Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften setzt sich seit langem für eine veränderte Stichtagsregelung im Bereich der Stammzellforschung ein. Wir sind der Meinung, dass die jetzt im Parlament gesuchte Lösung im Sinne einer Änderung der Stichtagsregelung wissenschaftlich längst geboten ist.
1. Wir halten ein verantwortliches Abwägen zwischen der Bereitstellung neuartiger Therapien bei unheilbaren Krankheiten und dem Schutz potentiellen Lebens nicht nur für legitim, sondern angesichts der Erkenntnisse der modernen Biologie für dringend geboten.
2. Die Verminderung von Leiden und der Respekt vor der Würde des kranken Menschen dürfen in diesem schwierigen Abwägungsprozess nicht nachrangig behandelt werden. Dies umso mehr, wenn man bedenkt, dass unter natürlichen Umständen die Einnistung einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter nicht den Regelfall, sondern eher den Sonderfall darstellt.
3. Die jüngsten Erkenntnisse der Stammzellforschung sind nicht unabhängig von der Forschung an embryonalen Stammzellen entstanden, sondern basieren im Wesentlichen auf Erkenntnissen aus dieser Forschung.
4. Es ist gleichwohl zu wünschen, dass die Nutzung von menschlichen Embryonen für die Etablierung von embryonalen Stammzellen in Zukunft rückläufig wird. Dies setzt voraus, dass die Erkenntnisse über adulte Stammzellen, die Reprogrammierung von Körperzellen und die Aktivierung regenerativer Prozesse so groß sind, dass diese Gebiete in der Forschung und medizinischen Anwendung weiter entwickelt werden können. Aber bis dahin vergeht noch einige Zeit, und wir dürfen nicht eine ganze Forschergeneration von dieser Entwicklung abschneiden.
5. Es wäre gut, wenn die Zeit bis zu einer eventuellen Verabschiedung einer neuen Regelung zur Stammzellforschung für einen sorgfältigen Dialog zwischen Vertretern der Wissenschaft und den Vertretern der Kirchen genutzt würde. Ethische Fragen sollten gerade im Lichte jüngster wissenschaftlicher Erkenntnisse diskutiert werden. Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften und die anderen wissenschaftlichen Akademien und Institutionen bieten diese konstruktiven Gespräche an.
Die Pointierung bekannter Positionen ist weder hilfreich noch entspricht sie unserer allgemeinen Verpflichtung, uns ernsthaft mit den jeweils neuesten Erkenntnissen - auch Erkenntnissen über neue Notwendigkeiten - auseinanderzusetzen.
Pressekontakt:
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Leitung Referat Information und Kommunikation
Gisela Lerch
Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin
Tel. 030/20370-657, Fax: 030/20370-366
E-mail: lerch@bbaw.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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