idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.10.2009 21:00

Monsun-Modell weist auf Möglichkeit abrupter Veränderungen hin

Patrick Eickemeier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

    Ein sich selbst verstärkender Effekt erhält derzeit Monsunwinde aufrecht, könnte die Luftzirkulation über Land und Meer jedoch auch unterbrechen. Die regelmäßigen Niederschläge des Monsuns könnten dann von einem aufs andere Jahr oder über Monate innerhalb einer Saison ausbleiben. Starke Luftverschmutzung könnte solch einen Abbruch herbeiführen, berichten Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in der Online-Ausgabe des Magazins "Proceedings of the National Academy of Sciences". Die globale Erwärmung erhöhe das Risiko abrupter Übergänge des Monsuns zwischen niederschlagsreichen und trockenen Phasen.

    "Von der namengebenden Regelmäßigkeit der Monsunniederschläge hängt die landwirtschaftliche Nahrungsmittelversorgung von rund zwei Milliarden Menschen in Asien und Afrika ab", sagt der leitende Autor Anders Levermann. Der Name "Monsun" wurde vom arabischen Wort "Mausim" für Jahreszeit abgeleitet. Bisweilen werden jedoch extrem regenarme Monate innerhalb der Monsunsaisons beobachtet, etwa in Indien im Jahr 2002, was zu wirtschaftlichen und humanitären Problemen in den betroffenen Regionen führt. Während der letzten 11.000 Jahre schwankte die Regenintensität in Monsungebieten auch über längere Perioden extrem.

    Das Team um Levermann ging nun der Frage nach, wie solche Schwankungen oder Abbrüche der Monsunzirkulationen zustande kommen können. "Unsere Analyse zeigt auf Basis von Beobachtungen, dass Monsunsysteme zwei stabile Zustände haben könnten", sagt Levermann. Zwischen beiden Zuständen seien abrupte Übergänge möglich.

    Die treibende Kraft der Monsunzirkulationen sind unterschiedliche Lufttemperaturen. Im Frühling wird die Luft über Land stärker erwärmt als über dem Meer. Die warme Luft steigt auf und zieht feuchte und kühlere Luft vom Meer nach. Die über Land einsetzenden Niederschläge haben zwei Effekte: Zum einen kühlen sie die Landoberfläche, zum anderen wird aber latente Wärme freigesetzt, wenn Wasserdampf zu Regentropfen kondensiert. Je mehr feuchte Luft zum Land transportiert wird und dort abregnet, umso mehr Wärme wird freigesetzt und umso mehr feuchte Luft vom Meer nachgesogen. Diese Selbstverstärkung, die so genannte Feuchte-Advektions-Rückkopplung, erhält die Temperaturdifferenz und die Zirkulation aufrecht. Der Mechanismus ist allerdings anfällig und könnte schon bei kleinen Störungen abrupte Veränderungen verursachen, berichten die Autoren.

    Sie haben nun ein konzeptionelles Monsunmodell entwickelt, das die Rückkopplung abbildet. Die zugrunde liegenden Gleichungen zeigen, dass die Sonneneinstrahlung einen Schwellenwert übersteigen muss, um eine Monsunzirkulation in Gang zu setzen. Wird dieser Schwellenwert nicht erreicht, etwa aufgrund starker Luftverschmutzung, setzt keine Zirkulation ein. Oberhalb des kritischen Wertes sind zwei stabile Zustände möglich: einer mit und einer ohne Zirkulation.

    Daraus ergeben sich zwei Möglichkeiten für abrupte Übergänge zwischen den stabilen Zuständen: Klimatische Veränderungen könnten das Zirkulationssystem über den Schwellenwert führen. Der Übergang würde von einer auf die andere Monsunsaison stattfinden und der neue Zustand so lange anhalten wie die Klimaänderung. Die zweite Möglichkeit für einen abrupten Übergang besteht zwischen den beiden stabilen Zuständen oberhalb des Schwellenwertes - in dem Bereich, in dem sich die Monsunsysteme heute befinden. Innerhalb einer Saison könnte eine Abschwächung der Monsunwinde und der Freisetzung latenter Wärme über Land dazu führen, dass die Temperaturdifferenz zwischen Land und Meer zu gering wird und die Zirkulation abbricht.

    Die Forscher grenzten mithilfe des Modells und anhand von Beobachtungsdaten aus den letzten 60 Jahren Schwellenwerte von Monsunsystemen in Indien, China, Bangladesch, Westafrika, Nordamerika und Australien ein. "Künftig wollen wir genauere Aussagen über die Anfälligkeit der Monsunsysteme treffen können", sagt Jacob Schewe, ein Mitautor der Studie. Die vorläufigen Abschätzungen seien noch mit großen Unsicherheiten belegt. Während fortschreitende globale Erwärmung die Niederschlagsmenge erhöhen würde, könnte zunehmende Luftverschmutzung, etwa in Indien und China, die Stabilität der dortigen Monsunsysteme einschränken. "Der Wechsel zwischen regenreichen und extrem regenarmen Monaten könnte die Anpassungsfähigkeit der Menschen in den betroffenen Regionen überfordern", sagt Schewe. Die Forscher möchten daher in weiteren Studien untersuchen, wie groß das Risiko abrupter Übergänge in den verschiedenen Monsunregionen ist.

    Der Artikel "Grundlegender Mechanismus für abrupte Monsun-Übergänge" wird in Druck in einer Sonderausgabe des Magazins "Proceedings of the National Academy of Sciences" erscheinen. Die Sonderausgabe wird redaktionell von PIK-Direktor Hans Joachim Schellnhuber betreut und behandelt acht potentielle Kippelemente im Erdsystem.

    Artikel: Levermann A, Schewe J, Petoukhov V, Held H (2009) Basic mechanism for abrupt monsoon transitions. Proc Natl Acad Sci USA, 10.1073/PNAS.0901414106.

    Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Anders Levermann
    Tel.: +49 331 288 25 60
    E-Mail: Anders.Levermann@pik-potsdam.de

    Jacob Schewe
    Tel.: +49 331 288 24 21
    E-Mail: Jacob.Schewe@pik-potsdam.de


    Weitere Informationen:

    http://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/archiv/2008/kippelemente-... Kippelemente im Klimasystem der Erde, PIK-Pressemitteilung


    Bilder

    Monsunwolken, hier über Bangladesch, versorgen große Weltregionen regelmäßig mit Niederschlägen.
    Monsunwolken, hier über Bangladesch, versorgen große Weltregionen regelmäßig mit Niederschlägen.
    Earth Sciences and Image Analysis Laboratory, NASA Johnson Space Center
    None

    Skizze des Modellkonzepts und des Rückkopplungsmechanismus [W = Wind, P = Niederschlag, R = Sonneneinstrahlung]
    Skizze des Modellkonzepts und des Rückkopplungsmechanismus [W = Wind, P = Niederschlag, R = Sonnenei ...
    PIK
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Monsunwolken, hier über Bangladesch, versorgen große Weltregionen regelmäßig mit Niederschlägen.


    Zum Download

    x

    Skizze des Modellkonzepts und des Rückkopplungsmechanismus [W = Wind, P = Niederschlag, R = Sonneneinstrahlung]


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).