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07.12.2006 15:12

Ohne Gips und Zeichenstift - Software beeindruckt Archäologen

Dipl.-Ing. Mario Steinebach Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Technische Universität Chemnitz

    Ohne Gips und Zeichenstift
    Chemnitzer Informatiker entwickelten eine Dokumentationssoftware, mit der archäologische Fundstücke für Publikationen schnell, günstig und mit hoher Qualität aufbereitet werden können

    Für Archäologen ist die Dokumentation von Funden sehr kostenintensiv und zeitaufwändig. Archäologische Fundstücke müssen per Hand abgezeichnet und rekonstruiert werden. Jedoch weichen die Zeichnungen auf Grund der verschiedenen Wahrnehmungen und Stile der Zeichner oft voneinander ab und sind schwer vergleichbar. Außerdem sind Tuschezeichnungen immer mit einem deutlichen Informationsverlust verbunden. Informatiker der TU Chemnitz haben sich unter der Leitung von Prof. Dr. Guido Brunnett dieses Problems angenommen. Sie entwickelten gemeinsam mit dem Landesamt für Archäologie Sachsen die Dokumentationssoftware "TroveSketch", was übertragen etwa "Fundzeichner" bedeutet. Die Archivierung und das Wiederauffinden von Objekten werden mit dieser computergestützten 3D-Dokumentation wesentlich beschleunigt. Außerdem wird die Einführung eines verbesserten Zeichenstandards ermöglicht.

    Fundstücke werden mithilfe von 3D-Laserscannern in Farbe digitalisiert, anschließend virtuell vermessen und in einer Datenbank abgelegt. Dabei wird für unser Auge das Objekt so real wie möglich dargestellt. Das Demonstrieren von Oberflächeneigenschaften, Bruchkanten und bei Bedarf auch von Farbinformationen ist ohne großen Zeitaufwand möglich. "Mit dem 3D-Scanner und TroveSketch können täglich bis zu 30 Objekte digitalisiert und für die Publikation aufbereitet werden, wo hingegen bei Tuschezeichnungen pro Objekt mehrere Stunden oder sogar Tage nötig sind", erklärt David Brunner von der Professur für Graphische Datenverarbeitung und Visualisierung der TU Chemnitz. Dieses neue Programm sei innerhalb kürzester Zeit auch von Fachfremden intuitiv bedienbar. Ganz im Gegensatz zum Zeichnen und Skizzieren, wo Erfahrung und Talent eine große Rolle spielen.

    Die Software kann mit leistungsstarken Algorithmen automatisch die Gefäße an der Standfläche und der Rotationsachse ausrichten. Zudem besteht die Möglichkeit zum manuellen Nachjustieren. Das konventionelle Vermessen mit Kreisscheibe und Lineal ist nun nicht mehr nötig. Die wichtigsten Gefäßmaße wie Höhe, Rand-, Boden- und größter Durchmesser werden von TroveSketch automatisch ermittelt. "Ähnlich wie eine Weltkarte den Globus im Zweidimensionalen abbildet, kann ein Gefäß virtuell abgerollt werden, so dass eine Komplettansicht möglich ist", berichtet Brunner. Diese Ansicht sei wichtig für die Darstellung komplexer Verzierungen und Muster, die das gesamte Gefäß umfassen. Da Farben bzw. Verschmutzungen für das Erkennen von Verzierungen, Einrissen, Brüchen usw. nachteilig sind, wird eine stilisierte Ansicht allein aufgrund der 3D-Informationen erzeugt, um die relevanten Objektmerkmale hervorzuheben. Auch die klassische Profildarstellung ist Teil des Funktionspakets der Software. Fehlende Abschnitte können somit leicht rekonstruiert werden. Der Datenexport erfolgt dann im EPS bzw. TIFF-Format, um eine Weiterverarbeitung mit kommerzieller Software zu ermöglichen.

    Bei archäologischen Ausgrabungen findet man oft nur Scherben oder unvollständiges Material. In den Restaurierungswerkstätten werden wichtige Fundstücke restauriert und gegebenenfalls rekonstruiert. Da die neue Dokumentationssoftware der Chemnitzer Informatiker vorrangig auf vollständig erhaltene bzw. wieder zusammengesetzte Funde spezialisiert ist, haben sie in einem weiteren Projekt eine Software zur Rekonstruktion von Gefäßen aus Scherbenmaterial entwickelt. Mit diesem so genannten "Vessel Reconstructor" ist es möglich, eine virtuelle Rekonstruktion zu erzeugen. "Dadurch ist der optische Eindruck des Gefäßes wesentlich besser und es kommt womöglich erst dadurch für eine Abbildung in einer Fachpublikation in Frage", erklärt Softwareentwickler Christian Hörr. Außerdem nehmen Scherben im Fundarchiv wesentlich weniger Platz in Anspruch als komplett restaurierte Gefäße", ergänzt Dr. Thomas Westphalen vom Landesamt für Archäologie Sachsen.

    Ende Oktober stellte die Projektgruppe der TU Chemnitz zusammen mit dem Landesamt für Archäologie Sachsen ihren Prototyp auf der Messe "denkmal 2006" in Leipzig vor und stieß dabei auf großes Interesse. Archäologen müssen sich aber noch mit der Publikation der neuen Softwarepakete bis Anfang des Jahres 2007 gedulden.

    Weitere Informationen zum TroveSketch-Projekt:

    Technische Universität Chemnitz
    Fakultät für Informatik
    Professur Graphische Datenverarbeitung und Visualisierung
    Prof. Dr. Guido Brunnett, Dipl.-Inf. David Brunner, Dipl.-Inf. Christian Hörr
    09107 Chemnitz
    E-Mail gdv@informatik.tu-chemnitz.de
    http://www.tu-chemnitz.de/informatik/GDV/
    Telefon (03 71) 5 31 - 31 533, - 31 487 oder - 35 618

    Landesamt für Archäologie Sachsen
    Dr. Thomas Westphalen
    Zur Wetterwarte 7
    01109 Dresden
    E-Mail info@archsax.smwk.sachsen.de
    http://www.archsax.sachsen.de
    Telefon (03 51) 89 26 - 600

    Wichtiger Hinweis für die Medien: Sie können über die Zentralbild GmbH, Telefon (030) 28 52 - 15 11, zwei weitere Fotos anfordern (Fotograf: dpa/Wolfgang Thieme, Funkbild-Nummer CHE-101-7.12.2006, Fotograf: dpa/Matthias Hiekel, Funkbild-Nummer DRE-101-7.12. 2006)


    Bilder

    Christian Hörr, Mitarbeiter der  Professur für Graphische Datenverarbeitung und Visualisierung der TU Chemnitz, stellt am Computer ein archäologisches Fundstück dreidimensional dar.
    Christian Hörr, Mitarbeiter der Professur für Graphische Datenverarbeitung und Visualisierung der T ...
    Foto: Mario Steinebach
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Informationstechnik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Christian Hörr, Mitarbeiter der Professur für Graphische Datenverarbeitung und Visualisierung der TU Chemnitz, stellt am Computer ein archäologisches Fundstück dreidimensional dar.


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