NGFN-Forscher finden Gendefekt, der Epilepsie auslösen kann
Milliarden von Nervenzellen sind im Gehirn genau aufeinander abgestimmt. Bei Menschen mit Epilepsien ist dieses Zusammenspiel zeitweilig gestört. Die Nervenzellen werden zu stark erregt, so dass es zu einer gleichzeitigen elektrischen Entladung vieler Nervenzellen kommt. Wissenschaftler des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) fanden jetzt eine Genvariante, die eine bestimmte Form der Epilepsie auslöst, die besonders Kinder betrifft. Die Genvariante führt dazu, dass ein wichtiges Kontrollelement für den Erregungszustand der Nervenzellen im Gehirn, der so genannte GABA-Rezeptor, zerstört ist. Der Verlust kann bei den Betroffenen eine bestimmte Form der Epilepsie auslösen. Die Erkrankung ist eines der häufigsten Leiden des Zentralnervensystems. Über 800.000 Menschen sind in Deutschland betroffen.
Auf der Suche nach den Genen, die Epilepsien hervorrufen, beschäftigt sich das Team um die beiden Wissenschaftler Privatdozent Dr. Armin Heils (Bonn) und Prof. Dr. Holger Lerche (Ulm) in Kooperation mit Privatdozent Dr. Kaus Krampfl (Hannover) bereits seit längerem intensiv mit den GABA-Rezeptoren. Sie sind in Gehirn und Rückenmark weit verbreitet und kontrollieren unter anderem Bewegungsabläufe und den Schlaf. Der GABA-Rezeptor befindet sich in der Hülle von Nervenzellen und dient als Andockstation für bestimmte Botenstoffe. Bindet ein bestimmter Signalstoff an einen GABA-Rezeptor, so wird dadurch ein Mechanismus ausgelöst, der die elektrische Entladung von Nervenzellen hemmt. "Dieser Kontrollmechanismus wird durch die gefundene Genvariante außer Kraft gesetzt. Die Nervenzellen sind enthemmt beziehungsweise übererregt und ein epileptischer Anfall kann entstehen", erläutert Heils.
Vieles spricht dafür, dass der Verlust dieser negativen Kontrolle ein zentraler Mechanismus für die Entstehung von Epilepsien sein könnte. Bereits vor drei Jahren entschlüsselten die NGFN-Wissenschaftler einen Defekt in einem Ionenkanal als genetische Ursache mehrerer Epilepsieformen. Dieser Ionenkanal ist an der Hemmung der Nervenzellen durch den GABA-Rezeptor maßgeblich beteiligt. Trotz dieser Erfolge gibt es für die Epilepsie-Forscher noch viel zu tun: "Wir stehen erst am Anfang, die genetischen Ursachen zu entschlüsseln und finden bisher nur in seltenen Fällen tatsächlich Mutationen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sehr viele Genorte bei der Entstehung dieser Nervenerkrankung eine Rolle spielen. Die Veränderung im Gen des GABA-Rezeptors haben wir nur bei einem von hundert Epilepsie-Patienten als Auslöser der Erkrankung gefunden", erläutert Lerche. "Daher ist es wichtig, dass wir die noch unbekannten Varianten der Epilepsie-Krankheitsgene aufspüren", ergänzt Heils. "Nur wenn wir wissen, welche genetischen Defekte für eine bestimmte Epilepsie-Form verantwortlich sind, wird es eines Tages vielleicht möglich sein, den Epilepsie-Patienten mit einer maßgeschneiderten Therapie zu helfen."
Für weitere Informationen:
PD Dr. med Armin Heils
Universitätsklinikum Bonn
Tel.: 0228 2871-9366
Fax: 0228 2871-1560
E-Mail: armin.heils@ukb.uni-bonn.de
Prof. Dr. med. Holger Lerche
Universitätsklinikum Ulm
Tel.: 0731 177-5203
Fax: 0731 177-1202
E-Mail: holger.lerche@uni-ulm.de
Projektmanagemnet NGFN Projektträger im DLR
Tel.: 0228 3821-337
Fax: 0228 3821-332
E-Mail: pm-ngfn@dlr.de
oder im Internet: http://www.ngfn.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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