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08.12.2006 15:20

Meister der Verschlüsselung

Jörg Feuck Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    Auf einen Schlag weltweit Millionen von Festplatten löschen? Eine Horrorvision für Unternehmen und Volkswirtschaften. Damit der Alptraum nie wahr wird, forscht Kryptographie-Experte Johannes Buchmann von der TU Darmstadt an digitalen Signaturen. Jetzt erhält der "Meister der Verschlüsselung" den "Karl Heinz Beckurts-Preis".

    Johannes Buchmann gilt in seiner Zunft international als führend.
    Sein Spezialgebiet ist die Kryptographie, die Wissenschaft der
    Verschlüsselung von Informationen. Jetzt erhält der Darmstädter
    Informatikprofessor und Leibniz-Preisträger den mit 30.000 Euro
    dotierten "Karl Heinz Beckurts-Preis".

    Während sich in vergangen Jahrhunderten Kryptographen mit
    Geheimschriften, und später mit mathematischen
    Verschlüsselungsverfahren beschäftigten, die Kriege entscheiden
    konnten, und deren Entschlüsselung manchen politischen Führer vom
    Thron stieß, arbeitet Buchmann heute weniger sagenumwoben.
    Kryptographie ist aber mindestens genauso lebenswichtig wie damals.
    Heutzutage geht es vor allem um den Schutz digitaler Daten, von denen
    jeder Mensch im Alltag, aber auch ganze Volkswirtschaften immer stärker
    abhängig werden.

    Buchmann, seit 2001 auch Vizepräsident der TU Darmstadt, erforscht
    Möglichkeiten, solche Daten mit Hilfe von digitalen Signaturen zu
    sichern. Eine digitale Signatur ist ein Verfahren, bei dem aus
    beliebigen Daten - zum Beispiel einer Nachricht - eine Zahl
    berechnet wird, die die Urheberschaft der Daten für jeden
    nachprüfbar macht. Ein solches Verfahren beruht auf sehr komplexen,
    mathematischen Sachverhalten. Durch die Bedrohungen des digitalen
    Zeitalters entwickelte sich deshalb einer der theoretischsten Bereiche der
    Mathematik zur gefragten Disziplin: Die Zahlentheorie. "Während meines
    Studiums begann ich mich für die Zahlentheorie zu interessieren. Damals
    war das noch ein recht exotisches, wenig anwendungsbezogenes Feld", sagt
    Buchmann.

    Weltweit auf einen Schlag Millionen von Festplatten löschen

    Für das Internetzeitalter sind digitale Signaturen so wichtig wie die
    eigenhändige Unterschrift. Mehr noch, Johannes Buchmann ist sich sicher:
    Derjenige, der digitale Signaturen fälschen kann, ist in der Lage, auf
    einen Schlag Millionen von Festplatten zu löschen. Die Authentizität
    automatischer Updates von Betriebssystemen wie Windows XP oder Linux wird
    nämlich durch digitale Signaturen garantiert. Sind diese erst einmal
    geknackt, ist es möglich, den Computer von außen so zu manipulieren, dass
    er statt neuer Treiberversionen zu laden, schlicht den Befehl "Format C:"
    ausführt. "Es geht mir in meiner Arbeit nicht um Panikmache", betont
    Buchmann. "Die Signaturverfahren, die heute existieren, sind bereits
    extrem sicher. Aber wir brauchen dennoch neue Methoden, um auf ein
    wachsendes Sicherheitsrisiko bei steigender Abhängigkeit der Menschen von
    IT-Technik adäquat reagieren zu können."

    Sichere Verschlüsselung von der Forschung bis zur Anwendung

    Johannes Buchmann war schnell klar, dass es mit der Erforschung
    alternativer Signaturverfahren nicht getan ist. Werden
    Signaturverfahren unsicher, ist das ein "Supergau", der extreme
    Reaktionszeiten erfordert. Aus diesem Grund begann Buchmann das
    Projekt FlexiPKI. Unsichere Komponenten von Signaturverfahren können mit
    diesem Verfahren leicht ausgetauscht werden, ohne den laufenden Betrieb zu
    stören. 2003 führte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
    seine Software "FlexiTrust", die solch einen schnellen Austausch
    unterstützt, in Kooperation mit Buchmanns Start-Up FlexSecure GmbH,
    T-Systems und dem Deutschen Zentrum für Künstliche Intelligenz ein.
    Seitdem sichert sie alle qualifizierten Signaturen in Deutschland. Auch
    das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik verwendet
    "FlexiTrust" für die Zertifizierung des neuen deutschen Reisepasses. Auf
    einem Chip im Einband der Pässe wird künftig ein digitales Bild des
    Inhabers gespeichert. Das Bild wird durch eine elektronische Unterschrift
    vor Veränderungen geschützt.

    "Eigentlich wollte ich Lehrer werden"

    Lange bevor digitale Signaturen eine solch eminent praktische
    Bedeutung bekamen, beschäftigte sich Buchmann mit ihrer Sicherheit.
    Er erkannte, dass RSA, das wichtigste Signaturverfahren, keineswegs
    eine Garantie für Sicherheit ist. Eine einzige geniale mathematische Idee
    kann alle digitalen Signaturen dieser Welt unsicher machen. Diese wichtige
    Erkenntnis weckte Buchmanns wissenschaftliches Interesse. Seither dreht
    sich bei dem 53-jährigen alles um Erfindung, Erforschung und
    Implementierung alternativer Signatur-und Verschlüsselungsverfahren.
    "Eigentlich wollte ich einmal Lehrer werden. Aber das bin ich ja auch an
    der Universität", erzählt Buchmann. Der Informatikprofessor lockt
    mittlerweile Studenten aus der ganzen Welt nach Darmstadt. Sein
    Grundlagenwerk "Einführung in die Kryptographie" ist in viele Sprachen,
    zuletzt sogar in Farsi, übersetzt worden. Für seine Arbeiten zur
    algorithmischen Zahlentheorie und Kryptographie erhielt er 1993 den
    Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 2006
    wurde Buchmann in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
    gewählt. Der Kurt Beckurts-Preis, den er heute in der Münchener Residenz
    erhält, ist für ihn trotz vieler Ehrungen der Vergangenheit etwas
    besonders: "Der Preis zeigt: Aus meiner Wissenschaft wurde etwas wirklich
    Praktisches", sagt Buchmann.

    Die Karl Heinz Beckurts-Stiftung wurde 1987 von der heutigen Hermann von
    Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren gegründet, um den
    Forscher und Manager Karl Heinz Beckurts, der 1986 einem Terroranschlag
    zum Opfer gefallen ist, zu ehren und das Andenken an ihn wach zu halten.


    Weitere Informationen:

    http://www.cdc.informatik.tu-darmstadt.de/mitarbeiter/buchmann.html Homepage von Johannes Buchmann


    Bilder

    Hohe Auszeichnung für den "Meister der Verschlüsselung": Johannes Buchmann erhält Beckurts Preis
    Hohe Auszeichnung für den "Meister der Verschlüsselung": Johannes Buchmann erhält Beckurts Preis
    Foto: TU Darmstadt
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik, Mathematik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Physik / Astronomie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Personalia
    Deutsch


     

    Hohe Auszeichnung für den "Meister der Verschlüsselung": Johannes Buchmann erhält Beckurts Preis


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