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25.09.2008 18:30

Buchpräsentation der Europäischen Akademie: Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit

Friederike Wütscher Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit
Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH

    Bonn, 25. September 2008. - In Reaktion auf die Veränderungen des Klimas und andere ökologische Herausforderungen wird aus wissenschaftlichen Kreisen und aus der Politik zunehmend die Forderung laut, Individuum und Gesellschaft sollten ihre Lebensweisen am Konzept der Nachhaltigkeit ausrichten. Dies geht mit der Anforderung an die Schulen und andere Bildungseinrichtungen einher, die heranwachsende Generation zu einer solchen Lebensweise angemessen zu befähigen. Die Europäische Akademie GmbH hat daher in den vergangenen zwei Jahren das Projekt "Verantwortung für zukünftige Generationen. Schulische Umsetzung von Nachhaltigkeit" durchgeführt, das den Fragen der Bildung für nachhaltige Entwicklung gewidmet war und dessen Ergebnisse die Autoren heute in Bonn präsentierten.

    Im Rahmen des Projekts diskutierten Experten verschiedener Disziplinen - von den Erziehungswissenschaften über die Ökonomie bis hin zur Philosophie - intensiv die Grundlagen eines Bildungszieles "Nachhaltigkeit" als auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Umsetzung in die schulische Praxis. Der Autorengruppe kam es dabei vor allem darauf an, nach einigen Jahren der Erfahrung mit der Bildung für nachhaltige Entwicklung deren Grundlagen in bewusster Distanz zur Praxis zu überprüfen und etwaige Handlungshemmnisse aufzu-spüren. Im Vordergrund stand dabei die Frage, was eigentlich genau durch schulischen Unterricht befördert werden soll. Was etwa ist unter 'Nachhaltigkeit' zu verstehen, wenn eine nachhaltige Entwicklung der Verantwortung für zukünftige Generationen gerecht werden soll? Welche erkenntnistheoretischen und ethischen Erfordernisse erwachsen dann aus der Aufforderung zu einer nachhaltigen Lebensweise? Und welche Kompetenzen sind auszubilden, um diesen Erfordernissen zu begegnen? Ihre gemeinsam im interdisziplinären Diskurs entwickelten Antworten sowie daraus abgeleitete Empfehlungen hat die Projektgruppe in der Studie "Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Grundlagen und schulpraktische Konsequenzen" niedergelegt.
    In ihrem Bemühen um eine klärende Bestimmung des Bildungsziels "Nachhaltigkeit" hat die Gruppe im nachhaltigen Handeln ein uraltes Planungs- und Handlungsprinzip ausgemacht, dem jeder folgt, der auf die Zukunft gerichtete Interessen hat und das sinngemäß etwa formuliert werden kann: "Handle so, dass die (Neben-)Folgen Deines Handelns nicht die Voraussetzungen für künftiges Handeln zerstören". Da für das künftige Handeln dabei zwar meist eine geeignete, nicht aber eine bestimmte Ressource erforderlich ist, sieht die Gruppe die für künftiges Handeln bereitzustellenden Ressourcen zwar für prinzipiell ersetzbar an, markiert mit dem Hinweis auf bestimmte unverzichtbare Ressourcen auch klare Grenzen der Ersetzbarkeit ("kritische Nachhaltigkeit"). Den Prinzipien klugen Planens und Handelns sind aber die Prinzipien der Gerechtigkeit an die Seite zu stellen, wie sie seit je Gegenstand der philosophischen Untersuchungen sind: Wer auch die Voraussetzungen für das Handeln künftiger Generationen erhalten will, wird nicht bloß aus Gründen kluger Vorsorge, sondern aus Gründen der Gerechtigkeit um nachhaltiges Handeln bemüht sein. Die Gruppe spricht daher auch konsequent von einer Bildung für nachhaltige und gerechte Entwicklung.
    Eine solchermaßen vorausschauende, nachhaltige und im generationenübergreifenden Maßstab gerechte Gestaltung der künftigen Handlungsvoraussetzungen erfordert aber besondere sogenannte "Gestaltungskompetenzen". Insbesondere muss der Umgang mit großen, komplex oder unzureichend strukturierten Informationsmengen gelernt werden, der Einzelne muss unter den Bedingungen von Unsicherheit und Ungewissheit bei miteinander unvereinbaren Zielstellungen und mit sehr langfristiger Perspektive belastbare Entscheidungen treffen und auf Entscheidungsdilemmata angemessen reagieren können.
    Schulischer Unterricht sollte daher, so der Erziehungswissenschaftler Gerhard de Haan, Vorsitzender des Deutschen Nationalkomitees der UN-Dekade und Mitautor der Studie, verstärkt "output-orientiert" auf die Ausbildung solcher Kompetenzen zielen. Dabei spielen die Kompetenz zur vorausschauenden und disziplinenübergreifenden Gewinnung einer Sachbasis für die Entscheidungen, die Fähigkeit zur Rücksichtnahme und zur Kooperation mit anderen, zur Partizipation an kollektiven Entscheidungsprozessen, zur Motivation und zur Unterstützung anderer eine herausragende Rolle. Ein besonderes Augenmerk ist dabei den ökonomischen Kompetenzen für einen nachhaltigen Konsum gewidmet.
    Die Studie richtet sich an die Bildungspolitik auf Länder- und Bundesebene, die wissenschaftlichen Fachkreise und Beratungsgremien, die Träger für die Aus- und Weiterbildung der Lehrenden sowie einschlägige Berufsgruppen und -verbände.

    Veröffentlichung:
    G. de Haan, G. Kamp, A. Lerch, L. Martignon, G. Müller-Christ, H. G. Nutzinger: Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Grundlagen und schulpraktische Konsequenzen. Band 33 der Reihe 'Ethics of Science and Technology Assessment', hrsg. von C. F. Gethmann, Springer-Verlag, Berlin 2008

    Mitglieder der Projektgruppe:
    Professor Dr. phil. Gerhard de Haan, Berlin
    Professor Dr. phil. Anton Leist, Zürich
    Professor Dr. rer. nat. Laura Martignon, Ludwigsburg
    Professor Dr. rer. pol. Georg Müller-Christ, Bremen
    Professor Dr. rer. pol. Hans G. Nutzinger, Kassel
    StD Winfried Sander, Adenau

    Projektkoordination:
    Dr. phil. Georg Kamp, Europäische Akademie GmbH


    Weitere Informationen:

    http://www.ea-aw.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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