idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
27.04.2007 10:43

Die gefährliche Fusion von Tumor- und Stammzellen

Bernd Frye Pressestelle
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH

    US-amerikanische Krebsstiftung fördert Wittener Tumorimmunologen

    Chronische Entzündungen ziehen Stammzellen des Knochmarks magisch an. Bislang ist bekannt, dass sich diese Stammzellen, die in ihrer Multifunktionalität eigentlich als Retter in der Not zum Entzündungsherd gelangen, unter chronischen Bedingungen zu Krebszellen entwickeln können. Aus gut wird böse. Immer mehr Wissenschaftler vermuten darüber hinaus, dass aus Knochenmarks- und Gewebestammzellen auch so genannte Krebsstammzellen hervorgehen können, die besonders gefährlich sind, denn ihnen werden verschiedene, heilungshemmende Eigenschaften, wie z.B. die Resistenz gegenüber Chemotherapeutika zugesprochen.

    Juniorprofessor auf heißer Fährte
    Ein Forscherteam der Universität Witten/Herdecke (UWH) hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese noch weitestgehend unerforschten Prozesse zu entschlüsseln. Den Wissenschaftlern um Prof. Dr. Thomas Dittmar, Juniorprofessor für Tumorimmunologie am Institut für Immunologie an der biowissenschaftlichen Fakultät, ist es im Labor gelungen, Brustkrebszellen und Bruststammzellen zu fusionieren, d. h. die Verschmelzung dieser Zellen zu erzeugen. Mit diesem europaweit einzigartigen Forschungsergebnis verfügen die Wissenschaftler jetzt über die wichtigste Voraussetzung, um die Rolle von Stammzellen bei einer Krebserkrankung näher zu untersuchen. Doch das ist nicht die einzige positive Nachricht. Durch ihre Erfolge haben die Wittener Forscher jetzt die Aufmerksamkeit der US-amerikanischen Krebsforschungsgesellschaft National Cancer Center Foundation auf sich gezogen. In der Folge fließen nun Gelder aus den USA an die Wittener Universität. "Das deutsche Krebsforscher Geld der National Cancer Center Foundation bekommen, ist ungewöhnlich. Offensichtlich waren unsere Forschungsergebnisse überzeugend," kommentiert Prof. Dittmar diesen äußerst seltenen Vorgang.

    Kernfusion macht Krebs gefährlich
    Der untersuchte Prozess der Zellfusion ist bereits seit einigen Jahren in Expertenkreisen ein Thema. Der Begriff der "Krebsstammzelle" steht dabei im Fokus. Bei der Fusion einer Tumorzelle mit einer Stammzelle entsteht eine einzigartige Hybridzelle, die die jeweiligen spezifischen Eigenschaften der Tumorzelle und Stammzelle in sich vereinigt. Von Stammzellen ist bekannt, dass sie nahezu unsterblich und unempfindlich gegenüber Zellgiften sind, da sie über "Pumpensysteme" verfügen, die Gifte aktiv aus der Zelle befördern. Zu solchen Zellgiften gehören auch Chemotherapeutika. Diese unglückselige Verbindung schafft folglich eine besonders aggressive und schwer zu bekämpfende Krebszelle. Wie Zellfusionen zur Progression einer Krebserkrankung beitragen, werden die Wittener Forscher in den nächsten Jahren näher untersuchen. "Krebsstammzellen sind aus zweierlei Sicht interessant", erläutert Prof. Dr. Thomas Dittmar. "Zum einen handelt es sich hierbei um tumorinitiierende Zellen, d.h. aus ihnen erwächst ein Tumor und von daher sind sie sehr wahrscheinlich an der Metastasenbildung beteiligt. Zum anderen spielen Krebsstammzellen, da sie resistent gegenüber Chemotherapeutika sind, sehr wahrscheinlich eine große Rolle bei der Rezidivbildung, d.h. wenn der Krebs nach überstandener Therapie wieder auftaucht. Neue Ansätze in der Krebstherapie werden daher auf Krebsstammzellen abzielen, da hierdurch sowohl die Metastasen- und Rezidivbildung bekämpft werden."

    Schwerpunkt Brustkrebs
    Bereits nachweisen konnten die Wittener Wissenschaftler, dass Hybridzellen ein schnelleres Wachstum besitzen und ein anderes Wanderungsverhalten als die Elternzellen aufweisen. Darüber hinaus sind die verschiedenen Hybridzellen untereinander sehr unterschiedlich. "Im Körper passieren genau dieselben Prozesse, wie in unseren Kulturgefäßen", erläutert Prof. Dr. Thomas Dittmar. "Wir sind optimistisch, dass unsere Forschung wertvolle Erkenntnisse über den Einfluss von Stammzellen bei Krebserkrankungen beitragen wird." Die geförderten Studien sollen überwiegend an Brustkrebs durchgeführt werden. Dieser stellt nach wie vor die häufigste tödliche Krebserkrankung bei Frauen dar. Zudem steht mit der Frauenklinik der UWH und dem dort ansässigen Brustzentrum ein langjähriger, verlässlicher In-Haus-Partner zur Seite. Geplant sind weiterführende gemeinsame Studien, die im Interdisziplinären Zentrum für Biomedizinische Forschung (IZBF) der Universität Witten/Herdecke bearbeitet werden. Unter anderem sollen die an Fusionszellen gewonnen Erkenntnisse auf Brustkrebsstammzellen übertragen werden.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Thomas Dittmar, Juniorprofessur für Tumorimmunologie, Institut für Immunologie, Universität Witten/Herdecke. Tel: 02302 926-165, E-mail: thomasd@uni-wh.de


    Bilder




    None

    Fusionszellen unter dem Mikroskop. Die grün gefärbten Fusionszellen entstehen durch die Verschmelzung von Stamm- und Krebszellen. Daher enthält die Fusionszelle mehrere Zellkerne. Die blauen Zellkerne stammen von der Stammzelle, während die rot eingefärbten Zellkerne ursprünglich zur Krebszelle gehörten. Um diese Fotografien erstellen zu können, wurden die verschiedenen Zellbestandteile zuvor mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen eingefärbt.
    Fusionszellen unter dem Mikroskop. Die grün gefärbten Fusionszellen entstehen durch die Verschmelzun ...
    Foto: UWH/Dittmar
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     


    Zum Download

    x

    Fusionszellen unter dem Mikroskop. Die grün gefärbten Fusionszellen entstehen durch die Verschmelzung von Stamm- und Krebszellen. Daher enthält die Fusionszelle mehrere Zellkerne. Die blauen Zellkerne stammen von der Stammzelle, während die rot eingefärbten Zellkerne ursprünglich zur Krebszelle gehörten. Um diese Fotografien erstellen zu können, wurden die verschiedenen Zellbestandteile zuvor mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen eingefärbt.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).