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11.12.2008 11:18

Aktuelle Studie belegt: Ich-AG und Überbrückungsgeld auch langfristig ein Erfolg

Holger Hinte Öffentlichkeitsarbeit
Institut zur Zukunft der Arbeit

    Der Existenzgründungszuschuss (Ich-AG) oder das Überbrückungsgeld wurde von über einer Million Arbeitsloser zum Einstieg in die Selbständigkeit genutzt. Eine vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlichte Studie bewertet erstmals beide Instrumente als langfristig effektiv: Nach fünf Jahren sind noch 50-60% der Ich-AG-Gründer und zwischen 53-67% der mit Überbrückungsgeld Geförderten in Voll- oder Teilzeit selbständig tätig. Die Teilnehmer weisen zudem höhere Beschäftigungsquoten und Einkommen auf als eine vergleichbare Gruppe nicht-geförderter Arbeitsloser. Auf 100.000 Förderungen durch Überbrückungsgeld entfallen zudem neue Arbeitsplätze im Umfang von rund 80.000 Vollzeitstellen.

    Mit Einführung der Ich-AG zum 1. Januar 2003 standen gründungswilligen Arbeitslosen in Deutschland bis zum 1. August 2006 zwei Förderinstrumente zur Verfügung: das Überbrückungsgeld und der Existenzgründungzuschuss (Ich-AG). Die Erfolgserwartungen im Hinblick auf die Ich-AG waren eher pessimistisch, zumal das Instrument aufgrund der befürchteten Mitnahmeeffekte weithin als überflüssig angesehen wurde. Auch aufgrund ihrer inhaltlichen Ausgestaltung traute man der Ich-AG im Vergleich zum Überbrückungsgeld kaum einen nennenswerten Fördererfolg zu. In den kurz- bis mittelfristigen Analysen im Rahmen der "Hartz-Evaluationen" wurden beide Programme allerdings positiv bewertet. So wurde deutlich, dass sich beide Programme ergänzten, indem sie unterschiedliche Personengruppen zur Existenzgründung aktivierten. Die langfristigen Effekte dieser Förderinstrumente waren bislang allerdings noch unerforscht. Insbesondere hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Ich-AG-Gründungen blieben noch offene Fragen, da es bisher nur möglich war, die Geförderten im dritten und damit letzten Jahr ihrer Förderphase zu interviewen.

    Diese Lücke schließt die von den beiden IZA-Forschern Marco Caliendo und Steffen Künn in Zusammenarbeit mit Frank Wießner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veröffentlichte Studie. Die Datengrundlage der Analysen bildet eine im Sommer 2008 erhobene Telefonbefragung von geförderten Existenzgründern, die sich im dritten Quartal 2003 aus der Arbeitslosigkeit selbständig gemacht hatten und nun zum dritten Mal befragt wurden. Damit hat sich der Beobachtungszeitraum auf knapp fünf Jahre verdoppelt.

    "Verbleibsquoten in Selbständigkeit zwischen 50% und 70% nach fünf Jahren sind als Erfolg zu werten und wurden von uns so nicht erwartet", erläutert Marco Caliendo. Gegenüber der letzten Untersuchung (etwa zweieinhalb Jahre nach Gründungsbeginn) ist es bei den Ich-AG-Gründungen nochmals zu Rückgängen in der Selbständigenquote von ca. 10-15 Prozentpunkten gekommen. Ein entsprechend geringer Teil der Geförderten war also offenbar vom Zuschuss abhängig und hat nach dessen Auslaufen die Selbständigkeit beendet. Die mit Überbrückungsgeld geförderten Gründungen sind hingegen am Markt so fest etabliert, dass es zwischen dem dritten und fünften Jahr kaum noch zu einem Rückgang der Selbständigenquote kam. Ein weiterer positiver Effekt ergibt sich aus den zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätzen. Während nach wie vor nur etwa jeder fünfte Ich-AG-Gründer mindestens einen Beschäftigten hat, liegt diese Quote bei den Gründungen mit Überbrückungsgeld bei immerhin 40%. Auf ursprünglich 100.000 mit dem Überbrückungsgeld geförderte Unternehmensgründer entfallen rund 80.000 zusätzlich geschaffene Vollzeitäquivalente nach fünf Jahren; für die Ich-AG sind es immerhin noch 16.000.

    Auch im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von nicht-geförderten Arbeitslosen schneiden beide Programme sehr gut ab. Teilnehmer weisen eine deutlich höhere Erwerbsquote auf und erzielen zum Teil auch deutlich höhere Einkommen. "Die Integration von Arbeitlosen in den ersten Arbeitsmarkt ist mit beiden Programmen gelungen. Man kann also beide als effektive arbeitsmarktpolitische Instrumente bewerten", folgert Caliendo. Die erzielten Nettoeinkommen differieren stark zwischen Männern und Frauen in Ost- und Westdeutschland: Mit durchschnittlich knapp 2.700 Euro pro Monat erreichen Männer in Westdeutschland einen beachtlichen Spitzenwert. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse ist die Zusammenlegung beider Programme zum neuen Instrument "Gründungszuschuss" kritisch zu hinterfragen, da die bisherigen Programme im Vergleich zu anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen starke positive Effekte entfalten konnten. Ob dies mit dem neuen Gründungszuschuss auch erreicht werden kann, wird sich erst noch zeigen müssen.

    Der Volltext der Studie ist kostenlos über die IZA-Homepage abrufbar.

    Marco Caliendo, Steffen Künn, Frank Wießner:
    Die Nachhaltigkeit von geförderten Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit: Eine Bilanz nach fünf Jahren
    IZA Discussion Paper No. 3880, Bonn: Dezember 2008.
    http://ftp.iza.org/dp3880.pdf

    Pressekontakt:
    Dr. Marco Caliendo
    IZA
    Postfach 7240
    53072 Bonn
    Tel.: (0228) 3894-512
    E-mail: caliendo@iza.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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