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28.05.2009 16:08

Intelligente Objekte, Internet der Dinge: Technischer Fortschritt hängt Gesetzgebung ab

Jann Gerrit Ohlendorf Geschäftsstelle München
acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften

    Berlin, 28. Mai 2009. Der Nutzen, den Intelligente Objekte stiften können, ist groß. Nicht gering sind aber auch die Befürchtungen, wenn Chiptechnik den Alltag durchdringt. Wenn der Aufmerksamkeitsassistent im Auto anhand der Lidschlag-Frequenz einen drohenden Sekundenschlaf erkennt, können Intelligente Objekte Leben retten. Sie speichern allerdings auch permanent Daten und verteilen sie über Netzwerke. Die bisherigen Datenschutzgesetze sind für diese Datenspuren bislang kaum ausgelegt. Den Chancen, Herausforderungen aber auch den Risiken durch den Siegeszug der Intelligenten Objekte widmet acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften am 28. Mai ein Forum in Berlin.

    Im dbb Forum wird acatech Empfehlungen vorstellen, wie Deutschland das Potenzial Intelligenter Objekte auf möglichst intelligente Weise nutzen kann und wie sich datenschutzrechtliche Risiken minimieren lassen.

    Doch was macht einen simplen Gegenstand zu einem Intelligenten Objekt? Einen Mikroprozessor und einen Speicher muss er mindestens besitzen, sagen die Wissenschaftler der Projektgruppe. Komplexere intelligente Objekte haben eine eigene Energieversorgung, Sensoren, die Daten aus der Umgebung erheben und Drahtlosschnittstellen mit anderen Intelligenten Objekten.

    Die untere Schwelle zur "Objektintelligenz" bilden passive RFID-Chips, die im Handel verkaufte Ware automatisch registrieren. Doch Intelligente Objekte können mehr. Zum Beispiel in der Wohnumgebung alter Menschen: Sie können Notfälle registrieren und den Arzt rufen; sie können die korrekte Medikamenteneinnahme überwachen und wissen, wann in der Küche Lebensmittel nachgekauft werden müssen. Intelligente Objekte haben das Potenzial, die vertraute Wohnung in einen behüteten aber auch überwachten Raum verwandeln.
    Der Bundesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, wird beim Forum den potenziellen Risiken für die informationelle Sebstbestimmung der Bürger das nötige Gewicht geben.

    "Die Feststellung, dass Computer allgegenwärtig sind, bekommt mit der Verbreitung von Chiptechnik in Alltagsgegenständen eine ganz neue Qualität. acatech widmet den Intelligenten Objekten jedoch nicht nur ein Forum, um den Stand der Technik zu beschreiben. Wir wollen aufzeigen, wo die zentralen Herausforderungen liegen und was vielversprechende Lösungsansätze sind", sagte acatech Präsidiumsmitglied Henning Kagermann. Der ehemalige SAP-Vorstandssprecher wird vom ersten Juni an gemeinsam mit Reinhard Hüttl der Akademie als Präsident vorstehen.

    Die zentralen Herausforderungen, die mit dem Siegeszug Intelligenter Objekte verbunden sind, skizziert Projektleiter Otthein Herzog vom TZI - Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik der Universität Bremen: "Die Entwicklung neuer Technologien muss noch interdisziplinärer arbeiten und möglichst frühzeitig die Nutzer einbinden, damit neue Produkte nicht an den Menschen vorbei entwickelt werden. Auf der technischen Seite verspricht eine kleinere und leichtere Energieversorgung Intelligenter Objekte entscheidenden Fortschritte für die Nutzung. Wirtschaftspolitisch sollte - ähnlich wie im Mobilfunk - die Frage nach Standards lauter gestellt werden, damit die verschiedenen Systeme besser zusammenarbeiten können. Gleichzeitig handelt es sich um Technologien, die unser Alltagsleben stark verändern werden, was neue rechtliche und gesellschaftliche Fragen aufwirft."

    Eine großes Defizit besteht laut dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, in der im Hinblick auf das bestehende Recht unklaren Rollenverteilung, weil vernetzte Intelligente Objekte in alltäglichen Situationen eigenständig Daten aufnehmen, speichern und über Netzwerke verteilen: "Wenn in Kraftfahrzeugen Daten aufgezeichnet oder wenn mittels RFIDs oder Transplantaten Vitaldaten erhoben werden, ist durchaus fraglich, wer die verantwortliche Stelle für diese Daten ist. Ist es der Betroffene selbst? Was ist die Rolle der Hersteller und wie ist es um die Verantwortlichkeit der Betreiber und Dienstleister bestellt?"

    Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften stellt in ihrem Positionspapier zum Thema fest, dass das bestehende Datenschutzrecht nicht mehr ausreicht. acatech empfiehlt deshalb gesetzliche Regelungen, die sicher stellen,
    - dass Nutzer Einsicht in alle im Zusammenhang mit ihren Handlungen erhobenen Daten und ihre Verwendung erhalten können,
    - dass diese Daten möglichst dezentral gespeichert werden, um die Möglichkeiten des Datenmissbrauchs zu minimieren,
    - und dass so weit wie möglich keine "passiven" Dienste ohne ausdrückliche Einwilligung der Nutzer installiert werden.

