Für Forscher in aller Welt ist das Wissenschaftskolleg zu Berlin ein Paradies: Besonders herausragende und viel versprechende Gelehrte erhalten hier Gelegenheit, für ein Jahr frei von den Verpflichtungen und Ablenkungen des universitären Alltags und im Austausch mit anderen hervorragenden Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen ein Forschungsvorhaben voranzutreiben oder zu vollenden. Zu den 41 "Fellows", die für das akademische Jahr 2006/2007 in das Wissenschaftskolleg Berlin eingeladen wurden, gehört der Arabist und Islamwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Bauer von der Westfälischen Wilhelms-Universität.
Prof. Bauer, der in Münster seit dem Jahr 2000 Direktor des Instituts für Arabistik und Islamwissenschaft ist, wird am Wissenschaftskolleg ein Forschungsprojekt über die Kultur der Mehrdeutigkeit (Ambiguität) betreiben. Die vormoderne arabisch-islamische Kultur vom achten bis 19. Jahrhundert zeichnet sich nach Ansicht des Arabisten gegenüber dem Abendland durch eine weit größere Toleranz gegenüber Mehrdeutigkeiten (Ambiguitätstoleranz) aus. Dies zeige sich in vielen Bereichen der islamischen Wissenschaften, etwa in Korantexten, im islamischen Recht oder in der Rhetorik, aber auch in der Mentalität der Menschen und in den sozialen Verhältnissen. Prof. Bauer nennt in diesem Zusammenhang die Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten, die Wahrnehmung von Fremdheit und eine hohe soziale Mobilität.
Bezeichnend ist für den künftigen Fellow des Berliner Wissenschaftskollegs das weitgehend konfliktfreie Nebeneinander religiöser und säkularer Diskurse in der klassischen islamischen Kultur, die in auffälligem Kontrast zur heute verkündeten Untrennbarkeit zwischen Islam und weltlicher Sphäre stehe. Bauer: "Unter diesen spezifischen Voraussetzungen blieben dem Islam viele Krisen des Abendlandes erspart, doch liegt hierin auch eine wichtige Ursache für die aktuellen Konflikte zwischen Islam und westlicher Moderne".
Der Zusammenstoß des Islam mit einer Kultur, die eine solche Toleranz gegenüber Mehrdeutigkeiten kaum kannte und tendenziell ablehnte, habe zu einer Neuformulierung der Grundlagen des Islam in Form von Ideologien geführt, die sich sowohl in ihrer liberalen prowestlichen Ausprägung als auch in ihrer aggressiven islamistischen Variante gleichermaßen durch die
weitgehende Ablehnung der eigenen kulturellen Tradition auszeichnen.
Von der intensiven und ungestörten Forschungsarbeit im Wissenschaftskolleg zu Berlin verspricht sich Prof. Bauer nicht nur Einsichten in andere Kulturen, sondern auch "ein besseres Verständnis der eigenen kulturellen Grundlagen, deren Relativität anders als kulturvergleichend nicht erkannt werden kann".
http://www.uni-muenster.de/ArabistikIslam/
Prof. Dr. Thomas Bauer forscht ein Jahr lang als Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin über die "K ...
Foto: upm/Grewer
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kunst / Design, Musik / Theater, Politik, Recht, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsprojekte, Personalia
Deutsch
Prof. Dr. Thomas Bauer forscht ein Jahr lang als Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin über die "K ...
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