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01.12.2008 14:41

Fibrose - Fehlgeleitetes Immunsystem nach Stammzelltransplantation

Bernhard Knappe Vorstand
Wilhelm Sander-Stiftung

    Die Transplantation allogener hämatopoetischer Stammzellen hat sich zu einem wichtigen Therapieverfahren bei einer Vielzahl von malignen Erkrankungen des hämato-lymphatischen Systems, sowie hämatologischen und genetischen Erkrankungen entwickelt.

    Eine häufige und schwere Komplikation dieses Therapieverfahrens ist jedoch die chronische Graft-versus-Host Erkrankung (cGvHD), die durch eine Sklerose und Fibrose der betroffenen Organe gekennzeichnet ist. Die gegenwärtig eingesetzten anti-entzündlichen Ansätze sind meist nur unzureichend wirksam. Therapeutische Optionen zur Hemmung der Fibrose stehen derzeit nicht für den klinischen Gebrauch zur Verfügung. In einem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt untersucht die Arbeitsgruppe von PD Dr. Bernd Spriewald und Dr. Jörg Distler an der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen in einem experimentellen Modell die Wirksamkeit neuer anti-fibrotischer Therapieansätze zur Prävention und Behandlung der chronischen Graft-versus-Host Erkrankung.

    Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) ist inzwischen ein fest etabliertes Behandlungsverfahren bei einer Vielzahl von malignen Erkrankungen geworden. Für den Erfolg der Transplantation sind insbesondere die durch die transplantierten Immunzellen des Spenders vermittelten immunologischen Effekte entscheidend. Diese Immunreaktion des Transplantats gegen die malignen Zellen des Empfängers wird als gewünschte Reaktion als Graft-versus-Leukämie oder Graft-versus-Tumor Effekt bezeichnet. Leider lassen sich die durch die Spender-Immunzellen ausgelösten Reaktionen nicht beliebig steuern und so können sich als ein wesentliches Risiko der allogenen HSCT die Immunzellen des Spenders gegen gesundes Gewebe des Empfängers richten. Diese unerwünschte Transplantat-gegen-Wirt Reaktionen (Graft-versus-Host, GvHD) ist mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbundenen Ungefähr 40% - 60% von Langzeit-Überlebenden nach allogener HSCT entwickeln eine chronische GVHD.

    Ein charakteristisches Merkmal der chronischen GvHD ist eine massive Überproduktion und Akkumulation von extrazellulärer Matrix, welche zu einer zunehmenden Fibrose und Sklerose der Haut und der beteiligten inneren Organe führt. Dies hat die Zerstörung der normalen Gewebestruktur und Funktionseinschränkung oder -verlust der involvierten Organe zur Folge. An der Haut kommt es zu sklerodermieformen Veränderungen, die bis zu einer Einmauerung der Gelenke und zur Bewegungseinschränkungen führen können. Eine Beteiligung des Ösophagus ist durch eine Fibrosierung der Submukosa gekennzeichnet, die zu Schluckstörungen und Reflux führen können. Die Beteiligung des Gastrointestinaltraktes bedingt eine Malabsorption und Diarrhoe. Besonders gefürchtet ist ein Befall der Lunge, der zu einer restriktiven und bei peribronchialen Befall zu einer obstruktiven Lungenerkrankung führen kann.

    Bei der cGvHD entsteht die Fibrose durch eine unkontrollierte Aktivierung von Fibroblasten mit massiver Überproduktion von extrazellulärer Matrix. Die Mechanismen, welche zu dieser pathologischen Aktivierung der Matrixsynthese in den Fibroblasten führt sind dabei weitestgehend unbekannt. Daher existiert bisher keine spezifische Therapie zur Hemmung dieser pathologischen Fibroblastenaktivierung.

    Die Therapieprinzipien in der Behandlung der chronischen GvHD basieren nach wie vor weitgehend auf einer immunsuppresiven Therapie, welche keinen direkten Einfluss auf die Matrixproduktion der Fibroblasten und damit auf die Fibrose hat. Das Ansprechen auf diese Therapien ist insgesamt sehr unbefriedigend. Zudem bedingt eine Verstärkung der ungezielten Immunsuppression ein deutlich erhöhtes Infektrisiko, so dass Infektionen die Haupttodesursache von Patienten mit chronischer GvHD darstellen. Erforderlich wären hier gezielte Therapiemöglichkeiten zur Hemmung der Fibrose und Matrixakkumulation bei der chronischen GvHD. Diese stehen allerdings für den klinischen Gebrauch nicht zur Verfügung.

    In einem experimentellen Modell untersuchen PD Dr. Spriewald und Dr. Distler neue Wirkprinzipien für die Prävention und Behandlung der chronischen GvHD. Für die zu untersuchenden Wirkstoffe, bei denen es sich zumeist um niedermolekulare Präparate aus dem Bereich der "Targeted Therapies" handelt, wurde bereits in Vorversuchen eine anti-fibrotische Wirkung in-vitro durch mehrere Testverfahren belegt. Die Etablierung anti-fibrotischer Therapien könnte zu einer signifikanten Reduktion der Morbidität und Mortalität der Patienten nach allogener HSCT führen und damit die Prognose und Lebensqualität dieser Patienten verbessern.

    Kontakt: PD Dr. Bernd Spriewald, Erlangen
    Tel: +49 (9131) 8543116, Fax: +49 (9131) 8533399
    E-mail: bernd.spriewald@uk-erlangen.de
    Dr. Jörg Distler,Erlangen
    Tel: +49 (9131) 8543008, Fax: +49 (9131) 8534770,
    E-mail: joerg.distler@uk-erlangen.de

    Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 170.000 €.
    Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

    Weitere Informationen zur Stiftung: www.sanst.de


    Bilder

    Die untere Abbildung zeigt eine normale Hautbiopsie mit Haarfollikeln, während in der oberen Abbildung die Infiltration durch Immunzellen des Spenders nach Stammzelltransplantation bereits gut sichtbar ist (Pfeil).
    Die untere Abbildung zeigt eine normale Hautbiopsie mit Haarfollikeln, während in der oberen Abbildu ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Die untere Abbildung zeigt eine normale Hautbiopsie mit Haarfollikeln, während in der oberen Abbildung die Infiltration durch Immunzellen des Spenders nach Stammzelltransplantation bereits gut sichtbar ist (Pfeil).


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