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02.04.2008 15:46

Charité-Forscher entschlüsseln Morphintoleranz

Kerstin Endele GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    Körpereigene Endorphine helfen Patienten bei Schmerzlinderung

    Berlin, 2.04.08. Mitarbeiter der Charité - Universitätsmedizin Berlin haben jetzt herausgefunden, wie Patienten mit schweren, dauerhaften Entzündungsschmerzen länger von morphinhaltigen Präparaten profitieren können. Die Forschergruppe "Molekulare Mechanismen der Opioidanalgesie bei Entzündungsschmerz" von der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin am Charité Campus Benjamin Franklin berichtet jetzt im Journal of Clinical Investigation[1], dass sich Schmerzmittel am besten eignen, die nicht das Gehirn, sondern spezielle Nervenfasern unter der Haut und in den Gelenken ansteuern.

    Bislang kämpfen viele Schmerzpatienten damit, dass Morphin und ähnliche Mittel nach einiger Zeit nicht mehr wirken. Der Grund: Ihr Körper gewöhnt sich an die Wirkstoffe und sendet trotzdem weiter die quälenden Schmerzsignale. Außerdem haben die gängigen Morphinpräparate erhebliche Nebenwirkungen. Viele Patienten sind permanent schläfrig, klagen über dauernde Übelkeit und sind durch Atemstillstand gefährdet. "Wir haben jetzt einen Weg gefunden, sowohl den Gewöhnungseffekt als auch die Nebenwirkungen auszuschalten", erklärt Prof. Christoph Stein, Sprecher der klinischen Forschergruppe, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt wird. Seine Gruppe entdeckte, dass der Schmerz im verletzten Gewebe durch die Aktivierung der Andockstellen für Morphin, den sogenannten Opioidrezeptoren, außerhalb des Gehirns gestillt werden kann. Zellen im entzündeten Gewebe setzen dann, einmal alarmiert, körpereigene Endorphine frei, die den Schmerz zuverlässig lindern. Dieser Prozess sorgt außerdem dafür, dass die Erneuerung der Opioidrezeptoren erheblich beschleunigt wird und daher auch bei wiederholter Gabe von Morphin keine Gewöhnung eintritt. Deshalb ist eine Erhöhung der Dosis nicht mehr nötig.

    "Neue Medikamente, die gezielt auf Opioidrezeptoren außerhalb des Gehirns wirken, werden bereits klinisch erprobt", sagt Prof. Stein. Ein weiterer Vorteil: Die gefürchteten Nebenwirkungen herkömmlicher Schmerzmittel, wie Atemstillstand, Suchtentwicklung, Magen-Darm-Blutungen oder Herzinfarkte, kommen nach bisherigen Erkenntnissen bei dieser neuen Medikamentengruppe ebenfalls nicht vor. "Für Patienten mit Arthritis, Tumorschmerz sowie entzündlichem Rücken- oder Nervenschmerz ist dies ein echter Hoffnungsschimmer", meint Prof. Stein. "Sie haben Aussicht, die neuen Mittel dauerhaft zu vertragen." Damit ergeben sich neue Behandlungsperspektiven für acht Millionen chronisch schmerzkranker Patienten in Deutschland.

    [1] Zöllner C, Mousa SA, Fischer O, Rittner HL, Shaqura M, Brack A, Shakibaei M, Binder W, Urban F, Stein C, Schäfer M. "Chronic morphine use does not induce peripheral tolerance in a rat model of inflammatory pain" in: Journal of Clinical Investigation März 2008; 118(3):1065-1073

    Prof. Dr. Christoph Stein
    Charité - Universitätsmedizin Berlin
    Klinikdirektor Anästhesiologie und operative Intensivmedizin
    t: +49 30 8445 2731


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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