Planungssoftware ist für Fabrikplaner ein wichtiges Hightech-Werkzeug, das zeigt, wie Maschinen, Anlagen und Materialfluss optimal zusammenwirken. Eine Fernbedingung aus der Spieleindustrie soll jedem Mitarbeiter den Zugang zu virtuellen Prozessabläufen erleichtern.
Moderne Fabriken arbeiten mit der Präzision eines gut geölten Uhrwerks - verzögerungsfrei und immer Just in Time. Dem liegt ein Funktionsschema zugrunde, das für ein nahtloses Ineinandergreifen von Maschinen, Materialfluss und Arbeitsplänen sorgt. Fabrikplaner sprechen von Anlagenkonfiguration sowie einem Grob- und Feinlayout für die vorhandene Produktionsfläche. Die Frage, die sich dabei immer wieder stellt, ist die optimale Anordnung der Produktionsmittel. Eine Fehlplatzierung von Maschinen treibt die Produktionskosten nach oben und reist Löcher in den zeitlichen Ablauf des gesamten Fertigungsgeschehens. Deshalb greifen Planer zu rechnergestützten Werkzeugen, mit denen sich Fabrikstrukturen modellieren und Prozessabläufe realitätsgetreu visualisieren lassen, noch bevor die Anlagen in der Halle ihren Betrieb aufnehmen.
Am Fraunhofer IPA gibt es den so genannten i-plant. Dabei handelt es sich um einen Planungstisch an dem Arbeitsteams mit Hilfe von digitalisierten Maschinen- und Geräteobjekten ein komplettes Layoutmodell einer Fabrikhalle erstellen und als dreidimensionale Computerprojektion auf einem Bildschirm betrachten können. Allerdings müssen Anwender viel Erfahrung und Wissen im Umgang mit der umfangreichen Planungssoftware mitbringen, um rasch zu praxisgerechten Ergebnissen zu kommen. "In der Regel schaffen das nur Spezialisten", sagt der Wissenschaftler Mark Dürr, "deshalb geht es uns um eine einfachere und intuitive Schnittstelle zwischen Mensch und Computer, die Wissen und aktuelle Informationen aus der Fertigung direkt in die Planung mit einbezieht."
Ein leichterer Umgang mit Hightech-Werkzeugen im Planungsbereich ist für viele, auch kleinere Industrieunternehmen von großem Vorteil. Kürzere Entwicklungs- und Planungszeiten sowie eine engere Verzahnung der geplanten Abläufe mit den tatsächlichen Fertigungsphasen steigern die innerbetriebliche Produktivität und Wettbewerbskraft. Im Planungsalltag indes wächst die Gefahr von unübersichtlichen Layoutplänen mit der zunehmenden Funktionsvielfalt der Planungssoftware, vor allem bei den erweiterten 3-D-Modellen. Da jeder Fabrikplaner auch die vorhandene Raumhöhe nutzt, um beispielsweise Materialien zu bewegen oder Versorgungsleitungen zu verlegen, entstehen mitunter komplexe 3-D-Szenarien, die für Ungeübte mehr Rätsel als Lösung darstellen. Wer dann, um den Gesamtüberblick nicht zu verlieren, seine Planungen auf die zweidimensionale Zeichnungsebene beschränkt, verliert an Detaillierungstiefe und verzichtet auf zusätzliche Freiheitsgrade, die eine dreidimensionale Sicht auf das Prozessgeschehen eröffnet.
Ein weiterer Stolperstein ist mit der Planungssoftware verbunden, die die gesamte Fertigungskette virtuell abbildet. Kleinere Unternehmen verfügen meist über keine üppigen Zeitressourcen oder eigene Planungsabteilungen, um sich in die Funktionsfülle mächtiger Planungstools einzuarbeiten. Häufig fehlt auch eine gemeinsame Datenbasis, auf die die verschiedenen Mitarbeiter zugreifen können, um den Planungsprozess zu beschleunigen. Trotz des vorhandenen Optimierungspotenzials ist der Einstieg in die Digitale Fabrik durch aufwändige Eingabeprozeduren an den Planungsterminals erschwert. "Eine effiziente Fabrikplanung kommt letztlich ohne 3-D-Technik nicht aus", unterstreicht Dürr, "deshalb entwickeln wir eine kostengünstige Lösung, die auch bei einer hohen technischen Komplexität zu optimalen Ergebnissen führt."
