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02.12.2005 10:46

Ungebremste Zerstörung im Nervensystem

Dr. Annette Tuffs Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Heidelberg

    Studie der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg: Bei Patienten mit Multipler Sklerose sind bestimmte Immunzellen weniger aktiv / Neuer Ansatz für Therapie?

    Patienten mit Multipler Sklerose (MS) weisen in ihrem Blut Immunzellen auf, die weniger aktiv sind und zum Teil ihre Funktionen eingebüßt haben. Diese so genannten regulatorischen T-Zellen haben eine Schlüsselfunktion bei der Entstehung der MS: Sie halten die Selbstzerstörung des Nervensystems durch Autoimmunreaktionen in Schach. Damit ist möglicherweise ein neuer viel versprechender Ansatzpunkt für innovative Therapien gefunden worden.

    Die Ergebnisse einer klinischen Studie haben Professor Dr. Brigitte Wildemann, Leiterin der Sektion Molekulare Neuroimmunologie an der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg (Abteilung Neurologie und Poliklinik, Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Werner Hacke), und ihr Team gemeinsam mit Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg und des Instituts für Immunologie der Universität München (LMU), in der Fachzeitschrift "European Journal of Immunology" veröffentlicht.

    Gestörte Immunabwehr greift die Isolierschicht der Nervenzellen an

    An einer Multiplen Sklerose leiden in Deutschland ca. 80.000 Patienten. Die Erkrankung beginnt oft im frühen Erwachsenenalter; Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die MS ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems und gehört zu den Autoimmunerkrankungen: Die gestörte Immunabwehr des Körpers greift gesundes Nervengewebe an und zerstört die schützenden Zellhüllen um die Nervenfasern.

    Häufig haben MS-Patienten zunächst nur diskrete Empfindungsstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle. Später kommt es in und zwischen Krankheitsschüben zu schwerwiegenden Ausfällen in Gehirn und Nervensystem. Der Mechanismus der Erkrankung ist nicht bekannt. Medikamente können bislang nur die Entzündung und die Schübe dämpfen.

    "In den letzen Jahren sind die regulatorischen T-Zellen vermehrt in das Interesse der Erforschung von Autoimmunerkrankungen wie der Multiplen Sklerose gerückt" erläutert Professor Wildemann. Sie besitzen die Fähigkeit, Abwehrzellen, die körpereigene Strukturen angreifen, zu hemmen und sorgen so dafür, dass das Immunsystem im Gleichgewicht bleibt. Ist ihre Funktion gestört, kommt es zu Überreaktionen und gesundes Gewebe wird zerstört.

    Proteinabbau in der Isolierschicht der Nervenfasern durch defekte T-Zellen

    In der neuroimmunologischen Sprechstunde der Heidelberger Neurologischen Klinik werden MS-Patienten regelmäßig betreut. Die Wissenschaftler nahmen Blutproben von 73 MS-Patienten in einem frühen Krankheitsstadium sowie von der gleichen Zahl gesunder Personen. Beide Gruppen unterschieden sich nicht in der Anzahl regulatorischer T-Zellen, jedoch erwiesen sich die Zellen bei MS-Patienten als weniger funktionstüchtig und aktiv.

    Dies hat zur Folge, dass andere Abwehrzellen, die gesunde Strukturen attackieren, nicht oder nur eingeschränkt gestoppt werden. Erstmals konnten die Forscher zudem nachweisen, dass aufgrund des Defekts der regulatorischen T-Zellen auch die Immunantwort gegen einen Proteinbestandteil der Nervenschutzhüllen (myelin oligodendrocyte glycoprotein) gestört ist.

    Neue Therapie durch "Reparatur" der T-Zellen

    "Die Befunde sind daher möglicherweise von großer Bedeutung für die Entstehung der Multiplen Sklerose", erklärt Prof. Wildemann. In weiteren Untersuchungen möchte sie nun den Entwicklungsprozess regulatorischer T-Zellen analysieren und klären, warum ihre Aktivität bei MS vermindert ist. Daraus könnte sich ein Behandlungsansatz ergeben: Gelingt es die Funktion der Zellen wiederherzustellen, könnte dies auch die Erkrankung günstig beeinflussen. Dies könnte durch gezielte pharmakologische Beeinflussung erreicht werden.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Brigitte Wildemann
    Telefon 06221 / 56 4731
    E-Mail: brigitte.wildemann@med.uni-heidelberg.de

    Prof. Dr. Werner Hacke
    Telefon 06221 / 56 8211 (Sekretariat)
    E-Mail: werner.hacke@med.uni-heidelberg.de

    Sektion Molekulare Neuroimmunologie im Internet
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/index.php?id=8645

    Literatur:
    J. Haas, A. Hug, A. Viehöver, B. Fritzsching, C. S. Falk, A. Filser, T. Vetter, L. Milkova, M. Korporal, B. Fritz, B. Storch-Hagenlocher, P. H. Krammer, E. Suri-Payer and B. Wildemann: Reduced suppressive effect of CD4+CD25high regulatory T cells on the T cell immune response against myelin oligodendrocyte glycoprotein in patients with multiple sclerosis. Eur J Immun 2005 Nov; 35:3343-3352

    (Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)

    Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
    http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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