Zwischen grundsätzlicher Ablehnung und Reklamierung weiterer Verbesserungen: Studie der Qualitätsagentur der Universität Augsburg spiegelt komplex-realistisches Bild des Fürs und Widers von Studienbeiträgen aus studentischer Perspektive.
Augsburg/KPP - Eine knappe Zweidrittelmehrheit ist grundsätzlich gegen Studienbeiträge. Zugleich sind aber 54 Prozent mit den Veränderungen, die mit seit dem Sommersemester 2008 erhobenen Studienbeiträgen bislang erwirkt wurden, alles in allem zufrieden. Und gleichwohl sehen 89 Prozent wiederum durchaus ? allerdings unbelastet von der Frage der Finanzierbarkeit ? Studienbedingungsverbesserungspotentiale: Diese Daten verdeutlichen, dass es sich da um ein sehr komplexes Bild handelt, das sich aus der von der Qualitätsagentur der Universität Augsburg erarbeiteten Studie "Effekte der Studienbeiträge" ergibt: Einerseits überwiegt klar eine Studienbeiträge ablehnende Grundstimmung, andererseits werden die mit ihnen erzielbaren und erzielten Verbesserungen der Studienbedingungen nicht nur wahrgenommen, sondern weitere Verbesserungen, die unter den gegebenen Bedingungen ohne Studienbeiträge nicht finanzierbar sind, auch als nötig erachtet.
Bereits im Frühjahr 2008 wurden alle Studentinnen und Studenten der Universität Augsburg gebeten, in einer Online-Umfrage ihre Erfahrungen mit den neu eingeführten Studienbeiträgen und deren Auswirkungen zu äußern. Tatsächlich beteiligt haben sich schließlich 1007 Studentinnen und 1031 Studenten - insgesamt 14,3 Prozent aller im Wintersemester 2007/08 an der Universität Augsburg eingeschriebenen Studierenden.
Weit überproportional war die Beteiligung an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, weit unterproportional diejenige an der Philologisch-Historischen Fakultät. Dies ist insofern von Belang, als die Befragungsergebnisse von Fakultät zu Fakultät teils signifikant voneinander abweichen und u. U. anzunehmen ist, dass die Bereitschaft grundsätzlicher Studienbeitragsgegner, sich an der Umfrage zu beteiligen, relativ geringer ausgeprägt war.
Grundsätzliche Ablehnung von Studienbeiträgen
Dennoch spiegelt diese Studie mit Blick auf die grundsätzliche Haltung zu Studienbeiträgen ein deutliches Übergewicht einer nach wie vor prinzipiell ablehnenden Einstellung: Im gesamtuniversitären Durchschnitt sprechen sich 63,6 Prozent grundsätzlich gegen und lediglich 36,4 Prozent für Studienbeiträge aus. Die Ablehnung ist in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät mit 53,5 Prozent am niedrigsten und in der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät mit 73,2 Prozent am höchsten.
Die Höhe des Studienbeitrags
Unter der Voraussetzung, dass sie Studienbeiträge bezahlen müssen, haben die Augsburger Studentinnen und Studenten eine relativ homogene Meinung über die Beitragshöhe, die angemessen wäre: 90,4 Prozent plädieren hier für 0 bis 350 Euro pro Semester, wobei knapp ein Drittel (64,4 Prozent) von diesen, wenn?s denn sein muss - zwischen 200 und 350 Euro akzeptieren würden. Die tatsächlich pro Semester erhobenen 500 Euro halten nur 4,3 Prozent für angemessen und mit einem darüber hinausgehenden Betrag wären nur 2,7 Prozent einverstanden, von denen ? allerdings nur nebenbei bemerkt - wiederum die Hälfte angibt, sie würde auch 1000 und mehr Euro bezahlen. Für Beitragshöhen, die innerhalb des vom Hochschulgesetz markierten Spielraums von 300 bis 500 Euro liegen, plädieren insgesamt wiederum lediglich 7,3 %.
Dass die Höhe des aktuell erhobenen Beitrags auf nur geringe Akzeptanz stößt, wird aus einer anderen Perspektive bestätigt: Von den - allerdings nur - 15,5 Prozent, die die Frage, ob sie sich nochmals für ein Studium an der Universität Augsburg entscheiden würden, mit Nein beantworten, wird als einer von 18 Gründen von 74,5 Prozent - und damit mit Abstand am häufigsten - angeführt, dass im Verhältnis zum Angebot die Studienbeiträge zu hoch seien.
