idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.12.2007 12:55

Neues Therapieverfahren zur gewebeschonenden Behandlung des Prostatakarzinoms

Ricarda Wessinghage Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt a. M.

    Radiologen des Frankfurter Universitätsklinikums belegen erstmals in klinischer Studie Sicherheit und Effektivität eines neuen Verfahrens zur lokalen Kontrolle des Prostatakarzinoms: Die MR-gestützte Galvanotherapie ist eine sichere Methode zur gezielten Tumorbehandlung

    Erstmals konnten Radiologen belegen, dass die mittels Magnetresonanztomografie (MR) gesteuerte Galvanotherapie zur elektrisch-physikalischen Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms sicher durchführbar ist und effektiv zur lokalen Kontrolle des Prostatakarzinoms beiträgt. Gleichzeitig führt diese Behandlung zu einer Reduktion des prostataspezifischen Antigens (PSA). Dieses Antigen ist ein spezifischer Tumormarker mit Bedeutung für die Verlaufskontrolle eines Tumors. Die Ergebnisse dieser prospektiven Phase-III-Studie zu einem neuen Therapieansatz in der Tumorbehandlung des Prostatakarzinoms wurde von
    Prof. Dr. med. Thomas J. Vogl, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie (IDIR) am Frankfurter Universitätsklinikum, in der Dezember-Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift Radiology veröffentlicht.* "In unserer Studie konnten wir belegen, dass dieser neue Therapieansatz eine sichere Methode zur gezielten Bekämpfung des Prostatakarzinoms darstellt. Wir können mit diesem Verfahren das betroffene Organ in seiner Funktion erhalten und gesundes Gewebe im Vergleich zu herkömmlichen Methoden gezielter vor einer Schädigung bewahren", erklärt Vogl. "Diese Therapie ist eine vielversprechende Option in der Behandlung von Prostatakrebs", so Vogl weiter.

    Das Verfahren hat das Frankfurter Team um Prof. Vogl gemeinschaftlich mit Dr. med. Heinz P. Mayer vom Regensburger Kompetenzzentrum für nicht operative, minimal invasive Tumortherapie entwickelt. An der Studie war neben den Teams aus Frankfurt und Regensburg auch die Abteilung für Radiologie der Medical University of South Carolina (USA) beteiligt.

    Reduktion der Tumorgröße um durchschnittlich 41 Prozent

    Prof. Vogl und sein Ärzteteam haben für diese Evaluation insgesamt 44 Patienten mit histologisch nachgewiesenem Prostatakarzinom mit der Galvano-Therapie im Zeitraum von Februar 2005 bis August 2006 behandelt. Das durchschnittliche Alter der behandelten Patienten betrug 63.1 Jahre. Sie alle vertrugen die MR-gesteuerte Galvanotherapie ohne schwerere Nebenwirkungen oder Komplikationen. Es kam bei sechs Patienten zu Problemen beim Harnlassen, jedoch waren diese ohne weitere ärztliche Intervention reversibel. Fünf Patienten berichteten über ein vorübergehendes Taubheitsgefühl eines Beins. Die Tumorgröße konnte im Schnitt von 1.90 cm³ auf 1.12 cm³ reduziert werden, was einer Größenreduktion um durchschnittlich 41 Prozent entspricht. Die Kontrolluntersuchung zwölf Monate nach der Behandlung zeigte folgende Resultate: Ein Patient wies einen vollständigen Tumorrückgang auf, ein partieller Tumorrückgang war bei 18 Patienten festzustellen. Bei 23 Patienten war der Krankheitszustand stabil. Zwei Patienten wiesen ein progressives Größenwachstum auf. Metastasen waren bei keinem Patienten nachweisbar.

    Die Behandlung erfolgte im Kontext dieser Studie drei Mal in Intervallen von einer Woche, während dieser Behandlungsphase wurde dem Tumor Gleichstrom in einer Gesamtmenge von maximal 350 Coulombs zugeführt. Die Messung des prostataspezifischen Antigens (PSA) und des Tumorvolumens erfolgte drei, sechs und zwölf Monate nach der Behandlung. Das neue Verfahren eignet sich laut Studie besonders für Tumore mit einem Durchmesser von maximal 8 cm, da bis zu dieser Größe die Datenlage bei soliden Tumoren viel versprechend ist. Ferner sei für den Mediziner Vorsicht geboten, wenn sich das Tumorgewebe in der Nähe von Hauptschlagadern und Nerven befindet.

