idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.09.1995 00:00

Topas - der CD-Werkstoff der Zukunft

Dr. Rainer Weihofen Unternehmenskommunikation F821
Hoechst AG

    Topas - ein neuer technischer Kunststoff von Hoechst

    Die Compact-Disc der Zukunft besteht aus einem Kunststoff, dessen Name an einen Kristall erinnert: Topas heißt das neue Mitglied aus der Familie der Cycloolefin-Copolymere (COC), das von Forschern bei Hoechst und der japanischen Firma Mitsui Sekka gemeinsam entwickelt wurde. Der hochtransparente technische Kunststoff (Thermoplastic Olefin Polymer of Amorphous Structure) soll den Markt um einen attraktiven neuen Werkstoff bereichern, der künftig vor allem zur Herstellung von Compact-Discs und CD-ROMs der neuesten Generation eingesetzt werden wird.

    Auf den ersten Blick unterscheiden sich Cycloolefin-Copolymere nicht von anderen Kunststoffen: Sie bilden lange Ketten, die aus zahllosen kleinen Grundbausteinen - den sogenannten Monomeren - zusammengesetzt sind. Während aber in den meisten Kunststoffen nur ein einziger Grundbaustein endlos aneinandergereiht wird, sind in den Ketten der COC-Polymere zwei verschiedene Monomere enthalten. Der neue Technische Kunststoff Topas entsteht aus den Grundbausteinen Ethylen und Norbornen. Beide Kohlenwasserstoffe wechseln sich in der Kette streng regelmäßig ab. Diese besondere Bauweise verleiht dem Kunststoff unterschiedliche Eigenschaften in einer besonders attraktiven Kombination. Zugleich besteht das COC-Polymere ausschließlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff, so daß beim stofflichen Recycling oder der thermischen Verwertung keinerlei toxische Nebenprodukte entstehen können. Findige Mitarbeiter haben dem Kunststoff daher schon die Bezeichnung "schnittfestes Erdöl" verliehen.

    COC-Synthese - eine Herausforderung

    An den COC-Polymeren beißen sich Forscher in einer Reihe von Unternehmen seit vielen Jahren die Zähne aus. Schon vor mehr als 40 Jahren begannen erste Versuche bei DuPont in den USA, einen COC-Kunststoff in marktgerechter Qualität herzustellen. Auch der Nobelpreisträger Guilio Natta versuchte 1961 bei der italienischen Firma Montecatini, Copolymere aus Ethylen und Cyclopentadien herzustellen. Anfang der 70er Jahre begannen Forscher der VEB Leunawerke in der früheren DDR mit der erfolgversprechenden Kombination der beiden Bausteine Norbornen und Ethylen. Zehn Jahre später startete die japanische Mitsui Petrochemical mit ähnlichen Versuchen. Daß all diese Bemühungen bis heute zu keinem marktfähigen Produkt führten, liegt am Herzstück der industriellen Kunststoffproduktion - dem Katalysator. Bislang ließen sich COC-Polymere lediglich mit Übergangsmetall-Katalysatoren auf der Basis von Titan oder Vanadium herstellen. Auf diese Weise entstanden aber stets Produkte, deren Molekulargewicht, Reinheit und Verarbeitbarkeit nicht den Anforderungen entsprach. Daneben verteuerte der hohe Verbrauch an Katalysatoren den Prozeß, zumal die Ausbeute an Kunststoff ebenfalls zu wünschen übrig ließ.

    Die Lösung - Metallocen-Katalysatoren

    Erst die Entwicklung moderner Metallocen-Katalysatoren eröffnete schließlich den Ausweg zu marktfähigen Produkten. Im Jahre 1985 berichteten die Hochschullehrer Walter Kaminski (Hamburg) und Hans Brintzinger (Konstanz) erstmals über den erfolgreichen Einsatz zirkoniumhaltiger Metallocene zur Herstellung von hochisotaktischem Polypropylen. Hoechst erkannte das große Potential dieser neuen Klasse von Katalysatoren und startete noch im gleichen Jahr ein intensives Forschungsprogramm zur Entwicklung und systematischen Verbesserung der Metallocene.

    100 Tonnen Kunststoff aus 100 Gramm Katalysator

    Auf der Basis dieser Erfahrungen wurden schließlich hochaktive Metallocen-Katalysatoren gefunden, die die beiden Bausteine Norbornen und Ethylen im richtigen Verhältnis zueinander und in der richtigen Abfolge zu einer Kette verknüpfen. Aus wenigen 100 Gramm eines solchen Katalysators entstehen heute mehr als 100.000 Kilogramm des gewünschten Kunststoffs. Die Eigenschaften des neuen Cycloolefin-Copolymers Topas lassen sich dabei in weiten Grenzen variieren, so daß sie auf die Erwartungen und Anforderungen der Kunden optimal abgestimmt werden können. Die Wärmeformbeständigkeit des Materials ist zum Beispiel je nach Anwendung auf Temperaturen bis zu 170 Grad Celsius einstellbar. Ein weiterer Vorteil ist die geringe Dichte von COC, die rund 20 Prozent unter der des konkurrierenden Polycarbonat liegt. Aus einem Kilogramm COC-Polymer lassen sich demnach rund 20 Prozent mehr Compact-Discs fertigen. Diese CDs können im Vergleich mit herkömmlichen Produkten mehr Daten bei einem besseren Signal-Rausch-Verhältnis speichern, weil sie eine extrem niedrige optische Doppelbrechung zeigen.

    Eigenschaften nach Maß

    Diese wichtige optische Eigenschaft macht den neuen Kunststoff zum geeigneten Werkstoff für anspruchsvolle optische Anwendungen - nicht nur für die optische Speicherung von Daten, sondern auch zur Herstellung hochwertiger optischer Linsen, die im Spritzgußverfahren hergestellt werden können. Inzwischen haben erste Praxisversuche die Vorteile des neuen Werkstoffs auch in diesem Bereich unter Beweis gestellt. Auch in der Medizin eröffnen COC-Polymere neue Einsatzgebiete: Da sie so gut wie keine Feuchtigkeit aufnehmen und eine hohe Wärmeformbeständig-keit besitzen, können Bausteile aus COC mit Dampf sterilisiert werden. Darüber hinaus eignen sie sich zum Beispiel zur Herstellung vorgefüllter Spritzen. Dabei können sie Ampullen, Spritzen oder andere Teile aus zerbrechlichem Glas ersetzen. Auch hier sind erste Anwendungstests bei Kunden inzwischen erfolgreich abgeschlossen.

    Kooperationsvertrag Mitsui/Hoechst erweitert

    Hoechst und Mitsui Petrochemicals Industries, Ltd. (Mitsui Sekka) hatten im April 1993 vereinbart, Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Cocloolefin-Copolymere zusammenzuführen. Anfang dieses Jahres wurde dieser Vertrag um Vereinbarungen zu Produktion, Vertrieb und Marktentwicklung der neuen Kunststoffe erweitert. Demnach wird Mitsui eine Produktionsanlage in Iwakuni noch im Laufe des Jahres 1995 auf die neuen Katalysatoren umstellen. Nach dem Umbau wird die Anlage eine jährliche Kapazität von rund 3.000 Tonnen aufweisen, so daß der Markt ab Ende 1995 mit ersten Probemengen beliefert werden kann. Mitsui wird dabei die Märkte im asiatischen Raum entwickeln, während sich Hoechst auf Europa, Amerika und Afrika konzentriert.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).