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18.11.1999 10:48

Was kostet das örtliche Stromnetz? BGH fällt Grundsatzurteil zu Gunsten kaufwilliger Kommunen

Ilka Buchmann Öffentlichkeit und Kommunikation
Öko-Institut e. V. - Institut für angewandte Ökologie

    Nach Jahren nähert sich ein Grundsatzstreit der Strombranche durch ein höchstrichterliches Urteil seinem Ende. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte sich gestern auf die Seite der Kommunen und untersagte überhöhte Preisforderungen für den (Rück-) Kauf des örtlichen Stromnetzes. Die oberbayerische Gemeinde Kaufering hatte 1995 Musterklage gegen ihren bisherigen Stromversorger Lech-Elektrizitätswerke (LEW) eingereicht. LEW ist eine Tochter des RWE-Konzerns. Streitpunkt ist der Wert des örtlichen Stromnetzes, das die Gemeinde von der LEW zurückkaufen will, um die Stromversorgung in die eigenen Hände zu nehmen.

    "Rekommunalisierung der Energieversorgung", das war über viele Jahre hinweg ein strategisches Ziel dezentral gestalteter ökologisch und ökonomisch orientierter Energiepolitik: Ökonomisch, weil eine Kommune dumm war, das lukrative und bislang staatlich genehmigte Monopol der Stromversorgung einem fremden Unternehmen zu überlassen. Ökologisch, weil vor Ort die Chancen und Möglichkeiten für eine dezentral und effizient, klima- und umweltverträglich gestaltete Energieversorgung beträchtlich besser waren, als wenn dies einem überregionalen Energieversorger überlassen blieb, der vor allem auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist.

    Energiepolitisch heikel, juristisch komplex

    Mit dem "Sachzeitwert" wurde vom bisherigen Netzeigentümer gefordert, dass quasi der Wert eines neu zu errichtenden Stromnetzes die Grundlage des Kaufpreises bildet (sog. Wiederbeschaffungswert). In erster und zweiter Instanz hatte Kaufering keinen Erfolg. Es bedurfte des höchsten Gerichts, um in diesem energiepolitisch heiklen (es geht um hohe Gewinne) und juristisch komplexen Streit ein Grundsatzurteil zu Gunsten der kaufwilligen Kommunen zu fällen und damit die hohe Zahl bisheriger Urteile juristisch zurechtzurücken. Vereinfacht formuliert bedeutet der Richterspruch, dass der Preis für das Stromnetz einen wirtschaftlichen Betrieb nach der Übernahme durch die Kommune nicht verhindern darf (Ertragswertansatz). Das genau wurde im Fall Kaufering von der Gemeinde gegen den überhöhten Sachzeitwert ins Feld geführt. Der BGH hat nun das Urteil der zweiten Instanz aufgehoben und das Verfahren an dieses Gericht (OLG München) zurückverwiesen, um auf Basis erneuter Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Netzübernahme das konkrete Kaufpreislimit festzulegen.
    Wegweisendes Urteil

    Dies ist nach vielen verlorenen Auseinandersetzungen gegen die etablierten und mächtigen Energieversorger ein wegweisendes Urteil - auch wenn im Rahmen der vor eineinhalb Jahren beschlossenen Liberalisierung des Strommarktes so manches anders geworden und völlig neu zu bewerten ist. Ob oder unter welchen Bedingungen es sich heute oder zukünftig tatsächlich lohnt, das örtliche Stromnetz zurückzukaufen, muss unter den neuen energiewirtschaftlichen und energiepolitischen Rahmenbedingungen im Einzelfall sorgfältig geprüft werden.
    In jedem Fall bleibt ein Lichtblick - die Freude darüber, dass der Macht der großen Energiekonzerne manchmal Grenzen gesetzt werden.
    Das Öko-Institut e.V. hat zusammen mit dem Büro BET aus Aachen die Gemeinde Kaufering zur Ökologisierung und zur Kommunalisierung ihrer Energieversorgung beraten.

    Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
    Öko-Institut e.V., Dr. Wolfgang Roos, Tel. 0761/45 2 95 - 30


    Weitere Informationen:

    http://www.oeko.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Elektrotechnik, Energie, Meer / Klima, Politik, Recht, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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