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14.09.2006 17:09

Tumortherapie mit Angiogenese-Hemmern zeigt Wirkung

Philipp Kressirer Kommunikation und Medien
Klinikum der Universität München

    Zunächst galt sie als Wunderwaffe gegen den Krebs. "Das ist die "Anti-Angiogenese" heute sicher noch nicht", erklärt Privatdozentin Dr. Christiane J. Bruns, Oberärztin der Chirurgischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums München (LMU) - Großhadern. Allerdings hat sich die anti-angiognetische Therapie inzwischen in der Behandlung von Tumoren neben der chirurgischen Operation, der Chemo- und Strahlentherapie als weitere Option bewährt. Sie kann zwar den Krebs nicht vollständig besiegen, aber das Leben vieler Patienten kann bei vertretbaren Nebenwirkungen verlängert werden. Wächst ein Tumor über eine Größe von einigen Millimetern hinaus, reichen ihm die Nährstoffe aus den Blutgefäßen des umgebenden Gewebes nicht mehr aus. Um nicht zu verhungern, produziert die Geschwulst Signalstoffe, die neue Blutgefäße zur Versorgung wachsen lassen. Diese Blutgefäß-Neubildung wird im Fachjargon "Angiogenese" genannt. Somit wieder besser an den Blutkreislauf angeschlossen, kann sich der Krebs ausreichend ernähren, ungehindert weiter wuchern und schneller in andere Organe streuen. Mit maßgeschneiderten anti-angiogenetischen Medikamenten blockieren Mediziner die beteiligten Signalstoffe oder zerstören die neu gebildeten Blutgefäße direkt, mit dem Ziel den Tumor auszuhungern.

    Vor kurzem hat die Europäische Arzneimittelbehörde mit "Sutent" nach "Avastin" einen weiteren "Angiogenese-Hemmer" zugelassen. Doch die Forschung geht weiter. Etliche neue Substanzen gegen verschiedene Signalstoffe der Angiogenese werden derzeit in klinischen und vorklinischen Studien getestet. Unter anderem kombinieren Angiogenese-Forscher die anti-angiogenetische Therapie mit einer neuen Form der Chemotherapie, bei der "klassische" tumortötende Medikamente in niedrigen Dosen über längere Zeit fast täglich verabreicht werden - mit bislang viel versprechenden Ergebnissen vor allem bei fortgeschrittenem Brust- und Hautkrebs. Offenkundig ist diese Art der Chemotherapie besser verträglich als bisherige Formen.

    Die optimale anti-angiogenetische Behandlung hängt von individuellen Faktoren der Patienten und des einzelnen Tumors ab - und davon, welche Signalstoffe gehemmt werden. Schon kleine genetisch bedingte Variationen der Signalstoffe schmälern offenbar den Erfolg der Therapie. Zudem zeichnet sich erstmals ab, dass ein übermäßig ausgeschütteter Botenstoff des Immunsystems namens Interleukin-8 Krebszellen resistent gegen Avastin macht. Ein ICAM genanntes Molekül oder bestimmte, im Blut zirkulierende Zellen können hingegen darauf hinweisen, welche Patienten sehr wahrscheinlich von einer Behandlung mit Angiogenese-Hemmern profitieren und welche nicht.
    Ein weiteres Betätigungsfeld finden die Angiogenese-Forscher seit kurzem in der Untersuchung von Lymphgefäßen. Ihnen kommt eine Schlüsselrolle in der Streuung von Tumorzellen in Lymphknoten und andere Organe zu (Metastasierung). Eine Hemmung der sog. "Lymphangiogenese", also der Neu-bildung von Lymphgefäßen, scheint hier ein weiterer viel versprechender Therapieansatz für verschiedene Tumore zu sein.
    Angiogenese und Lymphangiogenese spielen in der Organtransplatation eine besondere Rolle. Transplantationspatienten müssen lebenslang Medikamente einnehmen, die die Abstoßung des körperfrem-den Organs verhindern, indem sie das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppresiva). Allerdings steigt damit die Krebsgefahr. Jetzt stehen erstmals Medikamente zur Verfügung, die gleichzeitig als Angiogenese-Hemmer und als Immunsuppresiva wirken. Damit könnte zukünftig das Risiko sinken, nach einer Transplantation an einem Tumor zu erkranken.

    Zum internationalen und interdisziplinären Erfahrungsaustausch der Angiogenese-Forscher wurde erstmals im Herbst 2004 durch Mitarbeiter der Chirurgischen Klinik des Klinikums der Universität München - Großhadern (Arbeitsgruppe Frau Dr. Bruns, Dr. Kleespies, Dr. Guba, Dr. Seeliger, Prof. Jauch) die Europäische Konferenz für Tumorangiogenese und anti-angiogenetische Therapie (ECTA) ins Leben gerufen. Im Nymphenburger Schloss trafen sich die weltweiten Spitzenforscher der "Anti-Angiogenese" zu einer dreitägigen Klausurtagung. Das Interesse und Echo der medizinischen und wissenschaftlichen Fachwelt war herausragend. Anlässlich der diesjährigen zweiten ECTA Tagung in München werden erneut weltweit anerkannte Experten die neuesten Forschungsergebnisse aus der Medikamentenentwicklung, der klinischen Erprobung und der klinischen Praxis präsentieren und für Fragen zur Verfügung stehen.


    Ansprechpartner:

    PD Dr. Christiane Bruns
    (Tagungspräsidentin, ECTA)
    Dr. Axel Kleespies
    (Tagungssekretär, ECTA)

    Chirurgische Klinik und Poliklinik
    Klinikum der Universität München-Großhadern
    Marchioninistraße 15
    Tel: 089/7095-0
    Fax: 089/7095-6505
    E-Mail:
    christiane.bruns@med.uni-muenchen.de
    axel.kleespies@med.uni-muenchen.de

    Klinikum der Universität München
    Im Klinikum der Universität München werden an den Standorten Großhadern und Innenstadt jährlich rund 85.000 Patienten stationär und 371.000 Patienten ambulant behandelt. Die 44 Fachkliniken, Institute und Abteilungen verfügen über etwa 2.400 Betten. Von insgesamt 9000 Beschäftigten sind rund 1800 Mediziner. Jährlich finden zahlreiche medizinische und wissenschaftliche Kongresse und Tagungen, sowie Kurse und Informationsveranstaltungen für Patienten statt. Das Klinikum der Universität München zählt zu den größten Gesundheitseinrichtungen in Deutschland und hat im Jahr 2004 mehr als 52 Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben. Seit 1. Juni 2006 ist das Klinikum der Universität München eine Anstalt des öffentlichen Rechts.


    Weitere Informationen:

    http://www.klinikum.uni-muenchen.de
    http://www.angiogenesis2006.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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