Vorbild für das Forschungsprojekt ist die Computerspieleindustrie. Die Bediengeräte von Spielekonsolen - die so genannten Remote Controller - lassen sich intuitiv benutzen und stecken voller ausgefeilter Steuerungs- und Navigationslogik. So hat die Firma Nintendo eine Spielekonsole auf den Markt gebracht, bei der die Eingabebefehle am Computer nicht mehr per Tastatur und Maus erfolgen. Stattdessen bewegen sich die Videobegeisterten in der virtuellen Spielewelt über einen Remote Controller, der die Handbewegungen registriert. Die Fraunhofer Forscher wollen sich dieses verblüffend unscheinbare Bedienelement für die Aufgaben der Fabrikplanung zu nutze machen, denn selbst ungeübte PC-Spieler haben wenig Mühe mit Hilfe dieser handlichen Fernbedienung in komplexen Softwareprogrammen zu navigieren.
Die Fabrik ist freilich kein Treffpunkt für Spieler mit Spaßambitionen. Planer müssen vielmehr einen fehlerfreien und sicheren Produktionsablauf anhand von räumlichen Gegebenheiten, Maschinentaktzeiten und Durchsatzvorgaben auf die Beine stellen. Das Ziel der IPA-Experten richtet sich folglich auf das Zusammenführen eines einfachen und effektiven Remote Controllers mit den Modellierungselementen des IPA-Planungstischs. Die Spieleindustrie stellt lediglich eine leistungsfähige und günstige Planungshardware zur Verfügung, die sich auch kleinere Unternehmen leisten können. Durch die dreidimensional erweiterte Eingabeschnittstelle und die drahtlose Verbindung zu den umfangreichen Planungsfunktionen des i-plant öffnen sich neue Wege für die digitale Fabrikplanung. So kann mit Hilfe der Fernbedienung auch der unbedarfte Werker aus dem Shop Floor die Bildschirmmenüs des Planungssystems bedienen und gemeinsam mit allen Zuständigen eine optimale Fertigungslösung konfigurieren - Planen im Team.
Jetzt wollen die Produktionsspezialisten des Fraunhofer IPA ein Lastenheft für die zukünftige Version des i-plant-Systems auf Basis der Remote-Fernbedienung erstellen. Wichtig sind vor allem klare Spezifikationen für eine integrierte Datenbasis, die eine durchgängige Nutzung der 3-D-Daten in allen Planungsbereichen sicherstellt. Als nächster Schritt steht ein lauffähiger Prototyp auf der Agenda, der bereits die Kopplung zwischen Eingabegerät und Planungstisch enthält sowie eine Beschreibung der Schnittstelle zwischen Rechner, Datenbank und den Remote Controllern. Die Forscher wollen zudem die Freiheitsgrade für die Bewegungen auf den drei Raumachsen festlegen: "Das bedeutet, dass wir für jede Planungsfunktion die Logik der Fernbedienung hinterlegen müssen", so Dürr. (Andreas Beuthner)
Ihre Ansprechpartner für weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Dipl.-Wirt.-Ing. Matthias Pfeffer
Telefon: +49 711 970-1188 I matthias.pfeffer@ipa.fraunhofer.de
Dr.-Ing. Carmen Constantinescu, MBA
Telefon: +49 711 970-1934 I carmen.constantinescu@ipa.fraunhofer.de
http://www.ipa.fraunhofer.de/index.php?id=79
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Energie, Informationstechnik, Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
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