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10.11.2005 10:55

Physiologische Studie: Computerspielen kann süchtig machen

Kerstin Ullrich GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    Berlin, 10. November 2005. Wissenschaftler der Charité - Universitätsmedizin Berlin haben erstmals mit hirnphysiologischen Untersuchungen bewiesen, dass exzessives Computerspielen zu einer Sucht werden kann, die auf vergleichbaren Mechanismen wie Alkohol- oder Cannabis-Abhängigkeit beruht. "Exzessives Computerspielen aktiviert vermutlich gleiche Strukturen im Hirn wie stoffliche Drogen", erklärt Dr. Sabine Grüsser von der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe der Charité.

    In der Studie verglichen die Forscher fünfzehn "gesunde" Computerspieler mit fünfzehn exzessiven Spielern. Als exzessiv wurde eingestuft, wer mindestens drei international anerkannte Kriterien für Abhängigkeit erfüllte (unstillbares Verlangen, Toleranzentwicklung, Entzugssymptome, Vernachlässigung anderer Interessen, Kontrollverlust, anhaltend exzessives Spielen trotz schädlicher Folgen). Beiden Gruppen wurden Fotos von neutralen Gegenständen, Bier- oder Schnapsflaschen sowie ein Standbild aus einem Computerspiel gezeigt. Gleichzeitig untersuchten die Wissenschaftler zwei verschiedene Hirnreaktionen auf die visuellen Reize: Ein Elektroenzephalogramm (EEG) ermittelte die Hirnaktivität, ein Elektromyogramm (EMG) zeichnete auf einen lauten Knall hin den Schreckreflex ("Startle-Reflex") auf. Der Startle-Reflex, ein unwillkürliches Muskelzucken am Auge, fällt desto geringer aus, je angenehmer die umgebenden Stimuli empfunden werden. Der Reflex ist eine verlässliche Messgröße für die emotionale Bedeutung von Reizen.

    Ergebnis der Studie, die am Montag in den USA auf einer Pressekonferenz aus Anlass der 35. Jahrestagung der "Society for Neuroscience" vorgestellt wird: Kam die Szene aus dem Computerspiel ins Visier, fielen die EEG-Werte bei exzessiven Spielern sehr viel stärker aus als beim Anblick neutraler Reize oder der Alkoholmotive. Umgekehrt erschraken sich die süchtigen Computerspieler sehr viel weniger, sobald Spielszenen zu sehen waren. "Die Spielszenen sind bei den exzessiven Spielern positiv besetzt, deshalb flacht der Startle-Reflex ab", so Sabine Grüsser. "Zusammenfassend kann man sagen, dass die EEG- und EMG-Muster von exzessiven Computerspielern und Alkohol- oder Cannabissüchtigen vergleichbar sind. Das Belohnungssystem wird aktiviert und die positiven Erfahrungen in einem Suchtgedächtnis im Hirn gespeichert."

    Die Forschergruppe um Sabine Grüsser hat in einer weiteren Studie, die ebenfalls in Kooperation mit dem Internet-Portal "Krawall Gaming Network GmbH" durchgeführt wurde, über 7000 Computerspieler zu ihrem Spielverhalten befragt und Daten zu Agression und Gewalteinstellungen erhoben. Fazit: Insgesamt 11,9 Prozent der Computerspieler zeigen ein süchtiges Spielverhalten. Sabine Grüsser: "Wir fanden aber keinen Hinweis, dass exzessives Computerspielen besonders aggressiv macht."

    Kontakt: Dr. Sabine Grüsser, Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe Berlin, Institut für Medizinische Psychologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Telefon: 030 - 450 529525, www.verhaltenssucht.de, www.isfb.org, www.krawall.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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