    Als interdisziplinäre Akademie beleuchtet acatech auch die philosophischen und soziologischen Aspekte der Entwicklung. Die miniaturisierten, verteilten und vernetzten Systeme lassen sich kaum als Objekte im klassischen Sinne, also Gegenstände oder Werkzeuge charakterisieren. Denn das Handeln ist hier auf menschliche und nicht-menschliche Akteure verteilt; Intelligente Objekte nehmen über Sensoren Daten aus ihrer Umwelt auf und reagieren eigenständig. Die Fachwissenschaften sind eben erst dabei, eine angemessene Beschreibungssprache für diese neue Qualität der Technik und ihre Strukturen zu entwickeln.

    Das Forum Intelligente Objekte findet am 28. Mai von 17:00 bis 19:45 Uhr im dbb Forum Berlin, Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin statt. Einlass ist ab 16:00 Uhr. Journalisten sind herzlich eingeladen.

    Das Forum moderiert Birgit Kolkmann vom Deutschlandradio. Referenten sind
    - Prof. Dr.-Ing. Heinz Gerhäuser, Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS,
    - Prof. Dr. Otthein Herzog, Technologie-Zentrum Informatik TZI, Universität Bremen,
    - Dr. Uwe Kubach, Research Center Dresden, SAP AG,
    - Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit,
    - Prof. Dr.-Ing. Dieter Spath, acatech, Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation IAO
    - Prof. Dr. Dr. Thomas Schildhauer, Institute of Electronic Business IEB e. V. und Universität der Künste Berlin

    Weitere Infomationen sowie die Empfehlungen der Akademie und ein ergänzender Band der Reihe acatech DISKUTIERT zum download unter www.acatech.de/intelligente-objekte.

    Über acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
    acatech - DEUTSCHE AKADEMIE DER TECHNIKWISSENSCHAFTEN vertritt die Interessen der deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise. Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen auf dem besten Stand des Wissens. Darüber hinaus hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern.

    Zu den Mitgliedern der Akademie zählen herausragende Wissenschaftler aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. acatech finanziert sich durch eine institutionelle Förderung von Bund und Ländern sowie durch Spenden und projektbezogene Drittmittel. Um die Akzeptanz des technischen Fortschritts in Deutschland zu fördern und das Potenzial zukunftsweisender Technologien für Wirtschaft und Gesellschaft deutlich zu machen, veranstaltet acatech Symposien, Foren, Podiumsdiskussionen und Workshops. Mit Studien, Empfehlungen und Stellungnahmen wendet sich acatech an die Öffentlichkeit.

    acatech, dessen Name für die Verbindung von Academia und Technik steht, besteht aus drei Organen: Die Mitglieder der Akademie sind in der Mitgliederversammlung organisiert; das Präsidium, das von den Mitgliedern und Senatoren der Akademie bestimmt wird, lenkt die Arbeit; ein Senat mit namhaften Persönlichkeiten vor allem aus der Industrie, aus der Wissenschaft und aus der Politik berät acatech in Fragen der strategischen Ausrichtung und sorgt für den Austausch mit der Wirtschaft und anderen Wissenschaftsorganisationen in Deutschland.

    Präsidenten von acatech sind Prof. Dr.-Ing. Joachim Milberg und Professor Dr. Reinhard Hüttl; den Vorsitz des Senats hat Bundespräsident a. D. Prof. Dr. Roman Herzog inne. Die Geschäftsstelle von acatech befindet sich in München; zudem ist acatech mit einem Hauptstadtbüro in Berlin vertreten. Auf internationaler Ebene wirkt acatech mit im European Council of Applied Sciences, Technologies and Engineering (Euro-CASE) und im International Council of Academies of Engineering and Technological Sciences (CAETS).

    Kontakt und weitere Pressematerialien:
    Jann Gerrit Ohlendorf
    Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit acatech
    Residenz München
    Hofgartenstraße 2
    80539 München
    Tel. +49(0)89/5 20 30 940
    mob.+49(0)/176 23 88 61 65
    Fax +49(0)89/5 20 30 99
    ohlendorf@acatech.de
    Weitere Informationen unter www.acatech.de


    Weitere Informationen:

    http://www.acatech.de/intelligente-objekte.


    Bilder

    Ein Beispiel Intelligenter Objekte: Der "Gestenhandschuh" macht es möglich, Computer per Fingerzeig zu steuern. Er rechnet kleine Handbewegungen in Mausbefehle um. Quelle: MRC Bremen
    Ein Beispiel Intelligenter Objekte: Der "Gestenhandschuh" macht es möglich, Computer per Fingerzeig ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Pressetermine
    Deutsch


     

    Ein Beispiel Intelligenter Objekte: Der "Gestenhandschuh" macht es möglich, Computer per Fingerzeig zu steuern. Er rechnet kleine Handbewegungen in Mausbefehle um. Quelle: MRC Bremen


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