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28.02.2006 17:03

Den gesellschaftlichen Umbruch in Deutschland erfassen - Bauarbeiten an einer flexiblen Berichtsform

Frank Seiß Öffentlichkeitsarbeit: ISF München
Forschungsverbund Berichterstattung zur sozio-ökonomischen Entwicklung in Deutschland: Arbeit und Lebensweisen - soeb.de

    Interdisziplinäres Werkstattgespräch des Forschungsverbunds Sozioökonomische Berichterstattung

    Unsere Gesellschaft ist in einem schnellen Wandel begriffen, dessen Richtung und Ziel noch gar nicht abzusehen sind. Globalisierung, Informatisierung, Dienstleistungsgesellschaft, Flexibilisierung, Individualisierung, Patchworkfamilie, Wertewandel sind gängige Stichworte, die aber jeweils nur einen isolierten Aspekt ansprechen. Wie aber kann man die Zusammenhänge zwischen den "großen Trends" und den Erfahrungen und Handlungsweisen der Menschen in ihrem permanenten Wandel erfassen, beschreiben und in eine regelmäßige Berichtsform gießen? An dem ehrgeizigen Ziel, über diese Zusammenhänge gesichertes Wissen zur Verfügung zu stellen und damit Grundlagen für eine politische Gestaltung des Wandels zu schaffen, arbeitet der Forschungsverbund Sozioökonomische Berichterstattung. Seiner Einladung zu kollegialer Beratung bei einem Werkstattgespräch in der Göttinger Paulinerkirche sind nun zahlreiche Experten aus der Wirtschafts- und Sozialstatistik, der Arbeits-, Armuts-, Ungleichheits-, Gender-, Nachhaltigkeits- und Alltagsforschung gefolgt.

    "Deutschland im Modell", so lautete der Titel des ersten Werkstattgesprächs des Forschungsverbundes "Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung Deutschlands - Arbeit und Lebensweisen", das am 22./23. Februar 2006 in der Göttinger Paulinerkirche stattfand. Der Verbund wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms "Bessere Daten für eine bessere Politik" gefördert. Das Soziologische Forschungsinstitut (SOFI Göttingen) koordiniert den Verbund (Projektleiter ist Dr. Peter Bartelheimer); beteiligt sind außerdem das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF München), das Internationale Institut für Empirische Sozialökonomie (INIFES Stadtbergen) und das Thünen-Institut für Regionalentwicklung. Im Jahre 2005 hat der Verbund nach mehrjähriger Arbeit bereits einen über 600-seitigen Ersten Bericht vorgelegt, der im VS Verlag für Sozialwissenschaften als Buch mit Daten-CD erschienen ist. Nun hat die Arbeit am Zweiten Bericht begonnen, der für 2008 vorgesehen ist. In einer Serie von Werkstattgesprächen werden zunächst die Konzepte und Ergebnisse des Verbundes vorgestellt und mit Experten aus Wissenschaft und Politik diskutiert, um deren Anregungen für die Fortsetzung der Berichterstattung nutzen zu können.

    Die Einladung zur kollegialen Beratung nahmen ca. 45 WissenschaftlerInnen verschiedener Disziplinen an. So kam es zu einer Art "Gipfeltreffen" der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Berichtsansätze, u.a. waren das Statistische Bundesamt, das Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA Mannheim), das Deutsche Jugendinstitut, Autorinnen des FrauenDatenReports des WSI und des Datenreports zur Gleichstellung von Männern und Frauen unter den Referenten vertreten. Dazu kamen Beiträge von Politologen, Nachhaltigkeitsforschern, Armuts-, Gender- und Ungleichheitsforschern sowie Experten aus der Forschung zu Lebenslagen und alltäglicher Lebensführung.

    Das Vorhaben des Forschungsverbunds, gerade die schwer zu fassenden Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, zwischen "großen" Trends und den Erfahrungen und Handlungsweisen der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, fand allgemeine Anerkennung und konstruktive Kritik, vor allem in Form von Anregungen für die weitere Arbeit. Ganz unterschiedliche Forschungsdisziplinen konnten aus der Sozioökonomischen Berichterstattung etwas "mitnehmen" für ihre eigenen Themen.

