Entgegen bisheriger Annahmen können auch schwache Schmerzreize im Rückenmark die Empfindlichkeit von Nervenzellen auf Dauer erhöhen - eine Schmerzüberempfindlichkeit (Hyperalgesie) und chronische Schmerzen sind die Folge. Für diese Entdeckung wurde ein Forscherteam um Prof. Dr. Jürgen Sandkühler (Abteilung für Neurophysiologie, Medizinische Universität Wien) beim Deutschen Schmerzkongress 2006 in Berlin mit dem mit 7000 Euro dotierten ersten Preis der Kategorie Grundlagenforschung des Förderpreises für Schmerzforschung ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich vergeben von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. Stifterin ist die Grünenthal GmbH (Aachen).
Berlin, Deutscher Schmerzkongress, 12. Oktober 2006
Auch schwacher Schmerz geht "auf die Nerven"
Förderpreis für Schmerzforschung an Wiener Forscherteam
Entgegen bisheriger Annahmen können auch schwache Schmerzreize im Rückenmark die Empfindlichkeit von Nervenzellen auf Dauer erhöhen - eine Schmerzüberempfindlichkeit (Hyperalgesie) und chronische Schmerzen sind die Folge. Für diese Entdeckung wurde ein Forscherteam um Prof. Dr. Jürgen Sandkühler (Abteilung für Neurophysiologie, Medizinische Universität Wien) beim Deutschen Schmerzkongress 2006 in Berlin mit dem mit 7000 Euro dotierten ersten Preis der Kategorie Grundlagenforschung des Förderpreises für Schmerzforschung ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich vergeben von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. Stifterin ist die Grünenthal GmbH (Aachen).
Schmerz steigert die Schmerzempfindung
Das Phänomen der Schmerzverstärkung sorgt bei lang anhaltenden Schmerzreizen für ständige Veränderungen an jenen Nervenzellen, die für die Weiterleitung des Schmerzsignals verantwortlich sind. So wird durch den Schmerz die Schmerzempfindung gesteigert und kann sogar dann andauern, wenn das eigentliche Schmerzsignal schon lange abgeklungen ist - der Schmerz wird chronisch.
Auch schwache Reize prägen sich ein
Diese Schmerzverstärkung ist zwar sowohl für schwache wie auch für starke Schmerzen bekannt - das Erklärungsmodell, wie dieses Phänomen entsteht, beruht aber ausschließlich auf Untersuchungen mit starken Schmerzreizen. Tatsächlich verursachen schwache Schmerzen nicht all jene neuronalen Vorgänge, die das bisherige Erklärungsmodell für die Schmerzverstärkung fordert. Der Arbeitsgruppe von Prof. Jürgen Sandkühler gelang es nun, die Schmerzverstärkung auch bei schwachen Schmerzen zu erklären. "Wir konnten in einem kontrollierten Laborsystem zeigen, dass die Verstärkung selbst dann auftritt, wenn der Schmerz ganz schwach ist", erklärt Prof. Sandkühler. "Tatsächlich haben wir elektrische Reize verwendet, die 50-mal schwächer waren als jene die bisher angewendet wurden, um eine Verstärkung zu provozieren. Solche schwachen Schmerzsignale sind charakteristisch bei der Wundheilung und Entzündungen." Außerdem konnte Prof. Sandkühler die Zellen identifizieren, die für diese bisher unbekannte Verstärkung verantwortlich sind. Diese Zellen liegen in der als Lamina I bezeichneten Schicht im Hinterhorn des Rückenmarks und sorgen dafür, dass die Signale der peripheren Schmerzfasern auf die zum Gehirn führenden Nervenbahnen im Rückenmark übertragen werden.
Kalziumkonzentration in Nervenzellen spielt eine wichtige Rolle
Prof. Sandkühler und sein Team zeigten auch, welcher zelluläre Mechanismus für diese bisher unbekannte Verstärkung verantwortlich ist. Dazu versetzten sie Zellen mit Farbstoffen, die in Abhängigkeit der Konzentration von Kalzium-Ionen leuchten. So konnten sie zeigen, dass die Konzentration der Kalzium-Ionen in diesen Zellen der Lamina I auch in Reaktion auf schwache Schmerzreize sehr stark ansteigt. Kalzium-Ionen sind an einer Vielzahl zellulärer Signalübertragungen beteiligt. So auch in diesem Fall, wo die Kalzium-Ionen Proteine aktivieren, die der Weiterleitung des Schmerzreizes dienen. Die neuen Erkenntnisse haben grundlegende Bedeutung für die Schmerztherapie. "Möchte man eine Verstärkung nachhaltig vermeiden, dann reicht es nicht aus, Patienten zum Beispiel nach einer Operation für kurze Zeit mit Schmerzmitteln zu versorgen. Die Schmerztherapie muss so lange ohne Unterbrechung fortgeführt werden, bis der Schmerz weitgehend abgenommen hat", erklärt Prof. Sandkühler.
Ansprechpartner
Prof. Jürgen Sandkühler, Abt. für Neurophysiologie, Zentrum für Hirnforschung, Medizinische Universität Wien, Tel. +43 / 1 / 4277 - 62835, E-Mail: juergen.sandkuehler@meduniwien.ac.at
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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