Der grösste Teil des Datenverkehrs im Internet geht auf Peer-to-Peer-Netzwerke zurück, die unabhängig sind von bestimmten Internet Service Providern. Das EU-Projekt SmoothIT unter der Leitung von Burkhard Stiller von der Universität Zürich will nun ökonomische Anreizsysteme entwickeln, mit denen die Provider ihre Netze besser an die Peer-to-Peer-Nutzung anpassen und so günstigere und gleichzeitig auch bessere Dienste anbieten können.
Der Datenverkehr im Internet verdoppelt sich alle 18 Monate. Die Datenlast tragen dabei die Netzwerke der Telekommunikationsunternehmen und Internet-Service-Provider (ISP). Diese sind auf einen Datenverkehr ausgerichtet, bei dem die Endnutzer von einem zentralen Service-Anbieter Dienstleistungen - und damit auch den entsprechenden Datenverkehr - beanspruchen.
Der grösste Teil des Datenverkehrs im Internet, nämlich 80 Prozent, geht jedoch auf so genannte Peer-to-Peer-Applikationen zurück. Das sind Applikationen, wie beispielsweise das Download-Netzwerk BitTorrent, bei denen die Computer der Endbenutzer untereinander riesige Mengen von Daten austauschen, ohne dass ein zentraler Server eines Service Providers diesen Datenfluss steuert. Mit der zunehmenden Bandbreite der Internet-Anschlüsse wird die Bedeutung von Peer-to-Peer-Applikationen noch stärker zunehmen.
Die Peer-to-Peer-Netzwerke, auch Overlay-Netzwerke genannt, überlagern die von den ISPs zur Verfügung gestellten und gewarteten Netzwerkinfrastrukturen. Für deren Betreiber bedeutet dies, dass die Verteilung der Datenlast und der Datenflüsse auf ihren Netzwerken immer mehr durch solche Applikationen bestimmt werden, auf die sie keinen direkten Einfluss mehr haben. Deshalb ist für die ISPs die Frage entscheidend, wie sie einerseits die Struktur solcher Overlay-Netzwerke beeinflussen und andererseits ihr eigenes Netzwerk besser an diese anpassen können.
Das Projekt SmoothIT (Simple Economic Management Approaches of Overlay Traffic in Heterogeneous Internet Topologies) von Informatik-Professor Burkhard Stiller von der Universität Zürich will nun geeignete Mechanismen entwickeln, die es ermöglichen, Overlay-Netzwerke so zu strukturieren, dass sie sowohl für die Nutzer, die Overlay-Anbieter als auch für die ISPs möglichst effizient und damit kostengünstig sind. Dieses soll über ökonomische Anreize erreicht werden, die sowohl die ISPs wie auch die Betreiber von Overlay-Netzwerken zur Zusammenarbeit ermutigen.
Zum Beispiel könnten die ISPs dem Nutzer eines Overlay-Netzwerkes eine Liste mit den Peer-Computern anzeigen, die eine bestimmte Datei zum Download anbieten. Diese Liste ist nach Entfernungen geordnet. Der Benutzer hat ein Interesse daran, die Datei vom nächstgelegenen Peer herunterzuladen, da er dort mit den geringsten Verzögerungszeiten rechnen kann. Für den ISP bedeutet dies, dass dadurch die Daten auf dem effizientesten Weg zum Nutzer gelangen. Um die Informationen über die Entfernungen zwischen den Peers zu sammeln, müssen die ISP mit den Betreibern der Overlay-Netzwerken und auch mit anderen ISP zusammenarbeiten, denn die Overlay-Netzwerke dehnen sich über die Netze verschiedener ISP aus.
Um geeignete ökonomische Anreizsysteme für diese Zusammenarbeit zu konzipieren, wollen Stiller und sein Team zunächst Verkehrsdaten in existierenden Overlay-Netzwerken messen. Die Wirkung der Anreizsysteme soll dann in Modellen simulativ untersucht werden. Auf Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse werden Netzwerkprotokolle entworfen die in zwei verschiedenen Feldversuchen getestet. Für die Umsetzung der Anreizsysteme müssen zudem passende Protokolle zur Signalisierung erarbeitet werden, die die Messung, Abrechnung und partielle Kontrolle des von den Overlay-Netzwerken generierten Datenverkehrs ermöglichen.
Um die praktische Umsetzbarkeit in heutigen Netzwerken sicherzustellen, sind auch ISPs und Telekommunikationsanbieter in das Forschungsprojekt eingebunden. So haben die Forschungsabteilung der Telefonica in Spanien, das europäische Forschungslabor von DOCOMO in Deutschland und der ISP PrimeTel auf Zypern Anforderungen aus Sicht der Industrie an die zu entwickelnde Lösung formuliert.
SmoothIT, das vom 7. Rahmenprogramm der EU finanziert wird, soll es den ISPs ermöglichen, ihre Netze besser auf den Peer-to-Peer-Datenfluss auszurichten und dadurch die Infrastrukturinvestitionen und Unterhaltskosten zu senken. "SmoothIT wird es den ISPs erlauben, den Grossteil des Peer-to-Peer-Datenverkehrs genauer als bisher zu managen und auch finanziell geeignet abzurechnen", sagt Burkhard Stiller. "Dadurch können sie sowohl ihre Kapazitäten effizienter und kostengünstiger planen als auch ihre Einnahmen bei minimiertem Datenverkehr maximieren." Da der Datenverkehr zudem besser lokalisiert wird und über die richtigen ISP-Datenleitungen transportiert wird, profitieren gleichzeitig auch die Nutzer von zuverlässigeren und qualitativ besseren Dienstleistungen.
Neben der Universität Zürich sind an SmoothIT (Simple Economic Management Approaches of Overlay Traffic in Heterogeneous Internet Topologies) folgende Institutionen beteiligt:
- Technische Universität Darmstadt
- DOCOMO Communications Laboratories Europe GmbH
- Athens University of Economics and Business
- Julius-Maximilians Universität Würzburg
- AGH University of Science and Technology
- PrimeTel Limited
- Intracom S.A Telecom Solutions
- Téléfonica Investigación y Desarrollo
Das Programm wird unter anderem mit 3 Millionen Euro vom 7. Rahmenprogramm der EU finanziert und läuft bis Ende 2010.
Kontakt:
Prof. Dr. Burkhard Stiller, Universität Zürich, Institut für Informatik
Tel. +41 44 635 43 55
stiller@ifi.uzh.ch
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Informationstechnik
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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