    Als besonders produktiv für die Aufgabe der Berichterstattung erwies sich in der Diskussion das Konzept der Teilhabe: Wie weit sind Menschen wirklich in der Lage, selbst aktiv an der gesellschaftlichen Entwicklung teilzunehmen? Relativ gut erforscht ist bereits, welche Voraussetzungen und Ressourcen die einzelnen Bevölkerungsgruppen "mitbringen" (Geld, Bildung, rechtlicher Status usw.). Ob und wie weit sie daraus aber tatsächlich etwas machen können und wovon das abhängt, wird für einen integrierten sozioökonomischen Berichtsansatz künftig noch mehr als früher eine zentrale Frage sein. Man kann darin einen Prüfstein für "aktive" und "aktivierende" Politik sehen, beispielsweise in der Sozial-, Arbeitsmarkt-, Gleichstellungs- oder Migrationspolitik: Ist sie geeignet, aktive Teilhabe zu fördern und die Menschen auf diese Weise "mitzunehmen", oder resultiert sie eher in Gängelung und Ausgrenzung? Der Forschungsverbund unternimmt den Versuch, Kriterien und Indikatoren für die Beantwortung solcher Fragen bereitzustellen.

    Eine Besonderheit der sozioökonomischen Berichterstattung stand immer wieder im Zentrum der Diskussion: Sie versucht - über das Zusammenstellen und Verknüpfen möglichst informativer Datensätze hinaus - sozusagen die Geschichte des Modells Deutschland zu erzählen, genauer: verschiedene, teils disparate Geschichtsstränge zu verfolgen und dabei doch das gesellschaftliche Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Die Geschichten der Wirtschaftsentwicklung, der Arbeits- und Lebensweisen, der Institutionen und "Politiken", aber auch der Normen haben eine gewisse Eigenständigkeit und beziehen sich gleichzeitig wechselseitig aufeinander. Diesen komplexen Prozess möchte der Forschungsverbund "berichtsfähig" machen - und das geht nicht ohne Deutung und Bewertung. Ein solches Vorhaben stellt eine Ergänzung bestehender Berichts- und Forschungsansätze dar, es ist nur in konstruktiver Zusammenarbeit mit ihnen möglich. Das Werkstattgespräch hat Wege für eine solche Kooperation gewiesen.

    Das nächste Werkstattgespräch des Verbundes findet am 9./10. März, ebenfalls in der Göttinger Paulinerkirche statt; Thema ist "Regulierung im Umbruch - Umbruch der Regulierung?" Zielgruppe sind, wie bei allen Werkstattgesprächen der Serie, in erster Linie Wissenschaftler, Politik und Verbände; Anmeldung beim SOFI ist erforderlich. Informationen zu den Gesprächen (Flyer, Diskussionspapiere) sind auf den Webseiten der beteiligten Institute zugänglich. Die Buchveröffentlichung des Ersten Berichts wird vom Verlag unter http://www.vs-verlag.de/index.php;do=show/site=w/book_id=6449/sid=72098302044042... vorgestellt.

    Rückfragen können Sie jederzeit an den Pressesprecher des Verbunds richten:
    Frank Seiß, Fon 089/272921-78, Fax 089/272921-60, frank.seiss@isf-muenchen.de. Auch Interviews mit den beteiligten Wissenschaftlern sind möglich.


    Weitere Informationen:

    http://www.soeb.de - Internetpräsenz des Verbundes (im Aufbau)
    http://www.bmbf.de/de/4700.php - Projektbeschreibung des Ministeriums
    http://www.isf-muenchen.de/pdf/soebdeWerkstattgespraeche.pdf
    http://www.sofi-goettingen.de/frames/projekte/pliste1.htm
    http://www.isf-muenchen.de/projekte.htm
    http://www.inifes.de/projekte.htm
    http://www.thuenen-institut.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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