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02.06.2009 10:41

Europawahl 2009: Kommunikationswissenschaftler rechnen mit geringer Wahlbeteiligung

Florian Klebs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim

    Forscher der Universität Hohenheim: Nationale Politiker profilieren sich auf Kosten der Europa-Kandidaten / Wahlplakate haben zweifelhafte Botschaften

    Die Beteiligung an den Wahlen zum Europaparlament am kommenden Sonntag wird weit hinter dem Möglichen zurückbleiben, prognostiziert Prof. Dr. Frank Brettschneider, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Hohenheim im Rahmen seines Forschungs-Schwerpunktes, mit dem er die anstehenden Wahlkämpfe begleitet. Schuld daran tragen auch die nationalen Politiker, die sich auf Kosten ihrer EU-Kollegen profilieren und diese aus Berichterstattung und öffentlichem Bewusstsein drängen. Hinzu kommen Fehler in der heißen Wahlkampf-Phase: Plakate, die wenig aussagen oder gar gegen die beabsichtigten Interessen arbeiten.

    Der Effekt sei deutlich nachweisbar: Wenn Medien häufig und kontinuierlich über Europathemen berichteten, dann werde das Europaparlament als wichtig eingestuft und es steige auch die Beteiligung an der Europawahl. Dass in Deutschland kaum über das Europaparlament berichtet werde, lastet Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Brettschneider jedoch weniger den Medien an.

    "Schuld tragen vor allem die nationalen Politiker. Sie profilieren sich, in dem sie Erfolgsnachrichten für sich verbuchen und bei Misserfolgen die EU als Sündenbock missbrauchen", meint Prof. Dr. Brettschneider.

    In deutschen Medien werde Europa folglich nur thematisiert, um über Kuriositäten (wie die EU-Norm für Traktorensitze oder die Krümmung von Bananen) zu berichten. Oder über Spitzentreffen von Regierungschefs. Zudem dominiere in der Berichterstattung die Europäische Kommission. Das Europaparlament komme erst an dritter Stelle - sogar noch hinter dem Ministerrat. Dies werde der gewachsenen Bedeutung des Europäischen Parlaments nicht gerecht. Das Europaparlament sei aus den oben genannten Gründen aber nicht nur selten, sondern auch negativ in den Medien präsent. Die deutschen Kandidaten für das europäische Parlament seien dementsprechend oft unbekannt oder unpopulär.

    In der heißesten Phase des Wahlkampfs begingen die Parteien vor allem mit ihren Wahlplakaten weitere Fehler. Man habe den Eindruck, so Brettschneider, der Europawahlkampf sei eher ein Vorgeplänkel zum Bundestagswahlkampf, statt das Ringen um die richtige europäische Politik. Im Einzelnen kritisiert der Kommunikationswissenschaftler.

    SPD mit Negative Campaigning

    "Die SPD versucht mit einem neuartigen Negative Campaigning Aufmerksamkeit auf die Europawahl zu lenken. Das gelingt, allerdings dürfte die Kritik am politischen Gegner alleine keine Wechselwähler überzeugen. Gerade in Krisenzeiten erwarten die Bürger, dass die Parteien zusammenarbeiten."

    CDU als Obama-Kopie

    "Der Wahlslogan der CDU "Wir in Europa" versucht, das Wir-Gefühl des Obama-Wahlkampfes zu kopieren. Als einzige Aussage ist "Wir in Europa" aber ein wenig dünn, die Strategie läuft Gefahr, als Kopie abgetan zu werden."

    Die Grünen: Werbung à la Mediamarkt

    "Mit ihrem "Wums" lehnen sich die Grünen an Werbung großer Elektronik-Fachmärkten an. Das ist zumindest ein Experiment, allerdings auch in der eigenen Klientel stark umstritten. Wums bleibt für viele Wählerinnen und Wähler zu abstrakt."

    FDP allein mit bekanntem Zugpferd

    "'Keine Experimente' lautet dagegen die Strategie der FDP, die allein auf die Kandidatin Silvana Koch-Mehrin setzt: Jene Frau, die es schon bei der vergangenen Wahl geschafft hat, die FDP nach zehnjähriger Abstinenz wieder ins Europaparlament zu bringen. Allerdings birgt die starke Personalisierung auch die Gefahr, mit den eigenen Themen unterzugehen."

    Auf einen organisatorischen Kniff führt Prof. Dr. Brettschneider zurück, dass am kommenden Sonntag die Wahlbeteiligung in einigen Bundesländern höher ausfallen wird als in anderen: "Wir werden dort eine überdurchschnittliche Wahlbeteiligung haben , wo die Europawahl mit den Kommunalwahlen zusammenfällt - etwa in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und in Thüringen. Insgesamt wird die Wahlbeteiligung jedoch gering sein - vermutlich unter 50 Prozent", so viel wagt der Wahlkampfexperte Prof. Dr. Brettschneider vorauszusagen.

    Die Wirkung von Wahlplakaten ist eines der Themen, mit dem sich Prof. Dr. Brettschneider im Rahmen seiner Wahlkampfforschung beschäftigt. Brettschneider und sein Team untersuchen die Wahlplakate als ein Element des Wahlkampfs, das sich direkt auf das Wählerverhalten auswirkt. Im Rahmen ihrer Promotion beschäftigt sich Stephanie Geise am Lehrstuhl von Prof. Dr. Brettschneider mit der Analyse von Wahlplakaten und der Rezeption der Wähler.

    Hintergrund: Wahlkampf im Fokus der Forschung

    Wie wichtig die Spitzenkandidaten wirklich sind, wie Wahlplakate und Wählerumfragen wirken, ob sich Wähler durch das Web 2.0 besonders mobilisieren lassen und welchen Politikern es gelingt, sich verständlich zu machen: In den kommenden Monaten bilden Themen wie diese einen besonderen Schwerpunkt in der wissenschaftlichen Arbeit des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft von Prof. Dr. Frank Brettschneider an der Universität Hohenheim. Ein besonderer Höhepunkt wird eine Live-Auswertung des TV-Duells, bei der 100 repräsentative Fernsehzuschauer die Aussagen der Kanzlerkandidaten in Echtzeit bewerten.

    Links:
    Forschungsschwerpunkt Wahlkampf: http://<https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_...;

    Ansprechperson:
    Prof. Dr. Frank Brettschneider, Institut für Sozialwissenschaften, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft insb. Kommunikationstheorie,
    Fruhwirthstr. 46, 70599 Stuttgart
    Tel.: 0711 459-24030, Email: frank.brettschneider@uni-hohenheim.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3304&a...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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