir haben sozusagen die Theorie der Ausbildung beschrieben", sagt Wissert. Zu der Theorie kommt die Praxis. Deshalb hat Wissert das Lehrbuch um 300 weitere Seiten mit zahlreichen praktischen Übungen ergänzt. Mit diesem Werk will er dazu beitragen, die ehrenamtlichen Mitarbeiter in der schwierigen Aufgabe der Begleitung und psychosozialen Unterstützung sterbender Menschen verantwortungsvoll und gut auszubilden. "Es handelt sich dabei um Arbeitshilfen und Qualitätsleitlinien", räumt Wissert ein. "Sie haben einen Empfehlungscharakter."
Vor dem Hintergrund der Altersentwicklung der Bevölkerung und der veränderten Familienstrukturen, in denen viele in ihren letzten Tagen auf Ehrenamtliche angewiesen sind, stellt Wissert fest: "Die Zahl der ambulanten Hospizdienste nimmt immens zu - sie beträgt jetzt schon rund 1300 in Deutschland - und die gesetzlichen Bestimmungen zur Förderung der ehrenamtlichen Hospizarbeit (§ 39a SGB V) wird zu einer weiteren Zunahme dieser ehemaligen Selbsthilfebewegung führen." Diese Entwicklung sei vom Gesetzgeber sozial und ökonomisch erwünscht. "Den Menschen ein würdevolles Sterben zu ermöglichen, ist das Ziel, für das sich die Hospizbewegung engagiert. Wir wollen den Ehrenamtlichen in der Sterbebegleitung dabei professionelle Hilfestellung geben", sagt Wissert.
Bibliografische Angaben:
Wissert, M.; Popelka, D.: Qualität und Qualitätsentwicklung ehrenamtlicher ambulanter Hospizarbeit. Ein Projekt der BAG Hospiz im Rahmen des Gesamtprojekts: "Netzwerk zur Qualitätssicherung der Hospizarbeit". In: Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (Hrsg.): Hospiz schafft Wissen. Dokumentation der Fachtagung der BAG Hospiz vom 9. November 2003. der hospiz verlag. Wuppertal 2004, S. 81-94.
Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (Hrsg.): Endbericht für das Projekt: "Qualitätsmerkmale der ehrenamtlichen, psychosozialen Begleitung Sterbender in der ambulanten Hospizarbeit. Niederzier 2005. (Erhältlich über die: BAG Hospiz, Am Weiherhof 23, 52382 Niederzier; Tel.: 02428 802937; E-Mail: bag.hospiz@hospiz.net.
http://www.hs-weingarten.de - Hochschule Ravensburg-Weingarten
Professor Wissert hat ein Handbuch für Ehrenamtliche in der Sterbebegleitung verfasst.
Foto: Hochschule Ravensburg-Weingarten
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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