    Risikoarme Tumorbehandlung: MR-gesteuert, lokalanästhetisch und minimal-invasiv

    Die Galvanotherapie ist eine physikalisch-elektrische Methode. Mittels positiv und negativ geladener Elektroden wird Gleichstrom in den Tumor eingebracht. Dem Patienten werden hierfür unter örtlicher Betäubung zwei Platin-Elektroden durch die Gesäßmuskulatur (transgluteal) über eine Punktionsnadel in den rechten und linken Prostataanteil eingebracht, ohne dabei Darm und Blase zu verletzen. Dies ermöglicht vor allem die Steuerung des Vorgangs mittels Magnetresonanztomografie. Die Elektroden haben direkten Kontakt zum Tumor des Patienten.

    Das Verfahren zielt auf die elektrophysikalischen Eigenschaften der Zellen des Tumorgewebes. In den Tumorzellen sind im Gegensatz zu gesunden Zellen die Ionenkonzentrationen sehr viel höher, was einen geringeren Widerstand und dadurch eine Autofokussierung des Stromes auf das erkrankte Gewebe zur Folge hat. Durch diesen Mechanismus ist es möglich, dass gesundes Gewebe geschont wird und das Organ als Ganzes erhalten werden kann. Die eingebrachten positiv und negativ geladenen Elektroden verursachen im Gewebe massive Ionenwanderungen. Durch diese Veränderungen werden die Tumore in ihrem Wachstum gehemmt, es kommt im Bereich der Elektroden zur Bildung von Nekrosen mit einem Durchmesser von bis zu 3 cm oder zum lokalen Verschluss von Arterien und Venen, was zu einer schlechteren Versorgung des Tumors mit Sauerstoff und Nährstoffen führt. Die Kosten für die Anwendung dieser Therapie schätzt Prof. Vogl niedriger ein als bei Vergleichstherapien. Vogl rechnet damit, dass das Verfahren nach seiner Zulassung auch von den Gesetzlichen Krankenkassen getragen wird.

    * Thomas J. Vogl, Heinz P. Mayer, Stefan Zangos, J. Bayne Selby Jr., Hanns Ackermann, Florian B. Mayer, Prostate Cancer: MR-Imaging-guided Galvanotherapy - Technical Development and First Clinical Results, in: Radiology: Vol. 245: Number 3-December 2007

    Frankfurt am Main, 18. Dezember 2007

    Für weitere Informationen:

    Prof. Dr. med. Thomas Vogl
    Direktor des Institutes für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
    Klinikum der J. W. Goethe Universität Frankfurt / M.
    Fon (069) 63 01 - 72 77
    Fax (069) 63 01 - 72 59
    E-Mail t.vogl@em.uni-frankfurt.de

    Ricarda Wessinghage
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Klinikum der J.W. Goethe-Universität Frankfurt/ Main
    Fon (0 69) 63 01 - 77 64
    Fax (0 69) 63 01 - 8 32 22
    E-Mail ricarda.wessinghage@kgu.de
    Internet www.kgu.de


    Bilder

    Bei der Galvano-Therapie werden in örtlicher Betäubung zwei Platin-Elektroden transglutal über eine Punktionsnadel in die Randzonen der Prostata  mit Kontakt zum Tumor eingebracht.
    Bei der Galvano-Therapie werden in örtlicher Betäubung zwei Platin-Elektroden transglutal über eine ...
    Bild: Universitätsklinikum Frankfurt am Main
    None

    Darstellung der in die Prostata eingebrachten Elektroden. Mittels MRT kann eine sichere Lagekontrolle erfolgen.
    Darstellung der in die Prostata eingebrachten Elektroden. Mittels MRT kann eine sichere Lagekontroll ...
    Bild: Universitätsklinikum Frankfurt am Main
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Bei der Galvano-Therapie werden in örtlicher Betäubung zwei Platin-Elektroden transglutal über eine Punktionsnadel in die Randzonen der Prostata mit Kontakt zum Tumor eingebracht.


    Zum Download

    x

    Darstellung der in die Prostata eingebrachten Elektroden. Mittels MRT kann eine sichere Lagekontrolle erfolgen.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).