Impfung gegen "falsche" Proteine könnte Immunsystem gegen Tumorzellen sensibilisieren / Veröffentlichung in "Gastroenterology"
Heidelberger Wissenschaftler haben eine neue Strategie für eine Impfung gegen bestimmte Formen von Krebs entdeckt. Sie stellten fest, dass Immunzellen auf veränderte Eiweiße in Tumorzellen stark reagieren, bei denen ein DNS-Reparaturdefekt aufgetreten ist. Man schätzt dass bei etwa 15 Prozent aller Tumoren dieser Reparaturdefekt vorliegt.
Die Wissenschaftler unter Federführung von Professor Dr. Magnus von Knebel Doeberitz, Ärztlicher Direktor der Abteilung Angewandte Tumorbiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, untersuchten die häufigste Form von erblichem Darmkrebs, das sogenannte HNPCC-Syndrom (Hereditary Non-Polyposis Colorectal Cancer Syndrom). Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten, die in Kooperation mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem European Molecular Biology Laboratory (EMBL) durchgeführt und von der Deutschen Krebshilfe mit rund 380.000 Euro gefördert werden, sind in der Aprilausgabe der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift "Gastroenterology" erschienen.
Krebserkrankungen des Dickdarms stehen in Deutschland mit ca. 65.000 Neuerkrankungen pro Jahr an dritter Stelle aller Krebserkrankungen. Bei etwa 15 Prozent dieser Tumoren liegt ein Defekt bestimmter Reparaturmechanismen der DNA vor, der vor allem zu Veränderungen in sogenannten Mikrosatelliten führt. Wie die Heidelberger Wissenschaftler jetzt herausfanden, sind diese Veränderungen in Mikrosatelliten die Ursache dafür, dass die Tumorzellen beginnen Fremdeiweiße zu bilden, die vom Immunsystem erkannt und bekämpft werden können. Warum aber kommt es trotz der Immunreaktion zur Entstehung von Tumoren? "Dafür gibt es zwei Ursachen", so Professor von Knebel Doeberitz. "Das Immunsystem reagiert oft zu langsam - und einige Tumorzellen sind in der Lage, sich zu verstecken, weil sie die Fähigkeit verloren haben, die Fremdeiweiße auf ihrer Oberfläche zu präsentieren."
Die Ergebnisse der Heidelberger Forscher legen nahe, dass man das Auswachsen von Tumoren mit Mikrosatellitenveränderungen verhindern kann, wenn man das Immunsystem rechtzeitig gegen die Fremdeiweiße aktivieren würde. Daher ist es das nächste Ziel der Forscher, aus den neuen, durch Mutationen entstanden Fremdeiweißen einen Impfstoff gegen diese Krebsformen zu entwickeln. Ist das Immunsystem durch die Impfung für den "Feind" sensibilisiert, könnte es sehr rasch und heftig reagieren, wenn tatsächlich Krebszellen oder deren Vorstufen auftauchen würden.
Die neue Impfstrategie könnte gegen 10 bis 15 Prozent aller Krebserkrankungen wirksam sein. Von besonderer Bedeutung sind die neuen Erkenntnisse für Patienten, die an der häufigsten Form von erblichem Dickdarmkrebs, dem sog. HNPCC-Syndrom (Hereditary Non-Polyposis Colorectal Cancer Syndrome) leiden. Hier sind fast alle Tumoren von den Mikrosatellitenveränderungen betroffen.
Literatur:
Yvette Schwitalle, Matthias Kloor, Susanne Eiermann, Michael Linnebacher, Peter Kienle, Hanns Peter Knaebel, Mirjam Tariverdian, Axel Benner, Magnus von Knebel Doeberitz, Immune Response Against Frameshift-Induced Neopeptides in HNPCC Patients and Healthy HNPCC Mutation Carriers, Gastroenterology 2008, 134, 988-997.
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden.)
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Magnus von Knebel Doeberitz
Abt. Angewandte Tumorbiologie
Pathologisches Institut
Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 220
69120 Heidelberg
Email: knebel@med.uni-heidelberg.de
Tel. 06221 / 56 28 76
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
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E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de
Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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