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27.06.2007 12:45

Kundenzufriedenheit mit Studiengebühren: Schlechte Noten für Deutschlands Universitäten

Diplom-Journalistin, Studien-Assessorin Johanna Lembens-Schiel Presse und Forschungsinformation
Universität Hohenheim

    Marktforscher der Universität Hohenheim legen erste wissenschaftlich fundierte Studie vor / Länder, Fachbereiche und Universitäten im Vergleich unter www.gebuehrenkompass.de

    Schlechte Noten für Universitäten mit Studiengebühren: Lediglich die "Zufriedenheits-Schulnote" 3-4 vergeben informierte Studierende für die angeblich verbesserten Studienbedingungen, die mit ihren Gebühren finanziert worden sind. Der Großteil der Gebührenzahler will noch gar nicht mitbekommen haben, ob und was mit seinen Gebühren gemacht wurde. Die Zahl der Gebührengegner ist mit bundesweit 60 Prozent weiterhin hoch und auch die Zukunftsaussichten werden von Gebührenzahlern wenig optimistisch beurteilt. Rund 5.000 Interviews ließ Prof. Dr. Markus Voeth vom Lehrstuhl für Marketing der Universität Hohenheim an allen 48 Universitäten mit Studiengebühren durchführen. Das Fazit von Deutschlands erster wissenschaftlich fundierter Studie zur Zufriedenheit der Gebührenzahler: Um den Gebühren-Pessimismus zu überwinden, müssen die Hochschulen stärker auf die Kundenwünsche der Gebührenzahler eingehen - und ihre Transparenz und Informationspolitik grundlegend ändern. Alle Ergebnisse, Rankings und Details unter www.gebuehrenkompass.de

    Studierende sollen wissen, welche Hochschulen und Fachbereiche am besten mit Studiengebühren wirtschaften. Universitäten erfahren, ob ihre Maßnahmen den Wünschen ihrer Studierenden entsprechen. Und Politik und Öffentlichkeit erhalten ein Feedback, ob und wie sich das neue Instrument im Länder- und Hochschulvergleich bewährt.

    "Hochschulpolitisch machen Studiengebühren aus der universitären Ausbildung ein richtiges Bildungsprodukt. Mit unserer Studie wollen wir die passende Marktforschung dazu bieten", fasst Prof. Voeth die akademische Großwetterlage zusammen. "Denn ob die Gebühren die Studienbedingungen verbessern, hängt auch davon ab, ob es den Hochschulen gelingt, die Kundenwünsche ihrer Gebührenzahler zu erkennen und ernst zu nehmen."

    Vor diesem Hintergrund konzipierten die Marktforscher um Prof. Voeth ihre künftig jährlich aktualisierte Langzeitstudie zur Kundenzufriedenheit über die Verwendung von Studiengebühren. Im Gegensatz zu online-Foren und anderen Gebühren-Orakeln legen die Markt-Experten besonderen Wert auf ein wissenschaftlich seriöses Fundament. "Alle rund 5.000 Interviews wurden ausschließlich vor Ort von 68 geschulten Mitarbeitern erhoben", so Björn Rentner, einer der Projektleiter. Ihren Fragebogen entwickelten die Forscher erst nach 40 detaillierten Tiefeninterviews und mehreren Testläufen mit Hunderten von Studierenden. Die kostenintensive Erhebung wurde durch die finanzielle Unterstützung durch die GfK, Nürnberg, und MLP ermöglicht. Details zur Methodik ebenfalls unter www.gebuehrenkompass.de.

    DETAILERGEBNISSE UND RANKINGS

    Informationspolitik & Transparenz: vorrangiger Kundenwunsch missachtet

    Kontrolle, Mitbestimmung und Transparenz stehen an erster Stelle auf dem Wunschzettel der Gebührenzahler, erst danach folgt der Wunsch nach mehr Büchern und fachbezogenen Kursen, gefolgt von dem Wunsch nach mehr Seminaren, Tutoren und Übungen sowie Praxiskooperationen von Lehrstühlen, zum Beispiel im Rahmen von Praktika.

    "Zu diesem Ergebnis sind wir bereits im Rahmen einer Vorstudie gekommen. Leider lassen gerade Informationspolitik und Transparenz in den Augen der meisten Gebührenzahler zu wünschen übrig", diagnostiziert Prof. Voeth: Bundesweit erklärte nur ein Drittel aller Befragten, über die Verwendung ihrer Studiengebühren informiert zu sein.

