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19.02.2001 10:37

Moratorium deutscher Rüstungsexporte nach Südafrika gefordert

Susanne Heinke Public Relations
Bonn International Center for Conversion (BICC)

    Internationales Konversionszentrum Bonn (BICC), medico international, Gemeinsame Konferenz der Kirchen für Entwicklung (GKKE), Economists Allied for Arms Reduction (Südafrika)
    fordern ein sofortiges Moratorium der deutschen Rüstungsexporte nach Südafrika bis die Korruptionsvorwürfe geklärt sind.

    1999 entschied sich die Regierung Südafrikas Rüstung im Wert von 30 Milliarden Rand zu importieren. Inzwischen ist dieser Betrag auf knapp 44 Milliarden Rand (rund DM 14 Mrd.) angewachsen. Neben Firmen aus Großbritannien, Italien und Schweden sind auch deutsche Unternehmen maßgeblich mit der Lieferung von 3 U-Booten und 4 Fregatten/Korvetten beteiligt. Zur Zeit befindet sich die Öffentlichkeit in Südafrika in heller Aufregung. Ein Allianz aus 30 relevanten zivilgesellschaftlichen Gruppen, darunter der südafrikanische Kirchenrat und der Dachverband der Nichtregierungsorganisationen, hat eine "Koalition gegen Militärausgaben" gegründet und wendet sich gegen das Rüstungsgeschäft. Die Regierung und ihre Beschaffungsbehörden stehen unter Druck, da es bei der Vergabe der Aufträge zu erheblichen Unregelmäßigkeiten wie Begünstigung von Firmen und Schmiergeldzahlungen gekommen sei. Entsprechende Untersuchungen von Staatsanwaltschaft und Untersuchungsausschüssen sind eingeleitet worden.

    Wir fordern ein sofortiges Moratorium der deutschen Lieferungen bis die Korruptionsvorwürfe geklärt sind.

    Grundlage eines solchen Moratoriums sind sowohl die in Deutschland geltenden Gesetze als auch die OECD-Konvention gegen Korruption, die eindeutig Schmiergeldzahlungen als illegal bezeichnen und damit das gesamte Geschäft hinfällig machen würden. Bis zur Aufklärung der Vorwürfe sollten sämtliche Leistungen aus Deutschland eingestellt werden.
    Neben den jetzt aufgetauchten Vorwürfen hatten die Kirchen, entwicklungspolitische Organisationen und Abrüstungsexperten sowohl in Südafrika als auch in Deutschland bereits früher erhebliche Zweifel am Sinn dieser Rüstungsgeschäfte geäußert und sich eindeutig dagegen ausgesprochen. Hierfür sind vor allen Dingen drei Gründe maßgebend:

    1. Entwicklungspolitisch ist dieses Geschäft äußerst problematisch. Welche Größenordnung dieser Handel hat, wird deutlich, wenn man ihn mit anderen Ausgaben vergleicht. Schon heute ist der Rüstungsetat Südafrikas dreimal so hoch wie die öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen.
    Der Militärhaushalt von derzeit knapp 11 Milliarden Rand muss beträchtlich steigen, um das neue Rüstungsgeschäft von über 44 Milliarden Rand in den nächsten 10 Jahren finanzieren zu können. Angesichts der knappen öffentlichen Mittel in Südafrika und dem Fehlen von Ressourcen, um die HIV-Plage zu bekämpfen, Ausbildungsprogramme zu finanzieren und die verarmte Bevölkerung sozial und wirtschaftlich zu stützen, halten wir dieses Rüstungsgeschäft für eine falsche Prioritätensetzung und für eine Verschwendung von Ressourcen.

    2. Die sicherheitspolitische Begründung für den Import von Rüstung in diesem Umfang - dem größten Geschäft in ganz Afrika südlich der Sahara - erscheint äußerst zweifelhaft. Schon jetzt gilt Südafrika als in der Region militärisch dominant. Alle Länder Afrikas zusammen genommen geben pro Jahr für Militär und Waffen weniger aus, als dieser eine Rüstungsimport kostet. Zusätzlicher Ausbau und Modernisierung der südafrikanischen Armee löst Bedrohungsängste in den Nachbarländern aus und wird vermutlich zu einem Rüstungswettlauf in der Region führen.

    3. Auch die wirtschaftlichen Konsequenzen werfen Fragen auf. Mit dem Rüstungsgeschäft sind sogenannte "Kompensations- oder Gegengeschäfte" verbunden. Vorrangig soll unter Systemführung der Essener Firma Ferrostahl ein Spezialstahlwerk an der Ostküste Südafrikas errichtet werden. Diese Gegengeschäfte sollen einen Wert von 110 Milliarden Rand haben und nach Auskunft der südafrikanischen Regierung 65.000 Arbeitsplätze schaffen. Die wirtschaftliche Rationalität diese Stahlwerkes wird von angesehenen Wirtschaftswissenschaftlern bezweifelt und die angegebene Zahl der Arbeitsplätze als völlig unrealistisch angesehen. Inzwischen wurde bekannt, dass Ferrostahl Schwierigkeiten hat, die zugesagte Investition zu realisieren.

    Wenn zu den Zweifeln an der sicherheitspolitischen, entwicklungspolitischen und betriebswirtschaftlichen Rationalität dieses Rüstungsprojektes nun auch noch Korruptionsvorwürfe hinzukommen, ist es Zeit zu handeln. Deshalb fordern wir die Bundesregierung nachdrücklich auf sofort ein Moratorium zu verhängen.

    weitere Informationen:

    Michael Dedek (BICC), Tel.: 0228-911 9652 (0175 33 45 427)
    Katja Maurer (medico ), Tel.: 069 - 944 38 29, (0171 1221261)


    Weitere Informationen:

    http://www.bicc.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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