Warmzeiten galten, verglichen mit den kälteren Episoden der Erdgeschichte, bisher als die stabileren Klimazustände. Eine Studie Kieler und mexikanischer Meeresforscher, die am 16. April 2009 in der international renommierten Fachzeitschrift Nature erscheint, zeigt, dass sich der Meeresspiegel auch in wärmeren Klimaten sehr rasch ändern kann. Als Ursache werden kollabierende Eisschilde vermutet.
Ein schnell steigender Meeresspiegel als direkte Folge der Erderwärmung ist wohl eine der größten unmittelbaren Bedrohungen, die unsere Gesellschaft in den kommenden Generationen drohen könnte. Aus der Vergangenheit, insbesondere der Übergangszeit von der letzten Eiszeit zur heutigen Warmzeit, welche vor etwa 14.000 Jahren begann, wissen wir, dass der Meeresspiegelanstieg nicht gleichförmig und linear, sondern eher sprunghaft und dann mit hohen Abschmelzraten vonstatten gegangen ist. Hierbei sind durchaus Änderungen von ca. 15 Metern in nur 300 Jahren rekonstruiert worden. Dies ist mehr als das 15-fache dessen, was wir heute beobachten.
Ein weiteres, sehr interessantes Zeitfenster in der Klimageschichte liegt 125.000 Jahre zurück. In dieser Warmzeit, einem sogenannten Interglazial war es etwa zwei Grad wärmer und auch der Meeresspiegel lag etwa sechs Meter höher war als heute. Die jetzt von einem mexikanischen und deutschen Forscherteam in der internationalen Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie, widmet sich der Frage, ob der Meeresspiegel langsam aufgrund des abschmelzenden Eises angestiegen ist, oder schnell aufgrund des Kollapses eines oder auch mehrerer Eisschilde angestiegen ist.
Dazu untersuchten die Meeresforscher aus Kiel und Cancun Korallenriffstrukturen, welche heute an Land, etwa sechs Meter über dem mittleren Hochwasser stehen. "Fossile Riffe sind ideale Anzeiger für die Höhe des Meersspiegels, denn sie können nur nahe der Meeresoberfläche wachsen", so Prof. Anton Eisenhauer, vom IFM-GEOMAR. "Bei unseren Untersuchungen haben wir bemerkenswerter Weise zwei Riffe vorgefunden: ein Riff, welches etwa drei Meter über dem heutigen Meeresspiegel lag und ein zweites, mehrere hundert Meter landeinwärts, welches ein Höhe von etwa sechs Metern über dem Meeresspiegel aufwies" so Eisenhauer weiter. Durch präzisere Datierung mit Hilfe von Isotopenuntersuchungen des im Kalk enthaltenen Spurenelementes Thorium (230Th) konnten die Forscher beweisen, das beide Riffe mehr oder weniger zeitgleich existiert haben oder kurz nacheinander entstanden sein müssen. "Durch den Vergleich der ökologischen Bedingungen können wir aber sicher sagen, dass das eine Riff quasi ertrunken sein muss, während das zweite, heute landeinwärts liegende Riff, entstand", erklärt Mitautor Dr. Volker Liebetrau vom IFM-GEOMAR.
Auch sein Kollege Dr. Jan Fietzke ist sich sicher: "Dieser Prozess muss sehr rasch, innerhalb von etwa 50 Jahren oder ein bis zwei " Korallengenerationen" abgelaufen sein, was einem Meeresspiegelanstieg von etwa sechs Zentimetern im Jahr entspricht". Dieses sei etwa 20-mal mehr als heute und könnte nur mit dem Kollaps eines oder mehrerer Eisschilde erklärt werden, schließen die Kieler Meeresforscher.
"Wir können nicht sagen, ob uns ein Eisschild-Kollaps innerhalb der nächsten Jahre oder Jahrzehnte droht. Wir wissen aber jetzt mit Sicherheit, dass ein solcher Kollaps drohen kann, da es früher einmal schon passiert ist. Die Eisschilde sollten daher sehr genau beobachtet werden um unsere Gesellschaft auf alle Eventualitäten einstellen zu können", resümiert Prof. Eisenhauer.
Originalarbeit
Blanchon, P., A. Eisenhauer, J. Fietzke and V. Liebetrau, 2009: Rapid sea-level rise and reef back-stepping at the close of the last interglacial highstand, Nature, 458 (7240), 881-884, doi: 10.1038/nature07933
Beispiel eines fossilen Korallenriffs. Foto: A. Eisenhauer, IFM-GEOMAR.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Anton Eisenhauer, Tel.: 0431 / 600 - 2282, aeisenhauer@ifm-geomar.de
Dr. Andreas Villwock (Öffentlichkeitsarbeit), Tel. 0431 / 600 - 2802, avillwock@ifm-geomar.de
Beispiel eines fossilen Korallenriffs.
Foto: A. Eisenhauer, IFM-GEOMAR.
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).