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20.01.2010 13:01

Zwangssterilisation: Vergangenheit und Aufarbeitung

Dr. Stefanie Beier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz Universität Hannover

    DFG-Projekt befasst sich mit Zwangssterilisation in Tschechien, Deutschland und Norwegen

    Prof. Kathrin Braun und Dr. Svea Luise Herrmann, Institut für Politische Wissenschaft der Leibniz Universität Hannover, untersuchen in ihrem Projekt "Eugenics and Restorative Justice" vergleichend, wie sich demokratische Staaten mit eugenischen Sterilisationsprogrammen in ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. Sie untersuchen diese Fragestellung in einem ersten Schritt am Beispiel Deutschland, in einem weiteren im Vergleich mit Norwegen und Tschechien. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt. Weitere Informationen unter http://www.erj-projekt.uni-hannover.de.

    Die beiden Forscherinnen gehen davon aus, dass Sterilisationen, die unter Zwang, Druck oder ohne Aufklärung der Betroffenen erfolgten, als Menschenrechtsverletzungen zu verstehen sind. Das Projekt untersucht, inwieweit, wann und warum solche Übergriffe von den betreffenden Staaten und ihren Nachfolgestaaten als Unrecht anerkannt und gegebenenfalls Entschädigungen gezahlt werden bzw. wurden. In allen drei Ländern gab es Gesetze oder Richtlinien, die die Sterilisation ohne Einwilligung der Betroffenen oder unter Zwang erlaubten. Zwar war das nazi-deutsche Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN), nach dem zwischen 1933 und 1945 rund 360.000 Menschen sterilisiert wurden, in der Frage des Zwangs und des Ausmaßes am extremsten. Doch auch die Sterilisationspolitiken in der Tschechoslowakei und in Norwegen beinhalten grobe Menschenrechtsverletzungen. Zwischen 1972 und 1991 waren in der Tschechoslowakei vor allem Roma und Arme von einer Sterilisationsregelung betroffen. In der Assimilationspolitik der norwegischen Regierung und der norwegischen Staatskirche gegenüber der Romabevölkerung war die Sterilisation ein wesentlicher Bestandteil.

    Untersucht werden die politischen und gesellschaftlichen Konstellationen und Dynamiken, die den Prozess der Auseinandersetzung mit diesen menschenrechtsverletzenden Eingriffen fördern oder behindern. Der Fokus liegt auf den in den Ländern jeweils zur Verfügung stehenden Interpretationsrahmen für die Diskussion um Unrecht und Entschädigung. In der Bundesrepublik stand die Frage, ob es sich bei dem GzVeN um "typisches NS-Unrecht" handelt, im Vordergrund, deren Verneinung Entschädigungsforderungen der Sterilisationsopfer lange Jahre verstellt hat. In Tschechien und Norwegen bestimmte vor allem die Verletzung von Minderheitsrechten die gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung um die jeweiligen Sterilisationsprogramme. Dieser Fokus bedeutet allerdings eine Ausblendung jener Opfer, die nicht in die Kategorie der nationalen Minderheiten eingegliedert werden konnten. Während in der Bundesrepublik die Zwangssterilisation lange Jahre nicht als Unrecht interpretiert wurde, wurde in den beiden anderen Ländern die unfreiwillige, aber nicht unbedingt rassistisch motivierte Sterilisation bis heute nicht problematisiert.


    Weitere Informationen:

    http://Für weitere Informationen steht Ihnen Dr. Svea Luise Herrmann, Institut für Politische Wissenschaft, unter Telefon 0511 762 19204 oder per E-Mail unter s.herrmann@ipw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Recht
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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