    Ranking Informationspolitik & Transparenz (Ausschnitt)
    o Als vorbildlich schätzen die Gebührenzahler die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt ein, gefolgt von Regensburg und Konstanz (informiert fühlen sich 70,5 % und 67,3 % bzw. 67 %). Schlusslichter sind die Universitäten Düsseldorf, Stuttgart, TU Hamburg-Harburg sowie HafenCity Universität Hamburg (informiert fühlen sich nur 8,2 % und 9,2 % bzw. 10,2 % an der TU Hamburg-Harburg und 10,9 % an der HafenCity Universität Hamburg).
    o Spitzenreiter unter den Bundesländern ist Bayern (informiert fühlen sich 47,6 %). Mit großem Abstand folgen an zweiter Stelle die Bundesländer Niedersachsen und Baden-Württemberg (informiert fühlen sich 39,3 % bzw. 34,4 %). Schlusslichter sind Nordrhein-Westfalen und Hamburg (informiert fühlen sich 21,7 % bzw. 12,7 %).

    Kundenzufriedenheit: mangelhaft bis knapp befriedigend

    Schlechte Noten für Deutschlands Universitäten mit Studiengebühren: "Laut unserer Studie kritisieren die Gebührenzahler sowohl die Informationspolitik als auch in Teilen die Maßnahmen, die mit ihrem Geld finanziert wurden", schließt Prof. Voeth vom Lehrstuhl für Marketing der Universität Hohenheim.

    Bundesweit gingen nur 21 Prozent der Gebührenzahler davon aus, dass ihre Hochschule bereits Maßnahmen aus den Studiengebühren eingeleitet habe. "Der Großteil der Gebührenzahler will noch gar nicht mitbekommen haben, ob und was mit seinen Gebühren gemacht wurde", kritisiert Prof. Voeth.

    Zufrieden seien jedoch nicht einmal die 21,3 Prozent, die etwas von der Geldverwendung mitbekamen. "In Schulnoten erhält das "Experiment Studiengebühren" bundesweit nur eine 3-4", erklärt Björn Rentner als einer der Projektleiter. Interessant sei, dass Einkommen, Alter und Nationalität bei der Beurteilung keine Rolle spielten.

    Mit Blick auf den schlechten Kenntnisstand der Studierenden sei es in diesem Semester auch noch nicht möglich, die Universität mit maximaler "Gebührenzufriedenheit" zu küren, betont Prof. Voeth. Dazu hätten an zu vielen Universitäten die Studierenden noch gar nichts von Studiengebühren mitbekommen. Mit Spannung blicken der Marktforscher und seine Mitarbeiter deshalb auf die kommende Auflage der Studie im Frühjahr 2008. "Im kommenden Jahr wollen wir dann definitiv die Königsuniversität mit der maximalen Gebühren- und damit Kundenzufriedenheit küren."

    Einstellung: Hohe Ablehnung

    Wenig verwunderlich findet Prof. Voeth die nach wie vor hohe Ablehnung der Studiengebühren: "Bundesweit zählen sich 60 Prozent aller Gebührenzahler zu den Gebührengegnern. Als ausdrückliche Befürworter bekennen sich bundesweit nur 14 Prozent."

    Ranking Einstellung (Ausschnitt)
    o Hochburgen der Gebührengegner sind Hamburg, Siegen und Stuttgart (79 % und 75 % an Universität Hamburg und HafenCity Universität Hamburg, 75,3 % bzw. 73,4 % in Siegen bzw. Stuttgart). Die meisten Bewürworter befinden sich in Mannheim und Passau (30,2 % bzw. 27,7 %)
    o Ein deutliches Nord-Süd-Gefälle zeichnet sich dagegen bei den Bundesländern ab. So befinden sich die meisten Gebührengegner in Hamburg und Niedersachsen, gefolgt vom Bundesland Nordrhein-Westfalen (69,5 % und 62,4 % bzw. 61,0 %). Am geringsten ist der Widerstand noch in Baden-Württemberg und Bayern (56,1 % bzw. 56,5 %)
    o Dagegen zieht sich die Ablehnung fast gleichmäßig durch alle Studienfächer durch. Leicht erhöht ist die Zahl der Gebührengegner in den Sprach-/Kulturwissenschaften (65,9 % Gegner). Dagegen ist die Zahl der Befürworter in den Rechts-/Wirtschafts- und Sozialwissenschaften stark erhöht (22,9 %).

    Glaube an Verbesserung? - wenig Optimismus

    Eine Ursache für die hohe Ablehnung dürfte sein, dass "die überwiegende Mehrheit nicht davon ausgeht, dass sich die Lehrbedingungen an Universitäten durch Studiengebühren wirklich verbessern", schließt Prof. Voeth. Bundesweit glauben nur 29 Prozent aller bezahlenden Studierenden daran, dass ihr Geld tatsächlich einmal zur Verbesserung der Studienbedingungen beiträgt. 71 Prozent gehen davon aus, dass es trotz Studiengebühren zu keiner Verbesserung kommen wird.

