Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Für ihre Behandlung stehen einerseits zwar moderne, wirksame Verfahren zur Verfügung - andererseits lassen die hohen Chronifizierungs- und Rückfallraten darauf schließen, dass noch ungenügend geklärt ist, wer mit welcher Depression zu welchem Zeitpunkt und womit am wirksamsten zu behandeln ist. Mit der umfangreichen Studie "Langzeittherapie chronischer Depression" will eine interdisziplinäre Forschergruppe - an der verschiedene Kliniken und Institute aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt sind - diese Fragen untersuchen. Auch die Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Mainzer Universitätsklinik ist an der Studie beteiligt. Hier sind die Vorbereitungen inzwischen so weit fortgeschritten, dass sich nun Patientinnen und Patienten für die Studie anmelden können.
Depressive Menschen erleben sich als hoffnungslos, freudlos, verzweifelt und traurig. Nichts geht mehr so, wie man es sich wünscht. Das Aufstehen am Morgen kostet unendliche Mühe und die Konzentration auf die Arbeit fällt schwer. Man fühlt sich selbst dünnhäutig, minderwertig und leicht verletzbar. Überall ist Verlust: beim erholsamen Schlaf, bei der Freude am Essen, beim Genuss an Sexualität.
Nach aktuellen Studien leiden derzeit in Deutschland etwa 6,3 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 65 Jahren an einer behandlungsbedürftigen Depression. Das entspricht etwa 3,1 Millionen Menschen. 2020 werden Depressionen nach einer Hochrechnung der Weltgesundheitsorganisation WHO die zweithäufigste Volkskrankheit sein.
Depressionen verlaufen meist in Form von Krankheitsphasen, die Wochen bis Monate, aber auch Jahre anhalten können. Es besteht eine große Tendenz zu einem erneuten Auftreten der Depression. Etwa die Hälfte der Personen, die erstmals an einer Depression erkranken, wird eine zweite Episode depressiver Erkrankung erleben. Eine lange Phase der Depression aus eigenem Antrieb hinter sich zu lassen, ist fast unmöglich. Ein "sich zusammenreißen" genügt nicht. Der Versuch, mit nahe stehenden Menschen zu reden, hilft für einen Moment, aber nicht auf Dauer. Depressive Menschen erleben dabei oft, dass sie gut gemeinte Ratschläge nicht umsetzen können und die Geduld der Nahestehenden schnell erschöpft ist. Das kann neue Verlustängste wecken.
"Trotz verbesserter - vor allem medikamentöser - Therapien, haben bis zu 40 Prozent der depressiven Patienten einen chronischen Krankheitsverlauf", erläutert Prof. Manfred Beutel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsklinik Mainz. "Auch psychotherapeutische Kurzzeitbehandlungen führen nur zu begrenzter Besserung, so dass die Langzeitpsychotherapie bei diesem Krankheitsbild eine wesentliche gesundheitspolitische und gesellschaftliche Bedeutung erhalten wird." Durch eine längerfristige Behandlung bei wiederkehrenden Depressionen sollen dabei Rückfälle vermieden werden.
Wirkung und Erfolg einer solchen Langzeitpsychotherapie bei chronischer Depression werden nun in einer neuen Studie untersucht, die an mehreren Zentren in Deutschland durchgeführt wird - zu diesen Zentren zählt auch die Mainzer Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. In der Studie wollen die Ärzte die psychoanalytische Psychotherapie mit der kognitiven Verhaltenstherapie vergleichen. Beide Therapieverfahren werden seit Langem in der Behandlung von Depressionen eingesetzt. Jetzt wird untersucht, ob lange, intensive Behandlungen Depressionen nachhaltig heilen und Wiedererkrankungen vermeiden helfen.
Im Rahmen dieser neuen Studie "Langzeittherapie chronischer Depression" werden beide Therapieformen angeboten. An den Zentren in Mainz, Frankfurt, Hamburg und Berlin sollen in den nächsten drei Jahren insgesamt 240 Patienten behandelt werden. Am Universitätsklinikum Mainz ist nun der Startschuss gefallen - so dass sich Patientinnen und Patienten jetzt für die Studie anmelden können. Teilnehmen können Personen im Alter zwischen 21 und 60 Jahren, die sich seit mindestens einem Jahr depressiv fühlen und bereit sind neben der Behandlung auch Fragebögen auszufüllen und Gespräche über die Therapie zu führen. "Der Behandlungszeitraum der Studie wird sich über mindestens ein Jahr erstrecken", erklärt Jens Edinger, der als Arzt die Studie in Mainz betreut. "Vor, während und nach der Therapie überprüfen wir mehrmals die depressive Symptomatik, um festzustellen, wie sich diese unter der Therapie verbessert hat. Mit ersten Ergebnissen rechnen wir in drei Jahren."
Kontakt für Patienten, Ärzte und Psychotherapeuten:
Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Manfred E. Beutel, Jens Edinger
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Tel. 06131 17-2999 oder 17-7381
In Kooperation mit
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hiller,
Poliklinische Institutsambulanz für Psychotherapie der Universität Mainz
Pressekontakt:
Dr. Renée Dillinger-Reiter, Pressestelle Klinikum,
Tel. 06131/17-7424, Fax 06131/17-3496, E-Mail: presse@ukmainz.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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