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09.06.2009 10:44

Immer an die Leser denken: Repräsentative Studie untersuchte Erwartungen an die Qualität von Zeitungen

Dipl.-Journ. Constantin Schulte Strathaus Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

    Mit der Schließung oder Zusammenlegung von Redaktionen reagieren viele deutsche Zeitungsverlage auf die Wirtschaftskrise. "So können zwar kurzfristig konjunkturelle Probleme abgefangen werden. Das eigentliche Problem besteht jedoch seit Jahren in einem schleichenden Schwund der Leserschaft, dem man mit einer nachhaltigen Investition in Qualität begegnen sollte", sagt Privatdozent Dr. Klaus Arnold, wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Journalistik II der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). In einer repräsentativen Studie untersuchte Arnold, was dem Zeitungspublikum besonders wichtig ist.

    Dazu wurden rund 1200 Personen über 14 Jahren telefonisch befragt, indem sie jeweils 27 Aussagen zur Qualität von Zeitungen bewerteten. Generell legten die Befragten Wert auf eine übersichtliche und angenehm zu lesende Mischung aus vielen kurzen Berichten und einigen längeren Hintergrundanalysen, die eine unabhängige tagesaktuelle Orientierungsleistung erbringen: Was ist überhaupt passiert? Was ist besonders relevant? Darüber hinaus wird erwartet, dass eine Zeitung mit Menschen respektvoll umgeht. Fast ein Drittel der Leser meint, ihre Zeitung sei nicht unabhängig und packe zu selten heiße Eisen an. Auch die Trennung von Nachricht und Meinung, Meinungsvielfalt und der Bezug zur Lebenswelt werden von ähnlich vielen Lesern angemahnt: So versäumen es manche Zeitungen, ihren Lesern zu erklären, inwieweit sie von wichtigen Entwicklungen selbst betroffen sind.

    Werden die verschiedenen Zeitungsarten getrennt betrachtet, zeigt die jeweilige Leserschaft typische Vorlieben: Boulevardzeitungsleser legen mehr Wert auf Unterhaltung und angenehme Lesbarkeit, Regionalzeitungsleser schätzen den Bezug zu ihrer Lebenswelt und Leser überregionaler Blätter erwarten mutigen sowie kritischen Journalismus. Besonders Boulevardzeitungsleser machen zahlreiche Mängel aus; diese betreffen fast alle klassischen journalistischen Qualitäten wie Glaubwürdigkeit oder Neutralität, aber auch den respektvollen Umgang mit Menschen in der Berichterstattung. "Jedoch fallen diese Defizite für die Boulevardleser wohl nicht so stark ins Gewicht. Gerade indem Boulevardblätter weniger auf klassische journalistische Qualitäten achten, gewinnen sie bei einer anderen Qualität hinzu: Sie stellen vor allem eine unterhaltsame Lektüre dar", so Arnold. Regionalzeitungsleser vermissen hingegen insbesondere einen mutigeren Journalismus. Leser überregionaler Blätter erwarten mehr kurze Berichte sowie eine stärkere Trennung von Nachricht und Meinung.

    Die von den Zeitungen nur noch schwer zu erreichenden jüngeren Menschen legen mehr Wert auf ein attraktives Layout und eine unterhaltsame Präsentation. Zudem gibt es Anzeichen, dass die Zeitungen zu wenig jugendrelevante Themen behandeln und es versäumen, Bezüge zum Alltag der jungen Menschen herzustellen. "Da die jüngeren Altersgruppe zwischen 14 und 29 Jahren aber insgesamt ein deutlich geringeres Bewusstsein für die meisten Zeitungsqualitäten hat, reicht es nicht aus, diese über spezielle Angebote im Blatt oder im Internet anzusprechen. Wichtig ist es, das Interesse für einen hochwertigen Journalismus zu wecken, also die medienpädagogischen Anstrengungen - Stichwort ,Zeitung in der Schule' - deutlich zu verstärken", sagt Klaus Arnold.

    Ein Mehr an Qualität und Reichweite sei jedoch nicht umsonst zu haben: Wenn selbst in wirtschaftlich guten Zeiten künftig nicht in die Qualität der Blätter investiert werde, gerieten diese in eine Abwärtsspirale: Auf Einnahmeverluste werde mit einem Abbau von Qualität reagiert, was weniger Leser und Einnahmen zur Folge hätte, worauf wiederum mit einem Abbau von Qualität reagiert werde. "Zumindest bei einigen großen Medienunternehmen ist auch jetzt Geld vorhanden, dennoch werden selbst dort Stellen abgebaut. Angesichts der Bedeutung von Journalismus für die Gesellschaft wären auch gezielte staatliche Förderungen denkbar, z.B. für die Einrichtung einer täglichen Kinderseite oder die Verbesserung des Lokalteils", meint Arnold.

    Literatur
    Klaus Arnold: Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum. Konstanz 2009 (UVK).

    Hinweis an Medienvertreter: Für Nachfragen zur Studie wenden Sie sich bitte an PD Dr. Klaus Arnold (klaus.arnold@ku-eichstaett.de; 0 84 21/93-15 56).


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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