    "Auffällig ist, dass gerade Studierende mit geringem Einkommen die Zukunftsaussichten besonders pessimistisch beurteilen", so Prof. Voeth. Ob die Gebührenzahler ihr Studium selbst, über ihre Eltern, durch ein Stipendium oder durch Bafög finanzierten, habe auf die Zukunftseinstellung dagegen keinen Einfluss.

    Ranking Optimismus (Ausschnitt)
    o Vergleichsweise optimistisch sind die Studierenden der Universität Hannover und RWTH Aachen (an eine Verbesserung glauben 52 % und 50,9 %). Ausgesprochen pessimistisch sind dagegen die Gebührenzahler der Universität Oldenburg und HafenCity Universität Hamburg (an eine Verbesserung glauben nur 9,5 % bzw. 6,9 %).
    o Unter den Ländern zeigt sich das gleiche Nord-Süd-Gefälle wie bei der Grundeinstellung zu Studiengebühren: Die meisten Optimisten befinden sich noch in Bayern und Baden-Württemberg (an eine Verbesserung glauben 35,5 % bzw. 31,2 %), im Anschluss folgen die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (an eine Verbesserung glauben 28,1% bzw. 26,3 %). Schlusslicht in Sachen Zukunftsglauben bildet Hamburg (an eine Verbesserung glauben 13,1 %).
    o Im Fächervergleich befinden sich die meisten Optimisten noch unter den Studierenden der Rechts-/Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (an eine Verbesserung glauben 34 %). Besonders niedrig ist die Quote in den Fächern Sport und Kunst/Kunstwissenschaften (an eine Verbesserung glauben 22,3 % und 21,4 %).

    Studiengeschwindigkeit: Mehrheit will sich beeilen

    Zu einem Effekt der Studiengebühren gehört, dass sich eine knappe Mehrheit der Gebührenzahler gezwungen sieht, ihr Studium in kürzerer Zeit zu absolvieren. "Bundesweit bejahen 60,1 Prozent die Frage, ob Studiengebühren ein Ansporn sind, schneller zu absolvieren", zitiert Prof. Voeth aus der Studie.

    Ranking Studiengeschwindigkeit (Ausschnitt)
    o Den größten Ansporn verspüren Studierende an den Universitäten Hildesheim (schneller studieren wollen 78,8 % bzw. 78,2 %), geringsten Ansporn liefern Studiengebühren den Studierenden der Hochschule für Musik und Theater Hannover und TU Hamburg-Harburg (schneller studieren wollen 46,2 % bzw. 42,9 %).
    o Im Ländervergleich zeigt sich, dass gerade die Studierenden in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, gefolgt von denen in Bayern, in den Studiengebühren einen Ansporn sehen, schneller zu studieren (63,3 %, 62,7 % bzw. 60,6 %). Die Studenten in Baden-Württemberg und Hamburg folgen auf den anschließenden Plätzen (54,8 % bzw. 50,3 %).
    o Unter den verschiedenen Studienfächern sind vor allem Studierende mit Sport sowie Agrar-/Forst- und Ernährungswissenschaften und Sprach-/Kulturwissenschaften betroffen (schneller studieren wollen 73,1 % und 67,7 % bzw. 67,9 %). Geringsten Ansporn für Beschleunigung durch Studiengebühren findet sich in den Fächern Humanmedizin, Ingenieurwissenschaften und Veterinärmedizin (schneller studieren wollen 54,8 % und 51,9 % bzw. 49 %).

    Hintergrund
    Bei der Langzeitstudie zur Kundenzufriedenheit von Gebührenzahlern handelt es sich um die bislang einzige Erhebung mit wissenschaftlich fundierter Methodik: Alle Ergebnisse basieren ausschließlich auf insgesamt 4.950 Vor-Ort-Interviews, die 68 geschulte Mitarbeiter des Lehrstuhls für Marketing der Universität Hohenheim an allen 48 Universitäten mit Studiengebühren in Deutschland persönlich durchführten. Die Untersuchung stützt sich auf Vorstudien mit 40 detaillierten Tiefeninterviews und mehreren Testläufen mit Hunderten von Studierenden. Möglich wird diese kostenintensive Erhebung durch die finanzielle Unterstützung des Projektes durch die GfK, Nürnberg, und MLP. Details zur Methodik ebenfalls unter www.gebuehrenkompass.de

    Vollständige Ergebnisse und Methodik unter www.gebuehrenkompass.de

    Kontaktadresse:
    Prof. Dr. Markus Voeth, Universität Hohenheim, Institut für Betriebswirtschaftslehre, Lehrstuhl für Marketing
    Tel: 0711 459-22925, E-Mail: marketing@uni-hohenheim.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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