Relativ geringe Wahrnehmung studienbeitragsbedingter Veränderungen
Gesamtuniversitär meinen 44,9 Prozent der Befragten, dass sich die Studienbedingungen an ihrer jeweiligen Fakultät spürbar verändert hätten, und 54,8 Prozent sind mit diesen Veränderungen, die von der Gesamtheit mit der Schulnote 3,6 beurteilt werden, alles in allem zufrieden. Die Wahrnehmung der Veränderungen, die sich durch die Studienbeiträge ergeben haben, ist von Fakultät zu Fakultät recht unterschiedlich. Sie ist an der Philologisch-Historischen und an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, an denen 56,0 bzw. 54,5 Prozent solche Veränderungen sehen, am höchsten, an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen und an der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät ist sie am geringsten. Dort nehmen nur 34,7 bzw.35,1 Prozent der Studierenden eine Veränderung wahr.
Deutlich als Veränderung wahrgenommen wird insbesondere die Zunahme der Zahl regulärer Lehrveranstaltungen, die von 57,7 Prozent aller Befragten als Verbesserung der Studienbedinungen gesehen wird. Das verbreiterte Angebot an zusätzlichen Lehrveranstaltungen (Tutorien etc.) wird sogar von 79,3 Prozent als Fortschritt gewürdigt. Bezüglich anderer studienbeitragsfinanzierter Maßnahmen überwiegt hingegen die Zahl derer, die keine signifikante Veränderung zu erkennen vermögen: Rund zwei Drittel meinen, an der multimedialen Ausstattung der Hörsäle und Seminarräume habe sich nichts geändert. Trotz des durchaus realisierten breiteren Veranstaltungsangebots halten 55,8 bzw. 66,4 Prozent das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Studierenden und Lehrenden bzw. die Zugänglichkeit zu Lehrveranstaltungen für unverändert.
Relativ hohe Zufriedenheit mit den Studienbedingungen allgemein
Der nur partiellen Wahrnehmung einer durch die Studienbeiträge verursachten Verbesserung der Studienbedingungen steht eine relativ hohe Zufriedenheit mit den Augsburger Studienbedingungen an sich gegenüber: Um die Beurteilung von 16 einzelnen Kriterien gebeten, die für die Qualität der Studienbedingungen relevant ist, äußerten sich zwischen zwei Drittel und drei Viertel aller Befragten bei neun dieser Kriterien - darunter Qualität der Lehre, Anzahl der Lehrveranstaltungen, technische Ausstattung, LAN-Abdeckung - zufrieden. Eine Mehrheit über 50 Prozent gibt lediglich bei fünf eher "weichen" Kriterien Unzufriedenheit zu Protokoll.
Weitere Verbesserungsbedarfe
Dass 80,9 Prozent aller Befragten mit ihrem Studium an der Universität Augsburg alles in allem zufrieden sind, widerspricht vor diesem Hintergrund nicht dem Ergebnis, dass andererseits nur 54,8 Prozent mit den durch Studienbeiträge erzielten Verbesserungen zufrieden sind.
Und Zufriedenheit mit den Studienbedingungen heißt selbstverständlich auch nicht, dass nicht weiterer Verbesserungsbedarf gesehen würde: Insgesamt sind 89 Prozent aller Befragten der Meinung, dass es solchen Verbesserungsbedarf gebe. Mit Ausnahme der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, an der nur 68,7 Prozent dieser Ansicht sind, liegt dieser Prozentsatz an allen anderen Fakultäten zwischen 86,5 (Angewandte Informatik) und 96,8 (Phil.-Hist. Fakutät) Prozent. Die konkreten Verbesserungsbedarfe, die angemeldet werden, sindf von Fakultät zu Fakultät wieder sehr unterschiedlich, wobei über diese Differenzen hinweg eine weitere Verbreiterung und Vertiefung des Lehrangebots sowie zusätzliche Raumkapazitäten weit oben auf der Wunschliste rangieren.
73,4 bzw. 68,7 Prozent aller Befragten würden darüber hinaus gerne mehr über die tatsächliche bzw. geplante Verwendung der Studienbeitragseinnahmen erfahren. Hinsichtlich der Beitragsbefreiuungs- und -finanzierungsmöglichkeiten meinen nur 39,6 bzw. 24,1 Prozent und hinsichtlich der Möglichkeit, eigene Verwendungsvorschläge einbringen zu können, nur 32,7 Prozent, dass sie hier noch besser informiert werden könnten.
In ihrer Studie hat die Qualitätsagentur nicht nur die Wahrnehmung der direkten Auswirkungen der Studienbeiträge auf die materiellen Studienbedingungen untersucht, sondern auch die indirekten Auswirkungen, die sich über etwaige Veränderungen des studentischen Lebensstils und des Studierverhaltens ergeben.
