Zweites Herrenhäuser Gespräch am 17. Mai mit brisantem Thema
Kehrt die Folter in unseren Alltag zurück? Diese Frage steht am Montag, 17. Mai, 19 Uhr, im Zentrum des zweiten Herrenhäuser Gesprächs. In der Schlossküche diskutieren die Publizistin Dr. Carolin Emcke, der Jurist Prof. Dr. Karsten Altenhain und der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Weitin; Stephan Lohr von NDR Kultur moderiert. Die Aufzeichnung des Gesprächs wird am Sonntag, 30. Mai, von 20.00 bis 22.00 Uhr auf NDR Kultur gesendet.
Dr. Carolin Emcke, die als Auslandsreporterin viele Krisengebiete aus eigener Anschauung kennt, macht in einem Statement ihre Haltung vorab deutlich: „Die Folter ist vielleicht nicht in ’unseren Alltag’ zurückgekehrt – weil ja nicht jeder von uns alltäglich Opfer von Gewalt und Folter geworden ist –, aber mit dem ‚Krieg gegen den Terror’ ist Folter auf einmal als vermeintliches Instrument der Gefahren-Abwehr wieder hoffähig geworden. Während die Bilder von den Misshandlungen der Gefangenen in Abu Ghureib noch für Entsetzen und Empörung sorgen, scheint bei den Bildern der Gefangenen in Guantanamo schon die Gewöhnung eingesetzt zu haben. Rechtfertigungs-Strategien für Folter sind wieder üblich geworden. Und auch die ausbleibenden Strafen für Folter, ob in Bagram, Afghanistan, oder in unzähligen geheimen Gefängnissen weltweit scheinen eine Abnutzung des Tabus der Folter leider traurig zu belegen.“
Die beiden weiteren Gesprächspartner von Stephan Lohr sind über ihre aktuelle Forschung mit dem Thema Folter verbunden. Der Konstanzer Literaturwissenschaftler Professor Dr. Thomas Weitin analysiert gemeinsam mit Rechtswissenschaftlern in Münster, wie sich Gesellschaften durch ihr Verhältnis zur Gewalt definieren; das Projekt mit dem Titel „Wahrheit und Gewalt. Der Diskurs der Folter“ wird von der VolkswagenStiftung gefördert. Professor Weitin: „Die Rückkehr der Folter hat entscheidend mit ökonomischen Kalkülen der Rechtfertigung zu tun, die in allen gesellschaftlichen Bereichen breite Akzeptanz finden und somit auch das gesellschaftliche Gewaltverhältnis bestimmen. Das Leitmedium der Gewaltgewöhnung ist heute nicht mehr die Literatur oder das Kino, sondern die Fernsehserie.“
Die Darstellung von Folter in den Medien, vor allem in Film und Fernsehen, beschäftigt auch Professor Dr. Karsten Altenhain von der Universität Düsseldorf. Der Straf- und Medienrechtler kooperiert in einem Forschungsvorhaben mit dem Titel „Die Wiederkehr der Folter? Interdisziplinäre Studie über eine extreme Form von Gewalt, ihre mediale Darstellung und Ächtung“ mit Medienwissenschaftlern und Medizinern/Psychotherapeuten. In dem ebenfalls von der Stiftung geförderten Projekt geht es unter anderem um die sogenannte Rettungs- oder Präventivfolter, die in Deutschland heiß diskutiert wurde, als die Polizei im Entführungsfall Metzler dem Täter mit Gewaltanwendung drohte. Professor Altenhain zum Thema des Herrenhäuser Gesprächs: „Folter kehrt nicht wieder, da sie nie verschwunden war. Sie wird sichtbarer. Sie bedient sich anderer Formen und hat andere Funktionen, und es wird versucht, sie im Mantel der Rettungsfolter salonfähig zu machen.“
Anmeldung erbeten unter herrenhaeusergespraeche@ndr.de
Termin und Veranstaltungsort
17. Mai 2010, 19.00 Uhr
Restaurant Schlossküche Herrenhausen, Alte Herrenhäuser Straße 3, 30419 Hannover
Sendung
30. Mai, 20.00 Uhr, NDR Kultur
Die Herrenhäuser Gespräche
Die VolkswagenStiftung und NDR Kultur präsentieren in der neuen Veranstaltungsreihe „Herrenhäuser Gespräche“ aktuelle Themen aus Wissenschaft und Kultur, die unsere Gesellschaft bewegen. Herrenhausen soll über die Grenzen der Stadt Hannover hinaus als ein Ort des intellektuellen Diskurses erfahrbar werden. Die Herrenhäuser Gespräche bilden den Auftakt verschiedener, überwiegend wissenschaftlich orientierter Reihen, die die VolkswagenStiftung langfristig im wieder zu errichtenden Schloss Herrenhausen etablieren möchte. Im Jahr 2010 wird es drei weitere Herrenhäuser Gespräche in der Schlossküche geben.
Der nächste Termin:
1. Juli 2010: „Wer sein Gehirn dopt, ist klar im Vorteil?“
Einführung: Prof. Dr. Thomas Metzinger, Leiter des Arbeitsbereiches Theoretische Philosophie, Universität Mainz
Podium: Prof. Dr. Isabella Heuser, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité, Berlin; Dr. Felix Hasler, Psychiatry, Neuropsychopharmacology and Brain Imaging, Universitätskrankenhaus Zürich; Prof. Dr. Klaus Lieb, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz, und Prof. Dr. Reinhard Merkel, Fakultät für Rechtswissenschaft, Universität Hamburg.
Kontakt VolkswagenStiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Jens Rehländer
Telefon: 0511 8381 – 380
E-Mail: presse@volkswagenstiftung.de
Veranstaltungsmanagement
Katja Ebeling
Telefon: 0511 8381 – 284
E-Mail: ebeling@volkswagenstiftung.de
Die Presseinformation und Bildmaterial stehen im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20100512
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik, Recht, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
Deutsch
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