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03.11.2005 17:51

Legasthenie: Risikogen identifiziert

Frank Luerweg Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Etwa fünf Millionen Deutsche haben große Schwierigkeiten, lesen und schreiben zu lernen. Häufig sind gleich mehrere Mitgliedern einer Familie betroffen. Den Erbanlagen scheint daher eine wichtige Rolle bei der Entwicklung Legasthenie zuzukommen. Wissenschaftler der Universitäten Marburg, Würzburg und Bonn haben jetzt zusammen mit schwedischen Kollegen bei deutschen Kindern mit einer schweren Lese-Rechtschreibschwäche erstmals den Beitrag eines spezifischen Gens nachweisen können. Wie es genau zur Störung beiträgt, ist noch nicht bekannt. Möglicherweise spielt die Erbanlage bei der Wanderung von Nervenzellen im sich entwickelnden Gehirn eine wichtige Rolle. Die Ergebnisse werden in der Januar-Ausgabe des "American Journal of Human Genetics" erscheinen, sind aber bereits online abrufbar (http://www.journals.uchicago.edu/AJHG).

    Über mehrere Jahre hatten Kinder- und Jugendpsychiater an den Universitäten Marburg und Würzburg nach Familien gefahndet, bei denen mindestens ein Kind von einer Lese-Rechtschreibschwäche betroffen war. "In Blutproben der Familien suchten wir dann nach Kandidatengenen - und wurden schließlich fündig", erklärt der Marburger Privatdozent Dr. Gerd Schulte-Körne, der diesen Teil der Studie leitete.

    Das Gen liegt in einer Region von Chromosom 6, die auch schon von Wissenschaftlern aus den USA und England in Zusammenhang mit der Lese-Rechtschreibschwäche gebracht wurde. Dem deutsch-schwedischen Team gelang in dieser Region die Identifizierung eines einzelnen Gens, welches bei deutschen Kindern einen wichtigen Beitrag zur Entstehung einer Legasthenie zu leisten scheint. "Dieses so genannte DCDC2-Gen spielt anscheinend bei der Wanderung von Nervenzellen im sich entwickelnden Gehirn eine Rolle", sagt Professor Dr. Markus Nöthen vom Life & Brain Zentrum der Universität Bonn, der mit seiner Arbeitsgruppe für die molekularen Arbeiten verantwortlich war.

    Bei Legasthenikern ist das DCDC2-Gen häufig verändert. Besonders oft fand sich die veränderte Genvariante bei Kindern mit einer schweren Rechtschreibschwäche. Die Erbanlage scheint daher vor allem für die Verarbeitung von Sprachinformation beim Schreiben wichtig zu sein. Die Forscher wollen nun die Funktion von DCDC2 noch besser verstehen und im Detail aufklären, warum Kinder, bei denen dieses Gen verändert ist, ein höheres Risiko für Rechtschreibprobleme haben.

    Das Projekt wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung unterstützt. Nöthen ist Inhaber des Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Lehrstuhls für Genetische Medizin. Das Life & Brain Zentrum ist ein neues Forschungszentrum des Universitätsklinikums Bonn, das sich mit modernsten Technologien der anwendungsnahen Ursachenforschung von Krankheiten widmet.

    Etwa fünf Prozent aller Deutschen sind Legastheniker. Trotz guter Intelligenz und regelmäßigem Schulbesuch scheitern sie daran, Texte zu lesen und sich schriftlich mitzuteilen. Bei vielen Kindern wird die Lese-Rechtschreibschwäche zu spät erkannt - meist erst dann, wenn sie aufgrund der ausgeprägten Schulschwierigkeiten psychische Störungen entwickeln. Schulängste und Depressionen, sogar Selbstmordgedanken können die Folge sein.

    Kontakt:
    PD Dr. Gerd Schulte-Körne
    Arbeitsgruppe Lese-Rechtschreibstörung
    Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
    -psychotherapie der Universität Marburg
    Telefon: 06421/28 66467
    E-mail: schulte1@med.uni-marburg.de

    Prof. Dr. Markus Nöthen
    Life & Brain Zentrum der Universität Bonn
    Telefon: 0228/6885-404
    E-Mail: markus.noethen@uni-bonn.de


    Weitere Informationen:

    http://www.journals.uchicago.edu/AJHG - Die Studie im Netz


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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