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25.04.2007 09:54

Stammzellen: "Die Deutsche Haltung zeugt von Doppelmoral"

Frank Luerweg Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Erstmals seit 2001 befasst sich am 9. Mai der Bundestag wieder mit der Stammzellgesetzgebung. Im Ausland stoßen die restriktiven deutschen Bestimmungen derweil weitgehend auf Unverständnis: Die aktuelle Rechtslage behindere internationale Kooperationen und zeuge von Doppelmoral, so der Tenor auf einem Treffen europäischer Stammzellforscher am vergangenen Freitag in Berlin.

    Momentan dürfen Wissenschaftler in Deutschland nur an Stammzelllinien forschen, die vor dem 1. Januar 2002 hergestellt wurden. Diese Linien gelten heute aber weitgehend als unbrauchbar. Im europäischen Ausland gibt es die so genannte "Stichtagsregelung" daher nicht. Auf dem Workshop "Ethical aspects of stem cell research in Europe" am vergangenen Freitag in Berlin stieß die deutsche Gesetzeslage ebenfalls auf Unverständnis. Die Tagung wurde von den beiden europäischen Forschungsverbünden EuroStemCell und ESTools organisiert. Zu ihren Mitgliedern zählen auch die deutschen Stammzellforscher Professor Dr. Oliver Brüstle von der Universität Bonn und Professor Dr. Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster. Beide haben sich in der Vergangenheit mehrfach für eine Abschaffung der Stichtagsregelung ausgesprochen.

    "Deutschland darf sich nicht länger isolieren"

    Die momentane Gesetzeslage in Deutschland stelle eine Barriere dar, die einen freien Austausch der Ideen behindere, so eine Kritik der europäischen Partner. So sieht Professor Göran Hermerén von der Universität Lund deutlichen Harmonisierungsbedarf: "Stammzellforschung ist ein globales Thema. Deutschland darf sich nicht länger isolieren, sonst läuft es Gefahr, eine Generation aussichtsreicher Nachwuchswissenschaftler ins Ausland zu verlieren."

    Hermeréns Kollegin Professor Anne McLaren vom britischen Wellcome Trust Gurdon Institut in Cambridge hält die Stichtagregelung auch den Deutschen gegenüber für unfair: "Die augenblickliche Gesetzeslage nimmt deutschen Bürgern die Möglichkeit, an den Fortschritten zu partizipieren, die die Stammzellforschung bringen wird", erklärte sie. Aus ihrer Sicht sei die deutsche Haltung zudem nicht eindeutig: Schließlich erlaube man den Import von Zellen (wenn auch nur von solchen, die bis zu einem bestimmten Datum hergestellt wurden), halte ihre Herstellung aber für unmoralisch.

    Kritik an deutscher Doppelmoral

    Auch Professor Dr. Giuseppe Testa vom Europäischen Krebsforschungsinstitut in Mailand kritisierte die deutsche Doppelmoral. "Schon heute profitieren deutsche Gruppen maßgeblich von Ergebnissen, die im Ausland mit neuen Stammzelllinien erzielt wurden. Sollten in Zukunft neue diagnostische Möglichkeiten oder gar Therapien aus der Stammzellforschung erwachsen, werden sie über kurz oder lang auch in Deutschland zum Einsatz kommen. Falls nicht, riskiert man einen Therapie-Tourismus ins benachbarte Ausland, der das Gesetz zu einer hohlen Phrase verkommen lässt."

    Der Vorwurf, die Deutschen wollten sich in der Stammzellforschung nicht die Hände schmutzig machen, von den Ergebnissen aber sehr wohl profitieren, kommt nicht von ungefähr: Auch gegen die künstliche Befruchtung (IVF) habe es in Deutschland ursprünglich so große Bedenken gegeben, dass man die Entwicklung der Methode lieber dem Ausland überlassen habe. Inzwischen ist die IVF auch in Deutschland etabliert: Im Jahr 2005 unterzogen sich mehr als 10.000 Frauen hierzulande einer künstlichen Befruchtung.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Politik, Recht
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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