500 Euro pro Semester bei 300 bis 700 Euro pro Monat
Angesichts der ihnen verfügbaren Monatsbudgets, die von den Studierenden angegeben werden - 60,2 Prozent verfügen monatlich über 300 bis 700 Euro, 17,3 Prozent müssen mit 300 oder weniger Euro auskommen und bei lediglich 22,5 Prozent übersteigt dieses Budget 700 Euro -, ist es nicht erstaunlich, dass sich 48 Prozent durch die Beitragszahlungen in ihrem Lebensstil erheblich eingeschränkt fühlen, während weitere 30 Prozent nur geringe Einschränkungen empfinden und nur 22 Prozent angeben, dass die Studienbeiträge keine Auswirkungen auf ihren Lebensstil hätten.
Nur noch das Pflichtprogramm
Selbst bei denjenigen, die keine Einschränkung ihres Lebensstils durch Studienbeiträge empfinden, führen diese offenbar zu einer Änderung des Studierverhaltens: 93,6 Prozent aller befragten geben zumindest an, dass sie ihr Studium aus Kostengründen jetzt so schnell wie möglich abschließen wollen, dass sie sich dabei zeitlich unter Druck gesetzt sehen (92,6 Prozent) und dass sie nur noch Veranstaltungen besuchen, die mit ihrem Studienfach in direktem Zusammenhang stehen (78,9 Prozent) bzw. die verpflichtend sind und Leistungspunkte einbringen (70,2). Wobei hier anzumerken ist, dass die strukturelle Straffheit der neuen Bologna-Studiengänge den finanziell-beitragsverursachten Druck faktisch zur eher belanglosen Nebensache macht.
Plausibles Bild der Realität ohne Überraschungen
"Ich denke, dass diese Studie zu den Auswirkungen der Studienbeiträge ein plausibles Bild der Realität ohne Überraschungen zeichnet", resümiert Vizepräsident Prof. Dr. Alois Loidl. Dass die grundsätzliche Ablehnung der Beiträge unter den Studentinnen und Studenten überwiegt, sei nachvollziehbar, dass die Verbesserungen, die mit den Beiträgen bereits erzielt worden sind, von einem nicht unbeträchtlichen Teil der Studierenden als solche wahrgenommen werden, sei erfreulich. "Vielleicht", so Loidl, "müssen wir durch eine offensivere Informationspolitik noch mehr dafür tun, um diese Wahrnehmung zu fördern." Die überwiegende Zufriedenheit mit den Studienbedingungen an der Universität Augsburg allgemein, die sich aus dieser Studie ebenfalls ergebe, mache es den Studentinnen und Studenten vielleicht etwas schwieriger, die Verbesserungen, die mit den Beitragseinnahmen bei allen anfänglichen Reibungsverlusten erzielt werden konnten, als solche zu sehen.
Studienbeiträge und Konkurrenzfähigkeit
Dass Studentinnen und Studenten praktisch geschlossen weitere Verbesserungen der Studienbedingungen für nötig erachten, hat für Loidl zwei Aspekte: "Zum einen sind die von den Studierenden konkret formulierten Optimierungsmöglichkeiten hilfreich, um die Mittel aus den Studienbeiträgen noch gezielter einsetzen und die Verbesserungen dadurch augenfälliger machen zu können", meint er, wenngleich der zweckgerechte Einsatz der Beitragsmittel an der Universität Augsburg bestmöglichst von Anfang an dadurch sichergestellt sei, dass die Studierenden über die konkrete Verwendung der Beiträge gleichberechtigt mitbestimmen und zudem ein Vetorecht besitzen. "Zur Forderung nach weiteren Verbesserungen müssen wir andererseits aber auch ganz klar sagen, dass wir unter den Bedingungen unserer staatlichen Finanzausstattung auf Studienbeiträge angewiesen sind, wenn wir in der Lage sein wollen, entsprechende Forderungen und Vorschläge zu realisieren und unter dem Gesichtspunkt der Studienbedingungen, die wir bieten können, konkurrenzfähig sein und bleiben zu wollen", betont Loidl. Unter diesem Aspekt sei letztlich auch die Frage der Beitragshöhe zu sehen, die laut der Augsburger Beitragssatzung alle drei Jahre auf ihre Angemessenheit hin überprüft wird. Erstmals wird dies 2010 der Fall sein.
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Die 110-seitige Studie "Effekte der Studienbeiträge" kann per E-Mail an klaus.prem@presse.uni-augsburg.de kostenfrei angefordert werden.
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