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19.08.2008 09:55

Eitle Elstern: Vögel erkennen sich selbst im Spiegel

Dr. Josef König Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum

    Nr. 249

    Experimente erlauben Einblick in die Evolution
    Titelgeschichte von PLoS Biology

    Ein gelber Fleck unter dem Schnabel, wo keiner hingehört: Da schauen Elstern zweimal hin, wenn sie ihr Spiegelbild sehen, und machen sich gleich an die Fleckentfernung. Dieses Verhalten zeigt den Forschern Helmut Prior (Goethe-Universität, Frankfurt a.M.), Ariane Schwarz und Onur Güntürkün (Ruhr-Universität Bochum), dass sich auch Vögel im Spiegel selbst erkennen, was bisher nur von Menschen und einigen Säugetieren bekannt war. Und das, obwohl das Vogelgehirn über keinen Neokortex verfügt, von dem man bislang angenommen hatte, dass er für das Selbst-Erkennen verantwortlich sei. Dieser jüngste Teil der Großhirnrinde hat sich in der Evolution erst später und nur bei Säugetieren entwickelt. Die Studienergebnisse sind die aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PLoS Biology veröffentlicht.

    Gelber Fleck im toten Winkel

    Im Kernexperiment markierten die Forscher fünf Elstern mit einem gelben oder einem schwarzen, auf dem Gefieder nicht sichtbaren Punkt, unter dem Schnabel, für den Vogel im toten Winkel. Alle Vögel durchliefen dieselbe Prozedur der Markierung und wurden dann in einen Testkäfig gesetzt. In diesem Käfig war eine Wand entweder verspiegelt oder der Spiegel mit einer Kunststoffplatte abgedeckt. "Nur wenn der Vogel mit einem gelben Punkt markiert und der Spiegel unverdeckt war, begann die Elster, den Punkt zu entfernen", beschreibt Prof. Güntürkün. "Das zeigt uns, dass sie im Spiegelbild tatsächlich sich selbst erkannt hatten."

    Intelligenz und Bewusstsein entstanden auf mehreren Wegen

    Dieses Ergebnis hat mehrere wichtige Konsequenzen für das Verständnis der Evolution von Intelligenz und Bewusstsein. Denn Vögel und Säugetiere haben sich seit mindestens 300 Millionen Jahren getrennt entwickelt. Bisher konnte man die Spiegel-Selbsterkennung nur bei wenigen Menschenaffenarten wie z. B. Schimpansen und Orang-Utans gesichert nachweisen. Hinweise gab es auch für Delfine und Elefanten. Diese Ergebnisse führten zu der Annahme, dass komplexe Denkprozesse und Bewusstsein nur bei höheren Säugetieren entstanden sind. "Der Nachweis des Selbsterkennens bei Elstern zeigt dagegen, dass diese Leistungen in der Evolution mehrfach und unabhängig voneinander entstanden sein müssen", so Güntürkün.

    Es geht auch ohne Neokortex

    Der bei Menschenaffen und Menschen besonders groß entwickelte Neokortex wurde lange Zeit als unabdingbare Voraussetzung für komplexe Denkprozesse angesehen. Wie alle Vögel haben Elstern jedoch keinen Neokortex, sondern weisen eine vollständig andere Hirnorganisation auf. Somit zeigen die aktuellen Ergebnisse, dass sogar Selbst-Erkennen ohne Neokortex und somit durch alternative Hirnstrukturen erzeugt werden kann.

    Titelaufnahme

    Prior H, Schwarz A, Güntürkün O (2008) Mirror-induced behavior in the magpie (Pica pica): Evidence of self-recognition. PLoS Biol 6(8): e202. doi:10.1371/journal.pbio.0060202

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Onur Güntürkün, Biopsychologie, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum, Raum GAFO 05/618, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-26213, E-Mail: onur.guentuerkuen@rub.de


    Bilder

    Elster mit Markierung unter dem Schnabel
    Elster mit Markierung unter dem Schnabel

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    Prof. Dr. Onur Güntürkün
    Prof. Dr. Onur Güntürkün

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Elster mit Markierung unter dem Schnabel


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