Mannheimer Politikwissenschaftler widerlegen Argumente gegen den Lissabon-Vertrag / Nur jedes vierte deutsche Gesetz hat seinen Ursprung in Brüssel
Einige Argumente der Kläger gegen den EU-Vertrag von Lissabon sind empirisch nicht haltbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas König und Lars Mäder vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) an der Universität Mannheim. Derzeit berät das Bundesverfassungsgericht über eine mögliche Bedrohung der deutschen Demokratie durch eine Europäisierung der Gesetzgebung. Diese Gefahr sei deutlich geringer, als in der Öffentlichkeit oftmals propagiert werde, sagen die Mannheimer Wissenschaftler.
So sei es beispielsweise nicht zutreffend, dass mehr als 80 Prozent der deutschen Gesetzgebung durch die Europäische Union vorbestimmt werden. "Dieser Europäisierungsmythos basiert auf einer längst überholten Zukunftsprognose des ehemaligen Kommissionspräsidenten Jaques Delors aus den 1980er Jahren sowie auf einer nicht aussagekräftigen Statistik. Beide Quellen sind bei genauerer Untersuchung nicht haltbar", betont Thomas König.
König leitet am MZES unter anderem das Projekt "Die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union". Mit seinem Mitarbeiter Lars Mäder kommt er in einem Beitrag für die "Politische Vierteljahresschrift" (PVS) zu dem Schluss, dass im Durchschnitt tatsächlich nur etwa 24 Prozent der deutschen Gesetze von Europa vorbestimmt seien. Und selbst in Fällen, in denen ein europäischer Impuls vorliegt, trete keineswegs die von den Kritikern des EU-Vertrags befürchtete Entparlamentarisierung deutscher Politik ein. König: "Der Bundestag ist sich der Gefahr eines Abbaus seiner parlamentarischen Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten längst bewusst und nimmt regelmäßig seine Befugnis wahr, Änderungen an Gesetzen europäischen Ursprungs vorzunehmen." Gesetzesvorlagen mit europäischem Impuls würden vom Parlament sogar häufiger geändert als Regierungsvorlagen, die ihren Ursprung nicht bei der EU haben. Seine Ergebnisse hat König in einem Gastkommentar für die Online-Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" unter "www.zeit.de/online/2009/07/europa-gesetzgebung-parlament-deutschland" zusammengefasst.
König, Thomas/Mäder, Lars: "Das Regieren jenseits des Nationalstaates und der Mythos der 80-Prozent- Europäisierung in Deutschland", in: Politische Viertelsjahresschrift 49(3),438-464, 2008.
Prof. Dr. Thomas König
Universität Mannheim
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Leiter des Arbeitsbereichs "Die politischen Systeme Europas und ihre Integration" und Projektleiter
Telefon: +49-621-181-2073
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t.koenig@uni-mannheim.de
Nikolaus Hollermeier
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Direktorat / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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